7. Tag der Gesundheitsberufe: Patienteninteresse und Qualitätssicherung

25.04.2017 | Politik

Was ist Qualität? Kann man sie messen? Und: Kommt die beabsichtigte Qualität auch bei den Patienten an? Diese und ähnliche Fragen standen im Mittelpunkt beim diesjährigen 7. Tag der Gesundheitsberufe Anfang April in Wien. Von Agnes M. Mühlgassner

Schon im Vorfeld der Veranstaltung fragte ÖÄK-Vizepräsident Karl Forstner, ob die im Zuge der Qualitätssicherung erhobenen Ergebnisse auch tatsächlich die Wirklichkeit abbilden. Denn es dürfe nicht so sein, dass „die Messung von Qualität zu einem überbordenden bürokratischen Zweck hochstilisiert wird, die weder einen Nutzen an sich hat noch dem Einsatz der Mitarbeiter im Gesundheitswesen gerecht wird“.

Zweifellos stellten die Qualität und die Evaluierung derselben zentrale Punkte im Gesundheitswesen dar. Sie müssten jedoch dazu dienen, einen Einblick in die Abläufe und Systeme zu erhalten. Es gehe um die „wirklichkeitsnahe“ Erfassung von Qualität, damit die Daten für richtungsweisende Entscheidungen genutzt und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen realitätsnah erfasst werden könnten. „Letztlich macht das Sammeln von Daten nur Sinn, wenn die Zentrierung auf Patienteninteressen gewährleistet ist“, bekräftigt Forstner.

Dass diese Qualität auch beim Patienten ankommt, bezeichnete Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner in ihrem Statement beim Tag der Gesundheitsberufe als „Herausforderung“. Dabei betonte sie die Bedeutung der Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe – stelle sie doch eine wesentliche Säule des Gesundheitswesens dar. „Und die Gesundheitsberufekonferenz ist ein sichtbares Zeichen, was diese Zusammenarbeit betrifft“, so Rendi-Wagner.

Die Beantwortung der Frage „Was ist Qualität?“ hängt ganz wesentlich davon ab, aus welcher Perspektive dies geschieht, verdeutlichte Brigitte Sens vom Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen der Ärztekammer Niedersachsen. Der Patient wird darunter etwas anderes verstehen als die Angehörigen, die behandelnden Ärzte, die Träger, die Krankenkassen, die Pflegenden …

„In Deutschland glaubt man seit vielen Jahren, dass man Qualität messen kann“, führte Sens weiter aus. Die Qualitätssicherung ist in Deutschland gesetzlich verpflichtend. So werden in 1.700 Krankenhäusern für 30 Leistungsbereiche 430 Qualitätsindikatoren mit vier Millionen Datensätzen erfasst. Seiten mit statistischen Maßzahlen zu veröffentlichen hält Sens für „kein gutes Beispiel, das der Nachahmung empfohlen werden soll“. Die Frage, ob man Qualität messen kann, beantwortet Sens in ihrem Vortrag mit „Jein. Denn: Wir müssen sie bewerten.“ Zu sagen: „Das ist Qualität und nichts anderes“ gehe in den seltensten Fällen. Sens weiter: Ein Qualitäts-Indikator ist ein Werkzeug, und dieser Qualitäts- Indikator müsse bewertet werden. Entscheidend sei vielmehr die Frage: „Welche Qualität können und wollen wir realisieren?“

Ob die von allen beabsichtigte Qualität auch bei den betreuten Menschen ankommt, bezweifelt Silvia Mériaux-Kratochvila, Vorsitzende der Gesundheitsberufekonferenz: „Derzeit sind die Prozesse im Gesundheitswesen nicht so gestaltet, dass sie als Qualität beim Patienten ankommen.“ Die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen werde aktuell vielfach von ökonomischen Zwängen getriggert, das Messen von Kennzahlen – etwa von Wartezeiten – als Qualität definiert. Mériaux-Kratochvila plädiert dafür, den Blick wieder mehr auf den Patienten zu legen – und auch darauf, was der Patient als Qualität versteht: ausreichend Zeit für sein konkretes Anliegen oder auch Zeit für ein ausführliches Gespräch. Die Aufgabe der Angehörigen von Gesundheitsberufen sieht Mériaux-Kratochvila darin, ihre Verantwortung wahrzunehmen und sich aktiv in die Gestaltung ihrer Tätigkeit einzubringen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2017