Ärzte und Pharmaindustrie: Transparenz in der Zusammenarbeit

15.07.2017 | Politik

Um medizinischen Fortschritt – und modernste Therapien für Patienten – zu ermöglichen, müssen Ärzte und Pharmaindustrie zusammenarbeiten. Geldwerte Leistungen, die dafür erbracht werden, machen Pharmabranche und Ärzteschaft seit nunmehr zwei Jahren freiwillig öffentlich. Von Marion Huber

Wenn ÖÄK und Pharmig (Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs) eine gemeinsame Pressekonferenz geben, geht es meist um die Zusammenarbeit von Ärzten und Pharmaindustrie. Kürzlich ging es konkret darum, die geldwerten Leistungen aus dieser Zusammenarbeit öffentlich und transparent zu machen. „Wir haben nichts zu verbergen“, brachte es ÖÄK-Vizepräsident Herwig Lindner auf den Punkt. Stehen im Mittelpunkt der Kooperation doch die Forschung, die Wissensvermittlung und damit „die Bemühungen, dass den Patienten die bestmögliche Therapie zu Gute kommt“, so Lindner weiter.

Um die Zusammenarbeit zu regeln, haben Ärztekammer und Pharmig Verhaltenscodices beschlossen. Pharmaunternehmen sind seit 1. Jänner 2015 dazu angehalten, geldwerte Leistungen, die sie Ärzten (und anderen Fachkreisen) gegenüber erbringen, zu erfassen und offenzulegen. Eine „freiwillige Selbstregulierung“, die für mehr Transparenz und Verständnis hinsichtlich der Zusammenarbeit sorgen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Gesundheitswesen stärken soll, so Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber.

Es handelt sich um eine europaweite Initiative, im Rahmen derer von der EUKommission schon 2012 beschlossen wurde, „guiding principles“ einzuführen. Diese spiegeln sich in den jeweiligen freiwilligen Verhaltenscodices wie jenem der Ärzteschaft oder der Pharmig wider. Lindner glaubt auch nicht, dass es eine gesetzliche Regelung braucht: „Ich bin ein Freund der Motivation, anstatt mit Druck und Repressalien durch ein Gesetz zu drohen.“

90 Millionen Euro für Zusammenarbeit

Nachdem im Juni 2016 erstmals die Daten für 2015 veröffentlicht wurden, liegen seit Kurzem die Zahlen für 2016 vor: Insgesamt flossen im Vorjahr rund 90 Millionen Euro von der heimischen Pharmabranche an Angehörige und Institutionen medizinischer Fachkreise. „Alle Pharmaunternehmen, die dem Codex unterliegen, haben die nötigen Daten offengelegt“, berichtet Huber. Insgesamt sei die Offenlegungsrate in etwa gleich geblieben. Verschoben hat sich die Verteilung: Während mehr Institutionen ihre Zahlen transparent gemacht haben, sind individuelle Offenlegungen leicht zurückgegangen. Das sei auch der Tatsache geschuldet, dass es nicht unbedingt Teil der österreichischen Kultur sei, offen mit Einkommen umzugehen. Damit mehr Ärzte ihre individuellen Honorare offenlegen, brauche es einen Kulturwandel: „Jeder für sich, die Umgebung sowie die Medien müssen lernen, die Erbringung von geldwerten Leistungen nicht ins Negative zu ziehen“, so Lindner. Ohne Zusammenarbeit von Ärzten und Pharmabranche wäre eine so eindrucksvolle Entwicklung der Medizin nicht möglich.

Geldwerte Leistungen 2016

Für die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft und Institutionen medizinischer Fachkreise gaben Pharmaunternehmen 2016 rund 90 Millionen Euro aus. Die Summe verteilt sich auf die folgenden vier Bereiche:

  • 38 Prozent (etwa 33,8 Millionen Euro) flossen in die Organisation von Fortbildungsveranstaltungen (zum Beispiel für die Teilnahmegebühren oder Reisekosten für Fortbildungen oder die Unterstützung von wissenschaftlichen Kongressen);
  • 38 Prozent (etwa 33,7 Millionen Euro) gingen in die Forschung und Entwicklung (zum Beispiel für die Durchführung von klinischen Prüfungen);
  • 16 Prozent wurden für Dienst- und Beratungsleistungen bezahlt (wie etwa für Vortragsoder Beratungstätigkeiten);
  • acht Prozent wurden für Spenden und Förderungen an Institutionen aufgewendet.

Tipp: Weitere Informationen zur Transparenz-Initiative gibt es unter
www.transparenz-schafft-vertrauen.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2017