CIRS­me­di­cal: Feh­lende Infor­ma­tion in Fieberkurve

10.02.2017 | Service

Obwohl bei einem Klein­kind im Rah­men eines Spi­tals­auf­ent­halts ein hoch­gra­di­ger Ver­dacht auf mali­gne Hyper­ther­mie gestellt wurde, fand er sich weder im Ent­las­sungs­brief noch erfolgte bei der neu­er­li­chen Auf­nahme eine prä­zise Ana­mnese dies­be­züg­lich. Ein Arzt mit mehr als fünf Jah­ren Berufs­er­fah­rung berichtet.

Ein unter ein­jäh­ri­ges Kind wird im Rou­ti­ne­be­trieb einer Abtei­lung für Anästhesiologie/​Intensivmedizin für das Anle­gen eines zen­tral­ve­nö­sen Zugangs in Sedo-Anal­ge­sie oder Nar­kose vor­be­rei­tet. Obwohl bei die­sem Kind wenige Monate zuvor im glei­chen Kran­ken­haus eine Lapa­roto­mie durch­ge­führt wurde und im Zuge des­sen ein hoch­gra­di­ger Ver­dacht auf mali­gne Hyper­ther­mie fest­ge­stellt wurde (biop­tisch gesi­cherte mali­gne Hyper­ther­mie der Groß­mutter väter­li­cher­seits sowie von meh­re­ren Tan­ten und Onkeln) war in sämt­li­chen Doku­men­ten der Fie­ber­kurve kein Hin­weis dar­auf zu finden.

Nur durch eine bei­läu­fige Bemer­kung des Vaters im Rah­men des Nar­kose-Auf­klä­rungs­ge­sprächs konnte die Not­wen­dig­keit einer Trig­ger-freien Nar­kose und Bereit­stel­lung eines ent­spre­chend vor­be­rei­te­ten OPs gerade noch recht­zei­tig erkannt wer­den. (Die Eltern waren auf­grund der häu­fi­gen rezen­ten Auf­ent­halte im hie­si­gen Kran­ken­haus und der statt­ge­hab­ten OP der Auf­fas­sung, dass die­ser Umstand bekannt und gut doku­men­tiert wäre).

Im Nach­hin­ein stellte sich außer­dem her­aus, dass eine Reihe von Mit­ar­bei­tern über die Dia­gnose Bescheid gewusst hatte, aber gerade wäh­rend die­ses Auf­ent­hal­tes nicht in die Behand­lung des Pati­en­ten ein­ge­bun­den war.

Als Gründe für die­ses Ereig­nis nennt der mel­dende Arzt fol­gende: Der beim Erst­auf­en­talt eru­ierte hoch­gra­dige Ver­dacht auf mali­gne Hyper­ther­mie wurde nicht ent­spre­chend in den Ent­las­sungs­brief über­nom­men. Wei­ters wurde beim aktu­el­len Auf­ent­halt die Auf­nahme- Ana­mnese nicht prä­zise genug durch­ge­führt (even­tu­ell begüns­tigt durch rezen­ten Voraufenthalt).

Der mel­dende Arzt schlägt vor, im all­ge­mei­nen Ana­mne­se­bo­gen der auf­neh­men­den Sta­tion (nicht nur Anäs­the­sie-Ein­wil­li­gung) ein zusätz­li­ches Feld bezüg­lich Anäs­the­sie­ri­si­ken auf­zu­neh­men – sowohl in chir­ur­gi­schen als auch kon­ser­va­ti­ven Fächern (bis­her wird das häu­fig im Feld „All­er­gien“ kom­men­tiert) mit der dezi­dier­ten ja/​nein Frage nach mali­gner Hyper­ther­mie (mani­fest oder Dis­po­si­tion); im Fall einer elek­tro­ni­schen Pati­en­ten­akte als Pflicht­feld, ohne des­sen Ein­gabe das Abschlie­ßen der Doku­men­ta­tion nicht mög­lich ist. Wei­ters wird eine bes­sere Schnitt­stel­len-Ver­net­zung der ein­zel­nen Doku­men­ta­ti­ons­pro­gramme genannt. Zur Zeit wer­den zum Bei­spiel im Anäs­the­sie-Doku­men­ta­ti­ons­pro­gramm fest­ge­hal­tene Dia­gno­sen nicht auto­ma­tisch in die all­ge­meine elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­akte über­nom­men. Als Take-Home-Mes­sage führt der mel­dende Arzt an: „Man kann nie oft genug nach­fra­gen“ sowie die Erwei­te­rung des all­ge­mei­nen Anamnesebogens.

Lösungs­vor­schlag bzw. Fall­ana­lyse
Der Fall zeigt die klas­si­sche Schnitt­stel­len- wie auch Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­ma­tik in einem Betrieb mit vie­len han­deln­den Per­so­nen auf; in die­sem Zusam­men­hang ist es wesent­lich, die eige­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­struk­tu­ren kri­tisch zu über­den­ken. Diese müs­sen schlank und effi­zi­ent sein, das heißt wesent­li­che Inhalte sind für alle nach­be­han­deln­den Per­so­nen zu ver­mit­teln bezie­hungs­weise doku­men­ta­risch zu erfas­sen, Unwe­sent­li­ches kann oder muss sogar in der Kom­mu­ni­ka­tion ent­fal­len. Es sei in die­sem Zusam­men­hang auf die Not­wen­dig­keit eines Debrie­fings und Brie­fings der sich ablö­sen­den Dienst­mann­schaf­ten hin­ge­wie­sen. Art, Inhalt und Doku­men­ta­ti­ons­me­dium für die­ses Pro­ce­dere sollte jeweils Haus-/Ab­tei­lungs-spe­zi­fisch erar­bei­tet wer­den, idea­ler­weise mit dem QM-Team des Hau­ses. Dies wurde auch schon im CIRS­me­di­cal-Bericht vorgeschlagen.

Gefah­ren-/Wie­der­ho­lungs­po­ten­tial
Bei Ver­dacht oder bestä­tig­ter Dia­gnose einer mali­gnen Hyper­ther­mie gibt es ein hohes Gefähr­dungs­po­ten­tial für den zu behan­deln­den Pati­en­ten; spe­zi­elle Maß­nah­men sind not­wen­dig, um den Pati­en­ten sicher durch die Anästhesie/​OP zu brin­gen. Es han­delt sich somit um eine abso­lut Anäs­the­sie-rele­vante Infor­ma­tion, wel­che auf nach­voll­zieh­ba­ren Wegen peri­ope­ra­tiv über­mit­telt wer­den muss.

Exper­tIn der KRAGES (medi­zi­nisch-fach­li­cher Aspekt, Anäs­the­sio­lo­gie und Intensivmedizin)

Tipp: www.cirsmedical.at

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 3 /​10.02.2017