Infusion 2017: 24h-Ambulanz: wer zahlt‘s?

25.03.2017 | Politik

Mit den politischen, gesetzlichen, ökonomischen und strukturellen Rahmenbedingungen der medizinischen Versorgung wird sich Arno Melitopulos, Direktor der Tiroler GKK, in seinem Vortrag bei der „Infusion“, der Informationsveranstaltung der Bundeskurie angestellte Ärzte, Ende April in Wien auseinandersetzen – und dabei die Palette der jetzigen Versorgungsmöglichkeiten kritisch hinterfragen. Von Agnes M. Mühlgassner

Das Thema seines Vortrags bei der Veranstaltung der Bundeskurie angestellte Ärzte zum Thema „24-Stunden-Ambulanz: Wer zahlts?“ will Arno Melitopulos als „Sinnbild“ verstanden wissen. Und deswegen ist es ihm auch wichtig, sich mit den grundsätzlichen Rahmenbedingungen, die im österreichischen Gesundheitswesen vorherrschen, auseinanderzusetzen. „Mir geht es dabei auch darum, wie beweglich und offensiv die Politik ist.“ Dabei nennt er etwa die gesetzlichen Rahmenbedingungen – Stichwort 15a-Vereinbarungen, Bundeszielsteuerungsvertrag und „all diejenigen Aspekte, die uns ja durchaus lenken bis hin zu Ausgabenobergrenzen“. Die strukturellen Rahmenbedingungen werden dabei ebenso auch zur Sprache kommen wie der finanzielle Aspekt. Melitopulos dazu: „Hier gibt es einfach relevante Rahmenbedingungen. Zum Beispiel haben die Kassen bei bestimmten Positionen klare Ausgabendeckelungen einzuhalten. Gleichzeitig will man die Spitäler entlasten. Da stellt sich schon die Frage: Wie geht das zusammen?“

Eine Lösung hat auch Melitopulos nicht parat. Was er bei der Veranstaltung jedenfalls machen wird: einen Einblick geben, wie er die Verhandlungen rund um die 15a-Vereinbarungen erlebt hat. Und er zeigt schon im Vorfeld auf, welches Spannungsfeld sich hier auftut: Sitzen doch Bund, Länder und Sozialversicherung zusammen an einem Tisch und legen fest, wie viele Arztstellen man braucht, wie die Versorgung ausschaut und wo es ein PHC geben soll. „Aber wir haben gar nicht den Hebel und die Möglichkeit, das auch durchzusetzen, weil wir weiterhin verpflichtet sind, uns dann mit den Ärzten an einen Verhandlungstisch zu setzen, wo das zu verhandeln ist.“ Und das „funktioniert nicht ganz“, gesteht Melitopulos ein.

Sterben in Tirol die Landärzte tatsächlich aus? Wie sieht die Versorgung aktuell aus? Dazu einige Zahlen vorweg: Das durchschnittliche Alter des Tiroler Kassenvertragsarztes liegt bei rund 55 Jahren. Im Alter von etwa 43, 44 Jahren beginnt in Tirol durchschnittlich die Laufbahn als Vertragsarzt, sie endet typischerweise um das 67. Lebensjahr. „Das Bild, das die Ärztekammer zeigt, dass diese Ärzte überaltet sind, stimmt im Verhältnis zu normalen Dienstnehmern.“ Bei näherer Betrachtung der Vertragsarztdemografie der letzten Jahrzehnte sei es jedoch nicht „untypisch“. Den Handlungsoptionen und Herausforderungen widmet der GKKDirektor einen weiteren Schwerpunkt. Und er zählt eine ganze Palette von Optionen auf, die man in Tirol für die medizinische Versorgung zur Verfügung hat: die Einzelordination als „klassisches Modell“, die Vertretung als „erste kleine Option“ der Erleichterung, die Teilung eines Kassenvertrags, die Partnerpraxis, Gruppenpraxis. „Und dann bekommen wir noch irgendetwas Neues – was auch immer das sein wird – in Form eines PHC. Vielleicht ist das PHC dann ohnehin nur eine Gruppenpraxis oder eine private Krankenanstalt.“ Melitopulos kann sich in diesem Zusammenhang vorstellen, dass künftig auch die Anstellung Arzt bei Arzt möglich ist: „Ich bin damit nicht auf der Linie des Hauptverbandes. Aber für uns in Tirol ist das eine denkbare Option.“

Wobei: Melitopulos bringt ein ordentliches Maß an Selbstkritik mit, wenn er etwa meint: „Ist das attraktiv, was wir da im Optionenregal haben? Oder sind das Ladenhüter? Und ist die Sozialversicherung, ist der Bund, sind die Länder oder auch die Ärztekammer selbst schon darauf ausgerichtet, den freien Beruf Arzt mit Kassenvertrag attraktiv zu halten? Machen wir da das Richtige alle miteinander? Was sind die Anforderungen von jungen Ärzten, die vielleicht eine Ordination gründen möchten? Welche Anforderungen hat er als Jungunternehmer? Welche Sicherheiten benötigt er?“ Melitopulos plädiert dafür, „die Ärztekammer in geeigneter Form wieder mit an den Verhandlungstisch zu nehmen und gemeinsam mit ihr Lösungen zu entwickeln und dann die Dinge auch gemeinsam umzusetzen“. In Tirol werde das schon so gelebt. „Auf österreichischer Ebene sehe ich das allerdings nicht. Aber die geplanten Veränderungen gehören gemeinsam an einem Tisch diskutiert.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2017