Ärz­te­aus­bil­dung: Ent­schei­dende Vor­leis­tung für die Gesundheitsversorgung

10.11.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK


Im Auf­trag der Bun­des­ku­rie der Ange­stell­ten Ärzte der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer (ÖÄK) fin­det durch das Ärzt­li­che Qua­li­täts­zen­trum (Ärz­te­kam­mer für Ober­ös­ter­reich) eine kon­ti­nu­ier­li­che Eva­lu­ie­rung der Ärz­te­aus­bil­dung in den öster­rei­chi­schen Kran­ken­häu­sern statt. Die aktu­elle Aus­wer­tung zeigt Fort­schritte, aber auch anhal­tende Defi­zite.
Wolf­gang Wagner

„Die Aus­bil­dung der ange­hen­den Ärzte in den öster­rei­chi­schen Spi­tä­lern ist eine not­wen­dige Vor­leis­tung des Gesund­heits­sys­tems, um die ärzt­li­che Ver­sor­gung in Öster­reich in Zukunft sicher­zu­stel­len“, sagte Dr. Harald Mayer, ÖÄK-Vize­prä­si­dent und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte anläss­lich der Prä­sen­ta­tion des neuen Berichts. 

Die Gründe dafür seien klar: In den nächs­ten sie­ben bis zehn Jah­ren gehen 40 Pro­zent der Ärzte in Pen­sion. Ein Aus­bil­dungs­zy­klus dau­ert um die sechs Jahre. Die Drop-Out-Rate auf dem Weg vom abge­schlos­se­nen Medi­zin-Stu­dium bis zur ärzt­li­chen Tätig­keit in Öster­reich sei in den ver­gan­ge­nen Jah­ren gestiegen. 

„Wir ver­lie­ren 38 Pro­zent der Medi­zin­ab­sol­ven­ten ins Aus­land, und es wer­den immer mehr“, sagte der ÖÄK-Vize­prä­si­dent auch im Rah­men einer Pres­se­kon­fe­renz. Gehe man von 450.000 Euro Kos­ten für die öffent­li­che Hand für einen Medi­zin­stu­den­ten bis zur Pro­mo­tion aus, bedeute das bei rund 540 Absol­ven­ten, die pro Jahr ins Aus­land ver­schwän­den, etwa 240 Mil­lio­nen Euro „Ver­lust“.

Warum es von enor­mer Wich­tig­keit für das öster­reich­sche Gesund­heits­we­sen sei, eine mög­lichst gute Ärz­te­aus­bil­dung zu gewähr­leis­ten – so Mayer: „Wer als jun­ger Mensch mit abge­schlos­se­nem Medi­zin­stu­dium zur Aus­bil­dung bei­spiels­weise nach Deutsch­land oder in die Schweiz geht, der kommt nicht mehr zurück.“ Hät­ten Medi­zin-Pro­mo­ven­ten bis 2016 in Öster­reichs Kran­ken­häu­sern noch genü­gend Stel­len für den bal­di­gen Antritt einer Fach­arzt­aus­bil­dung gefun­den, kön­nen die War­te­zei­ten der­zeit bereits mehr als ein Jahr betra­gen. Das för­dere die Abwanderung. 

Ver­pflich­tung der Krankenhausträger 

Ähn­lich äußerte sich auch Dr. Karl­heinz Korn­häusl, Obmann der Bun­des­sek­tion Tur­nus­ärzte der ÖÄK und stell­ver­tre­ten­der Obmann der Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte: „Die Drop-Out- Raten sind auf einem hohen Niveau. Wir müs­sen das rasch been­den. Bei rund 1.200 Medi­en­stu­dium-Absol­ven­ten pro Jahr hät­ten wir an sich genug Nach­wuchs. Aber wir müs­sen ihn im Land hal­ten. Wir ver­lie­ren post­pro­mo­tio­nell zuviele zukünf­tige Ärz­tin­nen und Ärzte. In Deutsch­land und in der Schweiz reibt man sich die Hände, wenn die Absol­ven­ten des Medi­zin­stu­di­ums in Öster­reich zur Spi­tals­aus­bil­dung dort­hin gehen.“ 

Auch Korn­häusl betonte die gesamt­ge­sell­schaft­li­che Ver­ant­wor­tung, wel­che die öster­rei­chi­schen Spi­tals­er­hal­ter auf die­sem Gebiet tra­gen: „Die Kran­ken­haus­trä­ger müs­sen eine gute Aus­bil­dung als eigene Ver­pflich­tung wahr­neh­men. Dazu ist es not­wen­dig, finan­zi­elle, zeit­li­che und per­so­nelle Res­so­cur­cen bereitzustellen.“ 

Detail­lierte Analyse 

Womit mit man bei den Zah­len der Gesamt­eva­lu­ie­rung und beim zeit­li­chen Ver­lauf der Bewer­tun­gen ange­langt ist. Ins­ge­samt konn­ten bis­her für die Aus­bil­dungs­eva­lu­ie­rung exakt 1.180 Bewer­tun­gen für die neun­mo­na­tige Basis­aus­bil­dung (für den Zeit­raum Juli 2016 bis August 2018), 2.620 Bewer­tun­gen für die nach­fol­gende All­ge­mein­ärzt­li­che Aus­bil­dung (Jän­ner 2016 bis August 2018) und 1.977 Bewer­tun­gen für die Fach­arzt­aus­bil­dung (Juni bis August 2018) aus­ge­wer­tet werden. 

Für die Basis­aus­bil­dung vor wei­te­rer Absol­vie­rung der Aus­bil­dung zum All­ge­mein­me­di­zi­ner oder zum Fach­arzt erga­ben sich (nach „Schul­no­ten“ und in Form einer Gesamt­be­wer­tung nach Abschluss) fol­gende Resul­tate (2016 bis aktuell): 

• Öster­reich-Durch­schnitt (2016 bis aktu­ell): 2,42
• Bur­gen­land: 2,59
• Kärn­ten: 2,47
• Nie­der­ös­ter­reich: 2,54
• Ober­ös­ter­reich (signi­fi­kant bes­ser als der Durch­schnitt): 2,21
• Salz­burg: 2,37
• Stei­er­mark: 2,43
• Tirol: 2,12 (signi­fi­kant bes­ser)
• Vor­arl­berg: 2,46
• Wien: 2,61 (signi­fi­kant schlechter) 

Für den Öster­reich-Durch­schnitt zeigt sich im zeit­li­chen Ver­lauf fol­gen­des Bild: 2016 wurde die Aus­bil­dung mit 2,54 bewer­tet, 2017 mit 2,40 und 2018 mit 2,32. Gegen­über der Aus­wer­tung 2017 war das eine Ver­bes­se­rung um 0,07 Punkte. Im Ver­gleich von 2016 zu 2018 zeigte sich ein signi­fi­kant posi­ti­ver Trend. 

Die Spi­tals­aus­bil­dung zum All­ge­mein­me­di­zi­ner wurde von den zukünf­ti­gen Haus­ärz­ten (Daten von Jän­ner 2016 bis August 2018) in zeit­nah erho­be­nen Berich­ten zu den ein­zel­nen absol­vier­ten Abschnit­ten auf Fach­ab­tei­lun­gen so bewer­tet (inklu­sive Ver­gleich zum Beob­ach­tungs­zeit­raum 2014 bis 2015): 

• Öster­reich-Durch­schnitt: 2,44/plus 0,19 (Jän­ner 2016 bis August 2018/​Vergleich zu 2014 bis 2015)
• Bur­gen­land: 2,54/plus 0,24
• Kärn­ten: 2,52/plus 0,07
• Nie­der­ös­ter­reich: 2,60 (signi­fi­kant schlech­ter über Gesamtperiode)/ plus 0,22
• Ober­ös­ter­reich: 2,24 (signi­fi­kant besser)/plus 0,19
• Salz­burg: 2,13 (signi­fi­kant besser)/plus 0,35
• Stei­er­mark: 2,54/plus 0,15
• Tirol: 2,12 (signi­fi­kant besser)/plus 0,28
• Vor­arl­berg: 2,13 (signi­fi­kant besser)/plus 0,30
• Wien: 2,62 (signi­fi­kant schlechter)/plus 0,20

Im Ver­gleich zur Peri­ode 2014 bis 2015 ergab sich im Öster­reich- Durch­schnitt eine Ver­bes­se­rung um 0,19 Punkte, was sta­tis­tisch hoch signi­fi­kant war. Die deut­lichs­ten Stei­ge­run­gen (>0,28 Punkte) und auch die größte Zufrie­den­heit zeig­ten die Tur­nus­ärzte in Salz­burg, Tirol und Vor­arl­berg (Werte um 2,1). Die Ver­bes­se­run­gen für den Öster­reich-Durch­schnitt sowie für die Bun­des­län­der Ober­ös­ter­reich, Salz­burg, Tirol und Wien waren hoch­si­gni­fi­kant, für Nie­der­ös­ter­reich, die Stei­er­mark und Vor­arl­berg signifikant. 

Die Bewer­tung der fach­ärzt­li­chen Aus­bil­dung lag mit einem Wert von 2,30 im Jahr 2018 de facto gleich­auf mit jenem von 2017 (2,29). Auch für die Bun­des­län­der waren die Ver­än­de­run­gen zu 2017 sehr gering und nicht signifikant. 

• Öster­reich-Durch­schnitt: 2,30
• Bur­gen­land: 2,43
• Kärn­ten und Nie­der­ös­ter­reich: 2,37
• Ober­ös­ter­reich: 2,18 (signi­fi­kant bes­ser als Öster­reich-Durch­schnitt)
• Salz­burg: 2,10 (signi­fi­kant bes­ser)
• Stei­er­mark: 2,29
• Tirol: 2,15
• Vor­arl­berg: 2,25
• Wien: 2,44 (signi­fi­kant schlechter) 

Für den lang­jäh­ri­gen Tur­nus­ärz­te­ver­tre­ter Dr. Korn­häusl erge­ben sich bei wei­tem nicht nur zah­len­mä­ßig wich­tige Erkennt­nisse: „Sowohl die Absol­ven­ten der Basis­aus­bil­dung als auch die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, wel­che die Aus­bil­dung zum All­ge­mein­me­di­zi­ner absol­vie­ren, haben gemeint, man habe zuwe­nig Zeit für sie. Gleich­zei­tig wurde aber ganz klar erkannt: Die Abtei­lungs­vor­stände und die Ober­ärzte wür­den sich gerne mehr enga­gie­ren. Aber sowohl in der Ambu­lanz als auch im sta­tio­nä­ren Bereich gibt es eine enorm stei­gende ‚Workload‘.“

Orga­ni­sa­tion, Struk­tu­ren und Res­sour­cen wei­sen Defi­zite auf. „Vie­len Jung­me­di­zi­ne­rin­nen und –medi­zi­nern fehlt es an der ver­bind­li­chen Umset­zung eines struk­tu­rier­ten Aus­bil­dungs­kon­zep­tes, das sie bereits zu Beginn der Aus­bil­dung als Ori­en­tie­rungs­hilfe vor­ge­legt bekom­men“, meinte Bun­des­ku­ri­en­ob­mann Mayer. 

Schon klar: Wer im Spi­tal­s­all­tag natür­lich gar nicht auf der Stre­cke blei­ben darf, das ist der Pati­ent. „Aber wenn wir heute die Aus­bil­dung die Ärz­te­aus­bil­dung ver­nach­läs­si­gen, lei­det der Pati­ent von Mor­gen“, meinte Kornhäusl. 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 21 /​10.11.2018