Ärzteausbildung: Evaluierung zeigt Verbesserungsbedarf

25.03.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK


Zu wenig Zeit, zu wenig Personal und zu viel Beschäftigung mit Bürokratie: Das sind die wesentlichen Kritikpunkte von Jungärzten in Ausbildung. Die aktuelle Ausbildungsevaluierung zeigt: Es gibt Luft nach oben. Immer mehr Abteilungen bemühen sich aber, gute Bewertungen zu erhalten.
Margret Handler

Der Weg zum Arztberuf ist lang. „Wenn Turnusärzte dann die Hälfte ihrer Tageszeit damit verbringen, Zettel zu sortieren, Befunde zu übertragen oder ausstehenden Befunden nach zu telefonieren, dann ist das ein Armutszeugnis für jene, die die Ausbildung von Jungärztinnen und Jungärzten verantworten“, sagt Karlheinz Kornhäusl, Obmann der Bundessektion Turnusärzte.

Die Ergebnisse der jüngsten Ausbildungsevaluierung im Herbst 2017 kommen zum Schluss: Es gibt vor allem Verbesserungspotential, was die Entlastung von Administrations- und Dokumentationsaufgaben angeht. Gleichzeitig fehlt es an Zeit und Personal für die medizinische Ausbildung. Und das ist nicht neu. Immerhin war genau diese Tatsache – dass Jungärzte die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit administrativen Tätigkeiten verbringen – Ausschlag gebend dafür, dass die Bundeskurie Angestellte Ärzte 2011 damit begonnen hat, die allgemeinmedizinische Ausbildung der Jungärzte einer Bewertung zu unterziehen. 2015 folgte die Evaluierung von Basis- und Facharztausbildung. Die Begeisterung der Krankenanstaltenträger war anfangs enden wollend. Seither hat sich jedoch einiges getan.

Bemühen der Spitäler erkennbar

„Eine Abteilung, die bei der Evaluierung vor zwei Jahren noch unter den schlechtesten in Österreich rangierte, hat es mittlerweile sogar unter die ‚Top Ten‘ des Landes geschafft“, betont Kornhäusl. Das Beispiel macht deutlich, dass die Evaluierung ein geeignetes Tool ist, Stärken und Defizite in der Qualität der Ausbildung aufzuzeigen – und nicht zuletzt, um zu verdeutlichen, was möglich ist, wenn Veränderungsbereitschaft da ist. Tatsächlich ist ein Bemühen der Spitäler erkennbar, wenn es darum geht, gute Bewertungen erhalten zu wollen. Jedoch: Vielerorts ist das Bewusstsein dafür, für die Ausbildung der Jungmediziner verantwortlich zu sein, mangelhaft. Fast zwei Drittel der Ärzte gaben Rückmeldung, dass es in der Abteilung kein Ausbildungskonzept oder ähnliches gab, das zur Anwendung kam. Die Ärztekammer setzt verstärkt dabei an, die Krankenanstaltenträger dahingehend zu sensibilisieren, eine gute Ausbildung als eigene Verpflichtung wahrzunehmen. „Wer heute Jungärzte schlecht ausbildet, bekommt dafür in zehn, 15 Jahren die Rechnung präsentiert“, mahnt Kornhäusl.

Allgemeinmedizin: Ausbildung verbessert

Die Ergebnisse der jüngsten Evaluierung aus dem Jahr 2017 zeigen: Die Zufriedenheit mit der allgemeinmedizinischen Ausbildung wächst. Die Bewertungen dafür haben sich in allen Bundesländern verbessert. Die aktuelle Note (Bewertung im Schulnotensystem) liegt im österreichweiten Schnitt bei 2,52 (das ist eine Verbesserung um 0,14 Prozentpunkte gegenüber der Periode 2013/2014). Am zufriedensten sind die Jungärzte in Vorarlberg (2,18) und Tirol (2,25). Die signifikant schlechtesten Werte erzielten die Ausbildungsstellen in Niederösterreich (2,69) und Wien (2,82).

Aussagen darüber, wie sich alte und neue Ausbildungsverordnung auf die Zufriedenheit mit der Ausbildung auswirken, können noch nicht getätigt werden. Dafür stehen aktuell zu wenige Rückmeldungen von Ärzten im neuen System zur Verfügung. Für die Evaluierung 2017 gab es lediglich 93 Bewertungen in ganz Österreich, welche im Durchschnitt bei einem Wert von 2,31 lagen.

Fachärzte am zufriedensten

Die besten Noten vergeben Jungärzte für die fachärztliche Ausbildung. Diese wird durchschnittlich mit 2,29 bewertet. Überdurchschnittliche Werte erzielen die Ausbildungsstellen in Tirol (2,07) und Oberösterreich (2,09), während Wien mit 2,52 signifikant schlechter abschneidet. Insgesamt jedoch stagniert die Zufriedenheit der angehenden Fachärzte seit 2015 und die Bewertungen haben ihr Niveau gehalten. Große Unterschiede in den Ergebnissen zeigen sich allerdings je nach Ausbildungsfach. Während Labormedizin mit 1,77 eine Top-Note erzielt, rangiert Chirurgie mit 2,64 vergleichsweise weit abgeschlagen am letzten Platz. Davor reiht sich noch die Orthopädie mit 2,6 und die Dermatologie mit 2,56 ein. Im Spitzenfeld sind außerdem Pathologie (1,93), Radiologie (2,02), sowie HNO und Neurologie (beide 2,03) zu erwähnen. Insgesamt signifikant besser als der Österreich-Durchschnitt wird die Anästhesie bewertet, signifikant schlechter sind Orthopädie und Chirurgie zu nennen.

Basisausbildung: gute Betreuung

Die Basisausbildung wird im Österreich-Schnitt mit 2,49 bewertet. Am zufriedensten sind die Jungmediziner in Tirol (2,19), Oberösterreich (2,29) und dem Burgenland (2,35). Für gute Noten Ausschlag gebend ist laut den Studienautoren eine gute Betreuung (31 Prozent der Nennungen) gefolgt von angenehmem Arbeitsklima (29 Prozent) und der Möglichkeit, eigenständig zu arbeiten (19 Prozent). Negative Bewertungen gibt es, wenn Jungärzte viele Routinetätigkeiten verüben müssen (25 Prozent) und kaum Feedback von den Vorgesetzten sowie zu wenig Einschulung bekommen (15 Prozent).

Der Lernerfolg der ärztlichen Ausbildung wird von den Jungärzten überwiegend als positiv beurteilt. Wobei dieser Anteil etwa bei der Facharztausbildung regional stark schwankt. In Wien sind 71 Prozent der Beurteilungen überwiegend positiv, in Oberösterreich fast 90. Hier zeigt sich insgesamt aber auch, dass jeder fünfte Jungarzt (20 Prozent) den Lernerfolg negativ bewertet.

Meinung der Jungärzte gefragt

Das Ärztliche Qualitätszentrum fragt regelmäßig bei Ärzten in Ausbildung nach. Aktuell sind jene in der allgemeinmedizinischen Ausbildung aufgerufen, ihr Feedback abzugeben. Die Ergebnisse werden für Herbst 2018 erwartet. 

Diese Themen werden abgefragt:

• Ausbildungsverantwortlichkeit, Ausbildner
• Ausbildungskonzept
• Rotation
• Organisation auf der Abteilung
• Arbeitsbelastung, Arbeitszeit und Work-Life-Balance
• Tätigkeiten und Formen des Wissenserwerbs und der Wissenserweiterung
• Feedback
• Verbesserungsmaßnahmen des Rechtsträgers
• Gesamtbewertung und Lernerfolg

Politische Forderungen der ÖÄK

• Krankenanstaltenträger müssen gute Ausbildung als eigene Verpflichtung wahrnehmen
• Ressourcen sind bereit zu stellen (Zeit, Personal, finanzielle Mittel)
• Entlastung von Administrations- und Dokumentationsaufgaben
• Aktive Fortbildungsunterstützung durch Freistellung und Kostenübernahme
• Familienfreundliche Maßnahmen (Teilzeit, Kinderbetreuung) für Ausbildungsärzte

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2018