Natio­nal­rats­wahl 2017 : Ärz­te­aus­bil­dung und Anreize im Fokus

25.09.2017 | Politik

Nach­dem die Gesund­heits­spre­cher von Sozi­al­de­mo­kra­ten und Volks­par­tei, Erwin Spin­del­ber­ger und Erwin Rasin­ger, die gesund­heits­po­li­ti­schen Wahl­pro­gramme ihrer Par­teien in der ÖÄZ dar­ge­stellt haben, umreißt Dag­mar Bela­ko­witsch die frei­heit­li­chen Vor­ha­ben. Ihr Fokus liegt auf mehr Aus­bil­dung von All­ge­mein­me­di­zi­nern, mehr Anreize für die Nie­der­las­sung in der Pra­xis und Zusam­men­füh­rung von medi­zi­ni­scher und pfle­ge­ri­scher Ver­sor­gung. Von Wolf­gang Wagner

Ohne eine Bestim­mung des Sta­tus quo, wo es Män­gel in der flä­chen­de­cken­den medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung in der Kas­sen­me­di­zin in Öster­reich gibt, wird es laut der frei­heit­li­chen Gesund­heits­po­li­ti­ke­rin Dag­mar Bela­ko­witsch nicht gehen: „Wir müs­sen ganz drin­gend durch­fors­ten, wo es regio­nal und in wel­chen Fach­ge­bie­ten es an Kas­sen­arzt­stel­len fehlt.“ Dann müsse es zu einem Auf­fül­len von Defi­zi­ten und einem­Aus­gleich der Kapa­zi­tä­ten kom­men. „Da geht es um die Haus­ärzte und die Fach­arzt­stel­len“, so Bela­ko­witsch. Män­gel in der Ver­sor­gung in ver­schie­den medi­zi­ni­schen Fach­ge­bie­ten müss­ten beho­ben bezie­hungs­weise die Ver­sor­gung aus­ge­gli­chen werden.

Aus­bil­dung entscheidend

Ent­schei­dend für die Zukunft des öster­rei­chi­schen Gesund­heits­sys­tems ist für die FPÖ-Gesund­heits­spre­che­rin die Frage der Aus­bil­dung der zukünf­ti­gen Ärzte: „Wenn man hört, dass sich in Wien der­zeit in allen Spi­tä­lern nur 17 Ärzte in Aus­bil­dung zum All­ge­mein­me­di­zi­ner befin­den, dann muss sich hier schnell etwas ändern. Wir von der FPÖ haben gegen das PHC-Gesetz gestimmt. Aber jetzt wer­den wir diese Zen­tren haben. Aber es wird sie nicht geben, wenn die fer­tig aus­ge­bil­de­ten All­ge­mein­me­di­zi­ner dafür feh­len. Ich befürchte, dass wir gar nicht die Ärzte für diese PHC-Ein­rich­tun­gen haben werden.“

Aus­bil­dung, Beruf­aus­sich­ten und finan­zi­elle Anreize müss­ten so ver­bes­sert wer­den, dass sich wie­der mehr Ärzte auf eine Nie­der­las­sung ein­lie­ßen. Gleich meh­rere nega­tive Rah­men­be­din­gun­gen spiel­ten der­zeit beim Ärz­te­nach­wuchs für Öster­reich eine ent­schei­dende Rolle, wie Bela­ko­witsch betont: „Wir bil­den weni­ger Medi­zin­stu­den­ten aus. Für die Spi­tals­aus­bil­dung geht schon ein Teil ins Aus­land und kommt dann nur zum Teil wie­der zurück. Das sind Ärzte, die uns abge­hen. Für zukünf­tige Haus­ärzte haben wir zwar die Lehr­pra­xis beschlos­sen, aber es fehlt in den Bun­des­län­dern noch immer an den Beschlüs­sen über die Finanzierung.“

Sach­lich soll­ten in der Gesund­heits­ver­sor­gung in Öster­reich in Zukunft aber noch ganz andere Dinge fol­gen: „Wir müs­sen Gesund­heits­ver­sor­gung und Pflege zusam­men­füh­ren. Das gehört in vie­len Fäl­len zusam­men, weil es um Men­schen geht, die auf­grund von zunächst aku­ten Erkran­kun­gen im Alter pfle­ge­be­dürf­tig wer­den. Dazu müs­sen Akut- in Pfle­ge­bet­ten umge­wan­delt wer­den. Es gibt seit lan­gem Berech­nun­gen, auch vom Rech­nungs­hof, dass uns damit, dass vor allem auf inter­nen Abtei­lun­gen viele Pati­en­ten lie­gen, die auf ein Bett in einer Pfle­ge­ein­rich­tung war­ten, bis zu vier Mil­li­ar­den Euro ‚ent­ge­hen‘, die man anderswo ein­set­zen könnte.“ 

Bela­ko­witsch wei­ter: „Geld ist nicht im Über­fluss vor­han­den. Aber ich glaube, dass prin­zi­pi­ell genug Geld im Sys­tem ist. Man muss aller­dings die Finanz­ströme zusam­men­fas­sen. Im Grunde ist es ja noch immer so, dass die Spi­tä­ler in der Hand der Bun­des­län­der die Pati­en­ten so schnell wie mög­lich wie­der ‚drau­ßen‘ haben wol­len“, sagt Bela­ko­witsch. Umge­kehrt hät­ten die Kran­ken­kas­sen wei­ter­hin das Inter­esse daran, dass mög­lichst viel an medi­zi­ni­scher Ver­sor­gungs­leis­tung in den Kran­ken­häu­sern geschehe.

Um das – end­lich – zu besei­ti­gen, seien meh­rere Akti­vi­tä­ten not­wen­dig, wel­che auch Macht­ver­schie­bun­gen bedeu­ten müss­ten. „Da ist zunächst der Haupt­ver­band der Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger, der eine Art Staat im Staat dar­stellt.“ Die Gesund­heits­re­form 2012/​2013 habe die Bun­des­ziel­steue­rungs­kom­mis­sion gebracht mit den Ver­tre­tern der Län­der, des Minis­te­ri­ums und der Sozi­al­ver­si­che­rung. „Ein Über­ge­wicht haben in vie­len Fäl­len wei­ter­hin die Bun­des­län­der. Wozu haben wir ein Gesund­heits­mi­nis­te­rium?“ Das sei kein Plä­doyer gegen den Föde­ra­lis­mus in Öster­reich, nur eines für mehr zen­trale Pla­nung und deren Umset­zung. Ohne die Bün­de­lung der Finanz­ströme und Kom­pe­ten­zen im Gesund­heits­we­sen, die Zurück­drän­gung der Macht der Bun­des­län­der sowie einen Büro­kra­tie­ab­bau im Bereich der Kran­ken­ver­si­che­run­gen inklu­sive des Haupt­ver­ban­des der Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger werde es jeden­falls nicht gehen. „Egal, was in der ‚Effi­zi­enz­stu­die‘ drin­steht, dass man im Sozi­al­ver­si­che­rungs­we­sen und darin spe­zi­ell bei den Kran­ken­kas­sen durch Büro­kra­tie­ab­bau und auch durch Zusam­men­le­gun­gen die Effi­zi­enz stei­gern könnte, war schon in vie­len Berech­nun­gen, auch wie­der­holt vom Rech­nungs­hof, zu lesen“, sagt Belakowitsch.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 18 /​25.09.2017