CIRS­me­di­cal: Infek­tion wegen man­geln­der Kommunikation?

10.10.2017 | Service


In einer HNO-Ambu­lanz eines Kran­ken­hau­ses war­tet ein Pati­ent mit einem MRSA im Rou­ti­ne­be­trieb an einem Wochen­tag rund eine Stunde – bei vol­ler Ambu­lanz. Weder sind die Eti­ket­ten mar­kiert, noch gibt es dies­be­züg­lich eine Erwäh­nung im Facharzt-Konsil.

Ein über 90-jäh­ri­ger Pati­ent steht im Ein­gangs­be­reich der Ambu­lanz mit vier wei­te­ren Pati­en­ten und trägt einen Mund­schutz. Der Pati­ent wurde vom Trä­ger dort am Vor­mit­tag bei vol­ler Ambu­lanz abge­stellt. Angeb­lich hat die Sekre­tä­rin den­Arzt infor­miert, dass Pati­ent MRSA posi­tiv sei; der Arzt gibt an, es nicht zu wis­sen. Nach einer Stunde War­te­zeit in der Ambu­lanz wird der Pati­ent in einer Kabine ver­sorgt. Die Eti­ket­ten haben auch keine Mar­kie­rung bezüg­lich MRSA; ebenso steht auch am Kon­sil nichts von einer MRSA-Infek­tion. Letzt­end­lich wurde es aus dem Dekurs her­aus­ge­le­sen – zu spät. Es kommt zur Hygiene-Nach­sorge bei lau­fen­dem Betrieb mit redu­zier­tem Per­so­nal­stand auf­grund eines Kran­ken­stan­des; das heißt: zusätz­li­che War­te­zei­ten für die rest­li­chen Patienten.

Als Gründe für die­ses Ereig­nis nennt die mel­dende Pfle­ge­per­son – sie hat mehr als fünf Jahre Berufs­er­fah­rung – die feh­lende Eti­ket­ten­mar­kie­rung sowie die feh­lende Erwäh­nung im Fach­arzt-Kon­sil. Im Bericht heißt es wört­lich: „Wenn die per­sön­li­che Kom­mu­ni­ka­tion schon schei­tert, wäre die schrift­li­che Kom­mu­ni­ka­tion sehr wichig, um Vor­be­rei­tun­gen tref­fen zu können.“

Feed­back des CIRS-Team­s/­Fach­kom­men­tar

Lösungs­vor­schlag bzw. Fall­ana­lyse:
Münd­lich und schrift­lich avi­sie­ren und vor­be­rei­ten (zum Bei­spiel Pati­ent gegen Ende der Ambu­lanz­zeit mit kür­zest mög­li­cher War­te­zeit abwi­ckeln).
Gefah­ren-/Wie­der­ho­lungs­po­ten­tial: Gefah­ren­po­ten­tial bei einer Stunde War­te­zeit in einer Ambu­lanz bei einem Pati­en­ten mit Maske, der sonst auch com­pli­ant agiert, ins­ge­samt gering für eine Über­tra­gung von MRSA. Trotz­dem sollte das Vor­ge­hen opti­miert werden. 

Exper­tIn der Medi­lab-/Lehr­la­bo­ra­to­rium der PMU
(medi­zi­nisch-fach­li­cher Aspekt)

Lösungs­vor­schlag bzw. Fall­ana­lyse: Besiedelungen/​Infektionen durch Methi­cil­lin-resis­tente Sta­phy­lo­coc­cus aureus (MRSA)-Keime gehö­ren zu den häu­figs­ten mul­ti­re­sis­ten­ten Erre­gern von noso­ko­mia­len Infek­tio­nen und ver­ur­sa­chen hohe Kos­ten im Gesund­heits­sys­tem. Der Keim selbst ist ein Bak­te­rium, wel­ches bei circa 30 Pro­zent der Bevöl­ke­rung im Bereich von Nase und Haut vor­kommt. Bei Gesun­den führt dies meist zu kei­ner­lei Sym­pto­men, gefähr­lich kann MRSA jedoch für immun­ge­schwächte Per­so­nen wer­den; befal­len wer­den vor allem Wun­den und/​oder die Lunge. Das renom­mierte Robert-Koch-Insti­tut (www.rki.de) in Ber­lin emp­fiehlt als wesent­li­che Maß­nahme für jedes Kran­ken­haus ein Risi­ko­fak­tor-basier­tes Scree­ning, die Iso­lie­rung betrof­fe­ner Pati­en­ten sowie die Wei­ter­gabe des MRSA-Trä­ger­sta­tus an nach­fol­gende Insti­tu­tio­nen (inter­es­sante Links dazu unter „Risi­ko­fak­to­ren für eine MRSA-Kolo­ni­sa­tion nach RKI”). 

In gegen­ständ­li­chem Fall erscheint es auf­grund der Schil­de­rung des­sel­ben als drin­gend erfor­der­lich, durch die Ver­ant­wort­li­chen der Abtei­lung und unter Ein­bin­dung des Hygie­ne­teams ein kla­res Kon­zept zu erstel­len, wel­ches­ei­ner­seits größt­mög­li­che Sicher­heit für Pati­en­ten und Per­so­nal bie­tet, ande­rer­seits aber auch weit­ge­hend unab­hän­gig von per­so­nel­len Pro­ble­men funk­tio­niert.

Exper­tIn der Wie­ner Ret­tung
(medi­zi­nisch-fach­li­cher Aspekt)

Tipp: www.cirsmedical.at

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 19 /​10.10.2017