Pamela Rendi-Wagner: Im Eiltempo Ministerin

25.03.2017 | Politik

Sie musste nicht lange überlegen, sagte die neue Gesundheitsministerin bei der Vorstellung durch Bundeskanzler Christian Kern, als dieser sie nur zwei Tage zuvor gefragt hatte, die Nachfolge von Sabine Oberhauser anzutreten.
Von Agnes M. Mühlgassner

Nachdem sich der SPÖ-Parteivorstand in einer morgendlichen Sitzung einstimmig für Priv. Doz. Joy Pamela Rendi-Wagner als neue Gesundheits- und Frauenministerin ausgesprochen hatte, wurde sie der Öffentlichkeit präsentiert – und wenige Stunden darauf vom Bundespräsidenten angelobt. Die Aufgabe, die Rendi-Wagner übernimmt – sie war tags zuvor der SPÖ beigetreten –, „ist keine kleine“, wie Kern betont. Soll doch das Gesundheitssystem weiterhin solidarisch bleiben und „jeder die bestmögliche medizinische Versorgung erhalten“ (Christian Kern). Nachsatz: „Da gibt es viel zu tun.“ Die Themen, die sie übernehme, sind „politische Schlüsselthemen“, erklärt Kern. Als erste Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit habe sie eine „gläserne Decke“ durchstoßen in „einer Männerdomäne, wie man es sich nur vorstellen kann“. Sechs Jahre lang war Rendi-Wagner Sektionsleiterin im Gesundheitsministerium. Ihr Vor-Vorgänger im Amt, Alois Stöger, hat sie 2011 aus dem Ausland zurückgeholt. Rendi-Wagner hat einen Master of Science in Infection and Health in the Tropics an der University of London erworben und hatte eine Gastdozentur an der School of Public Health der Universität Tel Aviv in Israel inne. „Leidenschaftlich und konstruktiv“ sei die enge Zusammenarbeit mit der verstorbenen Sabine Oberhauser in den letzten zweieinhalb Jahren gewesen, in der Rendi-Wagner schon „sehr intensiv“ mitgestalten konnte. Deswegen müsse sie sich auch nicht mehr einarbeiten, da „viele Projekte auf dem Weg sind“.

Ziel einer modernen Gesundheitspolitik müsse es sein, dass die Menschen nicht nur länger leben, sondern länger gesund leben. Auch dürfe die Lebenserwartung nicht vom Bildungsstandard, dem Wohnort oder den Arbeitsbedingungen abhängen. Bei Krankheit müsste ein „fairer Zugang zu einem qualitativ und technisch hoch stehenden Gesundheitssystem gewährleistet sein“ – was angesichts der Rahmenbedingungen durchaus herausfordernd ist. Rendi-Wagner führt hier die Demographie an und auch die Bedürfnisse der Bevölkerung, die sich geändert hätten. Dass sich die Strukturen an den Bedürfnissen und Alltagssituationen der Menschen orientieren, „muss im Mittelpunkt einer modernen Gesundheitspolitik stehen“. Bei ihrer künftigen Tätigkeit vertraut sie auf ihre Netzwerke der letzten Jahre. Sie habe als Sektionsleiterin „konstruktiv“ mit Vertretern der ÖÄK zusammengearbeitet: „Darauf werde ich aufbauen.“ Im politischen Bereich brauche es immer Partner und „hier gehört auch die Ärztekammer dazu“.

Die berufliche Laufbahn sei ihr immer „ganz, ganz wichtig“ gewesen. Als Frau und Mutter zweier Töchter (sieben und elf Jahre) müsse sie selbst „täglich mehrmals den Spagat machen, um diese Vereinbarkeit zu leisten“. Darin sieht sie auch eine große Herausforderung in der Frauenpolitik – die Angelobung erfolgte am 8. März, dem Weltfrauentag – in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die auf den Schultern von Frauen lastet – „auch auf meinen Schultern“.

Ihre berufliche Laufbahn: Promotion 1996 an der Medizinischen Universität Wien, danach Ausbildung an der Abteilung für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Uni Wien und am Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien. Ihre Forschungstätigkeit war ein Grund, wieso bei der FSME-Impfung das empfohlene Intervall von drei auf fünf Jahre hinaufgesetzt wurde. 2005 Fachärztin für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin an der MedUni Wien. Ihre Spezialgebiete: Impfprävention, Reisemedizin und Infektionsepidemiologie. 2008 Habilitation im Fach Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin zum Thema „Prävention durch Impfschutz“ an der MedUni Wien.

In einer ersten Reaktion hob ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger die langjährige Erfahrung von Rendi-Wagner in der Gesundheitspolitik hervor: Sie habe sich in Verhandlungen stets sach- und lösungsorientiert gezeigt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2017