INFUSION 2018: Heil­kunst im Digi­ta­len Wan­del: Arzt­be­ruf: Under construction 

25.10.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die Digi­ta­li­sie­rung berührt immer mehr Berei­che unse­res Lebens, auch der Arbeits­welt. Exper­ten gehen davon aus, dass beson­ders fünf Berufs­grup­pen durch „Robo­ter“ ersetzt wer­den könn­ten. Dar­un­ter auch der Arzt­be­ruf. Wer­den künf­tig Künst­li­che Intel­li­gen­zen Dia­gno­sen erstel­len und ent­schei­den, wel­che The­ra­pie für Pati­en­ten die beste ist? Ein Aspekt, der in der öffent­li­chen Dis­kus­sion der­zeit sehr kon­tro­ver­si­ell dis­ku­tiert wird.
Andrea Janousek

Im Jahr 2013 errech­ne­ten die Oxford-Wis­sen­schaft­ler Carl Bene­dikt Frey und Michael A. Osborne in der Stu­die „The future of employ­ment: how sus­cep­ti­ble are jobs to com­pu­te­ri­sa­ti­ons?“ für die USA, dass 47 % der Beschäf­tig­ten in Beru­fen tätig sind, die in einer nahen Zukunft poten­zi­ell auto­ma­ti­sier­bar wären. Es folg­ten Stu­dien die auf euro­päi­sche Län­der über­tra­gen wur­den, wie jene von Jeremy Bow­les. Er kam für Öster­reich zu dem Schluss, dass gut die Hälfte aller Arbeits­plätze von Auto­ma­ti­sie­rung betrof­fen sein könnte. For­scher gehen davon aus, dass lern­fä­hige Algo­rith­men Berufs­grup­pen ver­än­dern oder gar verdrängen. 

Fünf Berufs­grup­pen, die durch Robo­ter ersetzt wer­den könnten: 

1. Das mitt­lere Manage­ment: Jobs, bei denen spe­zi­elle Kennt­nisse der Bran­che ange­wen­det wer­den, um eine kau­sale Bezie­hung zwi­schen Zah­len in einer Matrix zu erken­nen, könn­ten zuerst ersetzt werden. 

2. Waren­ver­käu­fer: Maschi­nen kön­nen die Kos­ten jedes Ver­kaufs­pro­zes­ses dras­tisch mini­mie­ren – von der Ange­bots­an­frage, dem Kos­ten­vor­anschlag bis zur Bestel­lung und Abrechnung. 

3. Kor­re­spon­den­ten, Jour­na­lis­ten, Autoren und Mode­ra­to­ren: Maschi­nen kön­nen darin geschult wer­den, Daten zu lesen, Bil­der und Videos zu kom­bi­nie­ren und einen lesens­wer­ten Arti­kel zu ver­fas­sen. Text-zu-Spra­che-Sys­teme ent­wi­ckeln sich rasant weiter. 

4. Wirt­schafts­prü­fer und Buch­hal­ter: Maschi­nell-ler­nende Wirt­schafts­prü­fer und Buch­hal­ter könn­ten um eini­ges bes­ser und genauer sein, als ihre mensch­li­chen Kol­le­gen. Die Robo­ter­ge­stützte Rech­nungs­prü­fung steckt noch in den Kin­der­schu­hen, den­noch sind Exper­ten über deren Umgang mit Kre­di­to­ren­und Debi­to­ren­buch­hal­tung, der Bestands­kon­trolle und ande­ren Buch­hal­tungs­funk­tio­nen fasziniert. 

5. Ärzte: Robo­ter wer­den bereits jetzt schon in eini­gen US-ame­ri­ka­ni­schen Kran­ken­häu­sern ein­ge­setzt, um Rat­schläge zu den bes­ten Behand­lun­gen für eine Reihe von Krebs­er­kran­kun­gen, wie Haut­krebs zu geben. Ultra­prä­zise Robo­ter-Chir­ur­gen wer­den von der Knie­er­satz­ope­ra­tion bis zur Seh­kor­rek­tur ein­ge­setzt. Die­ser Trend setzt sich mit unglaub­li­chem Tempo fort. 

Zukunfts­me­di­zin: Der Arzt als Gesund­heits­coach und Datenmanager? 

Daten sind der Schlüs­sel für die Medi­zin der Zukunft, sagen For­scher. Sie wer­den aus Gerä­ten, Geno­men, Sen­so­ren und zahl­rei­chen Tests zu allen mög­li­chen Bio­mar­kern her­aus­ge­le­sen. Dia­gno­sen kön­nen damit erstellt und The­ra­pien vor­ge­schla­gen wer­den, weil Algo­rith­men die indi­vi­du­elle Krank­heits­ge­schichte ana­ly­sie­ren und mit der von Tau­sen­den ande­ren Pati­en­ten ver­glei­chen kann. Eine Soft­ware, die durch Gesichts­ana­lyse gene­ti­sche Erkran­kun­gen erkennt und CT-Scans von Tumo­ren ana­ly­siert, könn­ten eine Arbeits­er­leich­te­rung für Ärzte dar­stel­len. Die Letzt­ent­schei­dung trifft immer noch der Arzt. 

In Zusam­men­hang mit Tele­me­di­zin, E‑Health und Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen sind neben Aspek­ten der Daten­si­cher­heit und des Daten­schut­zes vor allem Fra­gen der Ethik und der Arzt-Pati­en­ten-Bezie­hung zu klä­ren. Denn darin sind sich Medi­zi­ner einig: die Zuwen­dung zum Men­schen, das empa­thi­sche Ein­ge­hen auf den Pati­en­ten, auf das Gespräch und den Dia­log ist selbst durch die Digi­ta­li­sie­rung nicht ersetz­bar. In einer Gesell­schaft der Rase­rei blei­ben Ärz­tin­nen und Ärzte die Empa­thi­ker und Ent­schleu­ni­ger unse­rer Zeit. 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 20 /​25.10.2018