CIRSmedical – Fall des Monats: Kommunikation bei Notfalleinsätzen

10.09.2017 | Service

Wie wichtig der einwandfreie Ablauf der Kommunikationskette ist und warum sich alle daran halten sollten, zeigt folgendes Ereignis.

Die Rettung wurde gegen 3h morgens vom örtlichen Pflegeheim alarmiert zu einem Wachkoma-Patienten (zwischen 41 und 50 Jahre alt) mit Atemaussetzern, berichtet ein Rettungssanitäter mit bis zu fünfjähriger Berufserfahrung. Die Sanitäter wurden vom Pfleger informiert, dass der Patient ESBL habe, weswegen sie Atemmasken und Schürzen anlegten. Den Aussagen des Pflegers zufolge solle sich der Keim in den Atemwegen befinden. (Später stellte sich dann heraus, dass es sich um ESBL in den Harnwegen handelte).

Der Patient hatte mittlerweile Atemaussetzer mit einer Dauer von +/- 30 Sekunden, Tendenz steigend. Einer der Sanitäter gab dem Fahrer des Rettungswagens das Diensthandy, mit der Bitte, einen Infektionstransport anzumelden, da der Pfleger das noch nicht getan hatte (Begründung: „Den nehmen´s sowieso im Krankenhaus, das ist ja ein Notfall-Patient“). Laut Pfleger wollen die Angehörigen den Betroffenen unbedingt am Leben erhalten. Der Fahrer räumt indessen ziemlich schlampig das Auto aus, auch nicht die Schütten, wie es bei einem Infektionstransport sein sollte.

Nach zwei Minuten Fahrt Ankunft im Krankenhaus; der Fahrer nimmt nicht die für Infektionstransport gedachte Zufahrt. Auf Nachfrage gesteht der Fahrer, nicht im Krankenhaus angerufen zu haben. Während der Fahrer den Patienten anmeldet, bleibt der Sanitäter im Rettungswagen beim Patienten. Die Atemaussetzer dauern mittlerweile eine Minute; aus der Tracheostoma kommt ein gurgelndes Geräusch. Da der Sanitäter das Tracheostoma-Modell nicht kennt, traut er sich nicht, hineinzusehen. Da das Pulsoxy nur noch eine O2-Sättigung von 75 anzeigte, drehte er den Sauerstoff auf 3l/min, worauf die Sättigung schnell wieder auf einen Bereich zwischen 85 und 90 anstieg wie bei der Übernahme des Patienten.

Nach 20 Minuten ruft der Fahrer den Sanitäter an: Auf der Notfallstation sei nur eine Schwester und die habe gerade alle Hände voll zu tun mit einem Patienten mit Epilepsie – es dauere noch einige Zeit. Auf die Nachfrage des Sanitäters, ob nicht eine Schwester oder ein Arzt kurz zum Patienten ins Rettungsauto schauen könnte, sagte der Fahrer, es sei nur die eine Schwester auf der gesamten Station, ein Arzt nicht verfügbar. Aber auf der Internen werde gerade ein Zimmer frei geräumt, Dauer circa 20 Minuten. Nach rund 40 Minuten – die Atemaussetzer lagen mittlerweile bei eineinhalb Minuten – kam der Fahrer zum Auto und der Patient wurde der Internen übergeben.

Der meldende Sanitäter schlägt folgende Maßnahmen vor, um solche Ereignisse in Zukunft zu vermeiden:

• Bessere Schulung der Pflegekräfte in Pflegeheimen und der Rettungskräfte, besonders was solche schweren Fälle betrifft.

• Mehr Personal in den Notaufnahmen in der Nacht.

Nach Ansicht des meldenden Sanitäters trugen folgende Faktoren zum Ereignis bei:

• Kommunikation (im Team, mit Patient, mit anderen Ärzten, Sanitätern, etc.)

• Ausbildung und Training

• Persönliche Faktoren des Mitarbeiters (Müdigkeit, Gesundheit, Motivation, etc.)

• Teamfaktoren (Zusammenarbeit, Vertrauen, Kultur, Führung, etc.)

• Ressourcen (zu wenig Personal, Arbeitsbelastung, etc.)

• Patientenfaktoren (Sprache, Einschränkungen, medizinischer Zustand, etc.)


Feedback des CIRS-Teams/Fachkommentare

• Pflegemitarbeiter im Krankhaus und Pflegeheim müssen über Keimbelastung von Bewohnern beziehungsweise Patienten informiert sein. Ebenfalls sollten diese über entsprechende Hygienemaßnahme Bescheid wissen.

• Auf Basis dieser Information (Keimbelastung etc.) kann der Transportdienst bestellt beziehungsweise informiert werden.

ExpertIn der Geriatrischen
Gesundheitszentren der Stadt Graz
(Aspekt Pflege)

Für die sichere Übergabe von Patientinnen und Patienten ist ein genau definiertes Procedere unter Berücksichtigung des korrekten Vorgehens unter besonderen Umständen einzuhalten und dem Personal durch Schulungen (inklusive Checklisten) zu vermitteln.

ExpertIn des BIQG

Tipp: www.cirsmedical.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2017