Dass ärztliches Wissen künftig verstärkt in die Gesundheitsplanung einbezogen wird, das ist eine der Forderungen, die die Österreichische Ärztekammer im Zuge ihrer Kampagne „Ohne Ärzte geht’s nicht“ an die künftige Bundesregierung stellt. Von Michael Heinrich und Bernhard Salzer
Österreich leidet unter einem Ärztemangel, der sich in Zukunft noch verstärken wird und unser Gesundheitssystem ist in internationalen Analysen wie etwa dem Euro Health Consumer Index seit dem Jahr 2007 vom damals ersten mittlerweile auf den zehnten Platz zurück gefallen“, warnt ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres. Mit der Kampagne ‚Ohne Ärzte geht’s nicht‘, die vor der Nationalratswahl gestartet wurde und in den kommenden Wochen fortgesetzt wird, „weisen wir genau auf diese Missstände hin und stellen gezielte Forderungen an die künftige Bundesregierung“, so Szekeres. Denn eine flächendeckende medizinische Versorgung, wie alle Österreicherinnen und Österreicher sie gewohnt sind – besonders eine gute Primärversorgung – könne nur mit genügend Ärzten aufrechterhalten werden.
Dringender Appell an Politik
„Die schwarz-gelben Plakate auf riesigen Werbeflächen sind in der heißen Phase des Wahlkampfes gut zur Geltung gekommen und die Videos mit Kabarettist und Kinderchirurg Omar Sarsam entwickelten sich zu echten Rennern auf YouTube und Facebook“, zeigt sich der Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte in der ÖÄK, Johannes Steinhart, erfreut. „Mit unserer Kampagne thematisieren wir den Ärztemangel und richten den dringenden Appell an die Politik, dass das Primärversorgungsgesetz repariert gehört. Denn in der derzeitigen Form gefährdet dieses Gesetz die wohnortnahe Versorgung einer älter werdenden Gesellschaft und es muss alltagstauglich gemacht werden“, erklärt Steinhart die Zielsetzung der Initiative. In den vergangenen Jahrzehnten gab es seitens der Politik zwar noch nie einen Mangel an Bekenntnissen zum Hausarzt und zum Ausbau der niedergelassenen ärztlichen Versorgung. Steinhart: „Ganz im Gegenteil. In so gut wie jeder Koalitionsvereinbarung waren solche Zusicherungen nachzulesen. Leider bestand allerdings immer ein Mangel in der Bereitschaft, das auch politisch umzusetzen.“
Statt brauchbare Lösungen umzusetzen, setzte man lieber auf Ideologie. „Das einzige angebliche Allheilmittel, das den politischen Verantwortlichen zu den krisenhaften Entwicklungen einfiel, waren
Primärversorgungszentren. Diese liegen zwar ideologisch im Trend, gelten als chic und sollen gleichzeitig den Ärztemangel lösen, die Ambulanzen entlasten sowie noch dazu besonders effizient sein. Die Wahrheit ist jedoch, dass man auch in diesen Zentren Ärzte brauchen wird. Jedoch sind diese dringend benötigten Mediziner nirgendwo in Sicht, und der ärztliche Nachwuchs ist rar“, kritisiert Steinhart. Dazu komme, dass Patienten nicht automatisch in Scharen in solche Zentren drängen, die außerdem auch wesentlich teurer sind als Einzel-Kassenpraxen.
Es sei an vielen Reformideen im Gesundheitswesen leider erkennbar, dass juristisch und ökonomisch gelenkte Technokraten gesundheitspolitische Entscheidungen treffen, ohne auf die Expertise der tatsächlich in diesem System agierenden, nämlich die Ärzte, zurückzugreifen. Steinhart dazu: „Ärzte müssen daher in Zukunft bei der Planung der Gesundheitspolitik mitreden und mitgestalten dürfen, denn sie sind die eigentlichen Experten des Gesundheitswesens, die bei der Reform und der Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems ihren Input einbringen müssen.“
Reformen und Projekte, die nicht von Ärzten auf Praxistauglichkeit geprüft wurden, zeichnen sich meist nur durch hohe Kosten und bürokratische Hürden aus. „Wir haben schon einige ärztliche Disziplinen, in denen die Hälfte der Arbeitszeit für Bürokratie draufgeht! Zeit, die wir für Zuwendung, für unsere Patienten dringend brauchen. Daher fordern wir mit unserer Kampagne, das ärztliche Wissen in die Gesundheitsplanung einzubinden. Ohne Ärzte geht’s nicht, auch nicht in der Politik“, so Szekeres abschließend.
Die Forderungen der ÖÄK an die künftige Bundesregierung • Drohenden Ärztemangel beheben! Deshalb braucht Österreich … Deshalb braucht Österreich … • Mehr ärztliche Kompetenz in die Politik! Deshalb braucht Österreich … • Gesundheit ist mehr wert! |
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2017