Steuer: Aktuelle Judikatur

25.01.2017 | Service

1. Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit: Kein Verlustausgleich
(VfGH 22.9.2016, E1701/2016)

Ein Unselbstständiger musste einen Teil seiner Pensionsabfindung – wegen eines Berechnungsfehlers – zurückzahlen. Diese Rückzahlung wurde zwar als Werbungskosten berücksichtigt; da die positiven Einkünfte geringer waren, blieb der darüber liegende Betrag lohnsteuerlich ohne Auswirkung. Der vom Betroffenen geltend gemachte Verlustabzug gemäß § 18 Abs 6 und 7 EstG, der an sich nur Selbstständigen eingeräumt ist, wurde vom Finanzamt und in Folge vom Bundesfinanzgericht nicht anerkannt. Der VfGH hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt. Eine Verpflichtung, bei allen Einkunftsarten eine dem Verlustvortrag vergleichbare Verlustberücksichtigung vorzusehen, besteht nicht.

2. Abgrenzung zwischen selbstständiger und nicht selbstständiger Tätigkeit
(VwGH vom 26.11.2015, 2013/15/0176)

Die Legaldefinition des § 47 Abs 2 EStG enthält für die Frage der Abgrenzung der selbstständigen von der nicht selbstständigen Tätigkeit als Kriterien die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die im Zusammenhang mit der Weisungsgebundenheit formulierte Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Ergibt sich daraus noch keine klare Abgrenzung, dann ist auf weitere Kriterien abzustellen, bei denen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos und die Befugnis sich vertreten zu lassen eine gewichtige Rolle spielt. Schon wegen der schwimmenden Grenzen kommt der sorgfältigen Sachverhaltsdarstellung des Finanzamtes eine besondere Bedeutung zu. Es ist zu untersuchen, ob im Gesamtbild die Merkmale der Selbstständigkeit oder jene der Unselbstständigkeit überwiegen. Dazu gehört, dass sich die Behörde ein genaues Bild über die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der beschäftigten Person, über die Pflichten, die Risiken und eine allfällige Weisungsgebundenheit verschafft. Im Anlassfall hat die Entscheidung aber diesen Kriterien nicht genügt. Der Bescheid lässt jede Aussage über Inhalt und Gestaltung der Tätigkeit, Feststellungen zur Eingliederung und Weisungsgebundenheit vermissen und hat somit die geforderten Kriterien nicht erfüllt. Die Abgabenbehörden haben also in solchen Fällen von Amtswegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln.

3. Einkommensteuerliche Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten
(VwGH 21.4.2016, 2013/15/0182)

Im konkreten Fall wurde der Betreffende wegen betrügerischer Krida, des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubiger-Interessen und wegen Betruges im Zusammenhang mit seiner Geschäftsführertätigkeit rechtskräftig verurteilt. Die Rechtsanwaltskosten sind demnach durch ein gerichtliches Strafverfahren veranlasst worden. Der VwGH weist wie schon wiederholt vorher darauf hin, dass die Kosten eines Strafverfahrens, insbesondere Strafverteidigungskosten und Geldstrafen, grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung sind und daher nicht abzugsfähig sind. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die auslösende Ursache in einem schuldhaften Verhalten des Betriebsinhabers und nicht in der Führung des Betriebes liegt. Dass der strafrechtliche Vorwurf im konkreten Fall ausschließlich und unmittelbar aus einer beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer erklärt war und damit betrieblich veranlasst gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Mit dieser Nebenbemerkung schließt der Verwaltungsgerichtshof interessanterweise (im Gegensatz zur bisherigen Haltung) nicht aus, dass eine eindeutige betriebliche Veranlassung dieser Strafverteidigungskosten doch zur Abzugsfähigkeit führen könnte.

4. Essen auf Rädern – keine außergewöhnliche Belastung
(VwGH 15.9.2016, RO2015/15/0009)

Aufgrund einer dringenden Empfehlung von Ärzten und Sozialbetreuern hat eine Pensionistin Essen auf Rädern bezogen, da sie ansonsten in ein Heim hätte ziehen oder eine 24-Stunden- Hilfe in Anspruch nehmen hätte müssen. Kosten für die eigene Verpflegung sind typische Kosten der Lebensführung; außergewöhnliche Belastung ist grundsätzlich nur der durch die Behinderung bedingte Mehraufwand. Ein solcher liegt aber im konkreten Fall nicht vor.

5. Rückzahlung von Wohlfahrtsfonds-Pflichtbeiträgen durch die Ärztekammer sind steuerpflichtig (BFG vom 20.4.2016, GZ RV/7103689/2015)
Ein angestellter Arzt hat 20 Jahre lang Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der betreffenden Ärztekammer geleistet. Diese wurden als Pflichtbeiträge laufend bei der Lohnversteuerung berücksichtigt, also vom lohnsteuerpflichtigen Arzt-Bezug abgezogen. Der betreffende Arzt wurde dann aufgrund eines Antrages von der Beitragspflicht vom Wohlfahrtsfonds befreit und es erfolgte eine Rückzahlung des entsprechenden Teils der Wohlfahrtsfondsbeiträge an den Arzt. Das Bundesfinanzgericht stellt fest, dass erstattete Pflichtbeiträge als rückgängig gemachte Werbungskosten steuerpflichtige Einkünfte darstellen. Im Konkreten handelt es sich deshalb um Pflichtbeiträge, die zurückgezahlt wurden, weil der betreffende Arzt im Nachhinein von den Beitragsleistungen zum Wohlfahrtsfonds befreit wurde. Der betreffende Arzt hat beantragt, die rückgezahlten Beiträge jenen Jahren zuzuordnen, in welchen diese zu Unrechteinbehalten wurden. Damit wäre natürlich eine entsprechende Progressionsmilderung der Nachversteuerung eingetreten. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, dass Einnahmen als in jenem Kalenderjahr bezogen gelten, in dem sie zugeflossen sind. Das heißt im konkreten hat der Arzt die Rückzahlung der Ärztekammer im Jahr 2013 erhalten. Der Betrag ist daher in diesem Jahr zugeflossen, somit ist er in diesem Jahr auch zu erfassen.

6. Sponsor-Zahlungen eines Arztes an einen Verein – keine Betriebsausgaben (BFG vom 27.4.2016, GZ RV/7102953/2011)

Mit der Feststellung, dass der betreffende Beitrag eine Sponsor-Zahlung sei und damit Werbewirksamkeit verbunden war, wurde dieser Betrag als Betriebsausgabe geltend gemacht. Das Bundesfinanzgericht stellt zunächst fest, dass die Zuwendungen an einen Verein mit gemeinnützigen Zielen grundsätzlich sowohl betriebliche Erwägungen als auch private Motive wie die Förderung von Waisenkindern umfassen können. Eine Werbewirkung ist Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit, wobei damit Leistungs- oder Produkt-Informationen zu verstehen sind. Das kann von einer Spende, die keinen Zusammenhang zur ärztlichen Tätigkeit aufweist, sondern lediglich bei einer Benefiz-Veranstaltung gemacht wurde, nicht festgestellt werden. Sponsorzahlungen sind dann Betriebsausgaben, wenn sie nahezu ausschließlich auf wirtschaftlicher (betrieblicher) Grundlage beruhen und als angemessene Gegenleistung für die vom Gesponserten übernommene Verpflichtung zur Werbeleistung angesehen werden können. Grundsätzlich muss ihnen eine öffentliche Werbewirkung zukommen, was bei einer bloßen Eintragung auf einer Tafel im Rahmen eines Benefiz-Konzertes des Vereins nicht der Fall ist.

7. Kosten einer alternativ medizinischen Krebsbehandlung – außergewöhnliche Belastung (BFG 6.5.2016, RV/1100 62 6/2014)

Der Betreffende war an Prostatakrebs mit Metastasen erkrankt. Er hat zur Behandlung einen Heilpraktiker in Deutschland aufgesucht. Die Behandlung bestand im Wesentlichen in einer das Immunsystem stärkenden Therapie.

Aufwendungen, die von einer Krankheit verursacht werden, sind grundsätzlich außergewöhnlich und erwachsen auch zwangsläufig, wobei unter Krankheit eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen ist, die eine Heilbehandlung erfordert. Liegt eine Krankheit vor, so sind jene Kosten abzugsfähig, die der Heilung, Besserung oder dem Erträglich machen dienen. Nicht absetzbar sind grundsätzlich Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten und die Erhaltung der Gesundheit, für Verhütungsmittel, für eine künstliche Befruchtung, für eine Frischzellenbehandlung, Kur oder eine Schönheitsoperation. Abzugsfähig sind vor allem Arzt- und Krankenhaus-Honorare, Aufwendungen für Medikamente einschließlich medizinisch verordneter homöopathischer Präparate und Aufwendungen für Heilbehelfe. Aufwendungen für Behandlungsleistungen durch nicht-ärztliches Personal werden nur dann anerkannt, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden. Im Fall einer Behandlung durch Personen, die nach den nationalen Rechtsvorschriften nicht zu einer Heilbehandlung befugt sind, kann trotzdem eine außergewöhnliche Belastung zuerkannt werden, wenn durch ein ärztliches Gutachten nachgewiesen wird, dass die Behandlung aus medizinischen Gründen zur Heilung oder Linderung der Krankheit erforderlich ist; somit auch bei Behandlung durch einen im Ausland anerkannten Heilpraktiker. Das gilt auch für Maßnahmen der Alternativmedizin, wenn deren medizinische Notwendigkeit nachgewiesen wird. Eine Einschränkung des Nachweises auf eine ärztliche Verordnung der Behandlung im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplans oder die teilweise Übernahme der Kosten durch die Sozialversicherung erscheint in dieser pauschalen Form zu eng. Entscheidend kann vielmehr nur sein, ob eine Behandlung medizinisch initiiert ist und die damit verbundenen Kosten sich von der privaten Lebensführung abgrenzen. Im konkreten Fall wurde die medizinische Indikation durch einen Arzt zwar erst im Nachhinein vorgelegt; das ändert aber nichts daran, dass eine Befürwortung aus medizinischer Sicht erfolgt ist. Die medizinische Indikation ist erwiesen, die dafür aufgewendeten Kosten sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen; dies allerdings nur in jenem Maße, in dem der vorgesehene Selbstbehalt überschritten wird.

8. Trinkgelder eines Unternehmers sind Betriebseinnahmen
(BFG 31.5.2016, RV/1100 433/2012)

Nur die Trinkgelder von Arbeitnehmern sind lohnsteuerbefreit.

9. Absetzung für Abnutzung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (BFG 16. Juni 2016, GZ RV/3100087/2015)

Die Absetzung für Abnutzung (AfA) im Privatbereich, also für vermietete oder verpachtete Gebäude, beträgt aufgrund des § 16 Abs 1 Z 8 lit. e Einkommensteuergesetz 1,5 Prozent der Bemessungsgrundlage. Im Gegensatz dazu waren zum Zeitpunkt des Sachverhaltes bei Betriebsgebäuden differenzierte Abschreibungssätze zwischen zwei und drei Prozent vorgesehen (diese wurden im Zuge der Steuerreform mit 2,5 Prozent vereinheitlicht). In der Beschwerde wird ausgeführt, dass eine Angleichung der Abschreibungssätze im betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich sachlich geboten sei, da das Ziel der Einführung der neuen Ertragsbesteuerung von Immobilien (1. Stabilitätsgesetz 2012) die grundsätzliche Gleichbehandlung von betrieblichen und privaten Grundstücks-Veräußerungen gewesen sei. Das Finanzgericht hat dies abgewiesen u.a. auch mit der Begründung, dass der Nachweis einer kürzeren als der vom Gesetz vermuteten Nutzungsdauer ohnedies zulässig ist; dies wurde auch verfassungsrechtlich als unbedenklich erklärt. Sowohl die betrieblichen Bestimmungen (§ 8 Abs 1 EStG) als auch die Bestimmungen über die Vermietung und Verpachtung (§ 16 Abs 1 Z 8 EStG) enthalten weiterhin widerlegbare Vermutungen der Nutzungsdauer von Gebäuden. Ist die tatsächliche Nutzungsdauer nachweislich kürzer, kann die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer auch im Bereich der privaten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugrunde gelegt werden. Eine Anhebung des AfA-Satzes auf das Ausmaß des betrieblichen Bereiches ist daher nicht verfassungsrechtlich geboten.

10. Zivilprozesskosten – keine außergewöhnliche Belastung
(BFG vom 30.6.2016, GZ RV 7100847/2011)

Das Bundesfinanzgericht stellt fest, dass im Allgemeinen davon ausgegangen werden kann, dass Prozesskosten in einem Zivilrechtsstreit nicht zwangsläufig erwachsen, wenn sie lediglich die Folge der Klagsführung durch den Steuerpflichtigen oder sonst Folge eines vom Steuerpflichtigen gesetzten Verhaltens sind: zum Beispiel wenn dieser geklagt wird und im Prozess unterliegt. Im Konkreten war auch nicht erkennbar, dass sich der Betreffende der Klagsführung beziehungsweise Vorgehen gegen den Partner (einer Baufirma) nicht hat entziehen können. Die betreffenden Verfahrenskosten beruhen auf freiwilligen Entscheidungen beziehungsweise auf einer freiwilligen Klagsführung. Der Betreffende hat das Kostenrisiko aus der Prozessführung, aus dem Beauftragen von Gutachten, aus Gerichtskosten/Gebühren usw. selbst zu tragen und kann sie nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend machen. Das Bundesfinanzgericht weist der Vollständigkeit halber darauf hin, dass Selbstkosten, die im Zusammenhang mit einem Strafprozess anfallen wie Verteidigungskosten, Prozesskosten, Kosten für Gutachten und Gerichtsgebühren usw. nur dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, wenn sie einem letztlich freigesprochenen Angeklagten erwachsen.

11. Die im Nachlass nicht gedeckten Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung (BFG vom 30.9.2016, GZ RV/7100570/2016)
Die belegmäßig teilweise nachgewiesenen Kosten eines Begräbnisses wurden aus den Nachlass-Aktiven teilweise gedeckt. Den Rest hatte der Betreffende selbst zu tragen. Zur Frage, ob damit eine außergewöhnliche Belastung gegeben ist, hat das Bundesfinanzgericht zunächst festgestellt, dass die Kosten für ein angemessenes Begräbnis grundsätzlich zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören. Es geht hier um bevorrechtete Nachlass-Verbindlichkeiten, die von der Verlassenschaft zu tragen sind. Finden die Begräbniskosten im Wert des aus der Verlassenschaft übernommenen Vermögens keine Deckung und liegt somit eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des betreffenden Zahlers vor, so stellen diese eine außergewöhnliche Belastung dar. Die Kosten sind um das übernommene Nachlassvermögen inklusive Versicherungsleistungen zu kürzen. Begräbniskosten können immer nur in mehr oder weniger bescheidenem Ausmaß als außergewöhnliche Belastung herangezogen werden.

In der Lohnsteuerrichtlinie 2002 Rz 890 wurde ein Höchstbetrag für die Begräbniskosten und die Errichtung einer Grabstätte angeführt, der sich im Jahr 2012 auf je 4.000 Euro belief. Teil der Begräbniskosten sind auch die Aufwendungen für Blumen und Kränze sowie Beileid-Danksagungen. Kosten für Trauerkleidung und Grabpflege sind hingegen nicht absetzbar. Im Gegensatz zu den LStR 2002 stellt das Bundesfinanzgericht auf die Beerdigungskosten- Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde ab, die einen Gesamtbetrag für gewöhnliche Beerdigungskosten in der Höhe von 8.000 Euro festlegt. Diese ist vorzuziehen, da es um die insgesamt einfache, würdige Gestaltung des Begräbnisses geht und die Aufteilung auf einzelne Komponenten sachlich nicht geboten erscheint.

Zusammengestellt von HR Dr. Herbert Emberger, Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2017