Spi­tals­ärzte: Vie­les ist noch ungelöst

25.01.2017 | Politik

Gesund­heits­re­form hin oder her: Unver­än­dert sind die Her­aus­for­de­run­gen im Spi­tals­be­reich. Keine wei­te­ren Ein­spa­run­gen, eine Ent­las­tung der Spi­tals­am­bu­lan­zen und eine rasche Ver­bes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen – mit die­sen For­de­run­gen wandte sich der Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte in der ÖÄK, Harald Mayer, zu Jah­res­be­ginn an die Öffent­lich­keit.
Von Agnes M. Mühlgassner

Der demo­gra­phi­sche Wan­del macht auch vor Spi­tals­ärz­tin­nen und Spi­tals­ärz­ten nicht Halt: So sind heute rund 20 Pro­zent der Akti­ven über 55 Jahre alt. Zum Ver­gleich: 2005 waren es gerade ein­mal elf Pro­zent. Die Arbeits­be­din­gun­gen in den Spi­tä­lern sind auch nicht attrak­ti­ver gewor­den, was sich etwa daran zeigt, dass immer mehr Spi­tals­ärz­tin­nen die Mög­lich­keit in Anspruch neh­men, bereits mit 60 Jah­ren in Pen­sion zu gehen. Und mit dem ärzt­li­chen Nach­wuchs ist es – auch hier – nicht zum Bes­ten bestellt. Umfra­gen zufolge wol­len rund 40 Pro­zent aller Medi­zin-Absol­ven­ten Öster­reich nach dem Stu­dium den Rücken keh­ren. Die Jün­ge­ren „ver­las­sen Öster­reich, weil sie im Aus­land eine bes­sere Aus­bil­dung erhal­ten“, prä­zi­sierte der Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte in der ÖÄK, Harald Mayer, im Rah­men einer Pres­se­kon­fe­renz Anfang Jän­ner in Wien. Könne man die jun­gen Ärz­tin­nen und Ärzte nicht hier hal­ten, komme nach Ansicht von Mayer auf Öster­reich ein „ech­tes Pro­blem“ zu. Wobei: Die Stu­di­en­platz­be­schrän­kung trägt das Ihre zu die­ser alar­mie­ren­den Ent­wick­lung bei. Könnte man bei­spiels­weise den der­zeit für die Doku­men­ta­tion erfor­der­li­chen Zeit­auf­wand hal­bie­ren – Spi­tals­ärzte wen­den aktu­ell rund 40 Pro­zent ihrer Zeit dafür auf – hätte man mehr Zeit für eigent­lich ärzt­li­che Auf­ga­ben, Aus­bil­dung und könnte „sicher­lich“ einen Teil der Jung­ärzte-Abwan­de­rung ver­hin­dern, ist Mayer überzeugt.

Aber auch andere Hot Spots im Spi­tals­be­reich har­ren einer Lösung wie etwa die stän­dig stei­gende Arbeits­ver­dich­tung und über­lau­fene Spi­tals­am­bu­lan­zen. Dass die Gesund­heits­re­form die Lösung für all die offe­nen Pro­bleme brin­gen soll, bezwei­felt Mayer. Um die Qua­li­tät der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung auf­recht zu hal­ten, sei eine jähr­li­che Aus­ga­ben­stei­ge­rung von fünf, sechs Pro­zent erfor­der­lich – oder: „Es gibt nicht mehr alles für alle“. Mit der nun beschlos­se­nen Kos­ten­dämp­fung im Gesund­heits­we­sen und der Sen­kung der Aus­ga­ben­stei­ge­rung von der­zeit 3,6 Pro­zent auf 3,2 Pro­zent im Jahr 2021 sieht Mayer das Gesund­heits­sys­tem „in Win­des­eile auf eine Zwei-Klas­sen-Medi­zin zusteu­ern“. Er for­derte die Poli­tik auf, für die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung Geld in die Hand zu neh­men oder den Men­schen zu sagen, dass es zu Leis­tungs­ein­schrän­kun­gen kom­men werde. „Wir Ärzte wol­len keine Man­gel­ver­wal­ter sein und den Men­schen die schlech­ten Bot­schaf­ten über­brin­gen, für die wir nichts können.“

Drin­gend not­wen­dig sei die Ent­las­tung der Spi­tals­am­bu­lan­zen. Der Bevöl­ke­rung habe man sug­ge­riert, dass alles zu jeder Zeit mög­lich sei. Es sei aber „sinn­voll“, wenn der Pati­ent vom Haus­arzt durch das Sys­tem geführt werde und nicht die Spi­tals­am­bu­lanz die erste Anlauf­stelle bei Beschwer­den dar­stelle. Diese Len­kung des Pati­en­ten durch das Sys­tem sei auch des­we­gen not­wen­dig, damit „das Sys­tem finan­zier­bar bleibt“, betonte der Kuri­en­ob­mann. Denk­bar ist für ihn auch, dass man künf­tig nicht mehr ohne Über­wei­sung in eine Spi­tals­am­bu­lanz gehen könne. Bereits im Jahr 2014 hat die Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte ihr Spi­tals­kon­zept 2025 vor­ge­legt. „Es ist erfreu­lich, dass das nun von der Stei­er­mark vor­ge­legte Spi­tals­kon­zept 2035 dem von uns vor­ge­leg­ten Kon­zept sehr ähn­lich ist.“

ELGA in der der­zeit vor­lie­gen­den Form wird kaum etwas zur Ent­las­tung der Tätig­keit von Spi­tals­ärz­ten bei­tra­gen. „Wir leis­ten uns den Luxus einer inef­fi­zi­en­ten IT – und das zu Las­ten der Ärzte.“ Und Mayer berich­tete von Spi­tä­lern, in denen Dia­gno­sen bis zu drei­mal ein­ge­ge­benn wer­den müs­sen, weil die IT-Sys­teme keine ent­spre­chen­den Schnitt­stel­len auf­wei­sen. Auch wer­den die Daten der­zeit so ein­ge­ge­ben, dass sie mit einer ver­nünf­ti­gen Suche nicht abge­ru­fen wer­den können.

Die zen­tra­len Forderungen

  • Keine wei­te­ren Einsparungen
  • Ent­las­tung der Spitalsambulanzen
  • Ver­bes­se­rung der Arbeitsbedingungen
  • Moderne IT-Lösun­gen, die von Spi­tals­ärz­ten als Ver­bes­se­rung emp­fun­den werden

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 1–2 /​25.01.2017