Gesundheitsreform: Bilanz: wenig zufriedenstellend

25.02.2017 | Politik

Gangbetten, lange Wartezeiten auf Facharzttermine und Operationen als Zeichen von Versorgungsengpässen – und während der Hauptverband bei den Ärzte- Honoraren spart, sind mehr als 630.000 Euro für eine sogenannte Effizienzstudie des Hauptverbandes vorhanden. Die Zwischenbilanz der ÖÄK zur aktuellen Gesundheitsreform fällt kritisch aus.

Fortschritt in der Medizin hilft nichts, wenn die Finanzierung dafür nicht sichergestellt ist und das Berufsbild Arzt nicht attraktiv ist. Diese Überlegungen hätten laut ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger bei der Formulierung der zentralen ÖÄK-Forderungen im Zuge ihrer Kampagne „Gesundheit: wenigeristNICHTmehr„ im Vordergrund gestanden:

  1. eine ausreichende finanzielle Bedeckung des Gesundheitswesens und keine weiteren Einsparungen;
  2. die wohnortnahe Verfügbarkeit der medizinischen Versorgung und individuelle Wahlmöglichkeiten statt einheitlicher Staatsmedizin und
  3. die Weiterentwicklung des bestehenden, gut funktionierenden Systems.

Im Rahmen einer Pressekonferenz Mitte Feber in Wien bezeichnete Wechselberger die zahllosen Gangbetten im Zuge der starken Influenzawelle als „Organisationsversagen“, die steigenden Wartezeiten auf Facharzt- oder Operationstermine als „Zeichen für Versorgungsengpässe“. Denn: Geld sei ja offensichtlich vorhanden, wenn beispielsweise eine Studie zur Effizienz der Sozialversicherungen um 630.000 Euro in Auftrag gegeben wurde – ohne Ausschreibung, wobei noch dazu wichtige Fragen ausgespart blieben. Allerdings: „Die Frage, wie die AUVA als dritte Säule aus dem Sozialversicherungssystem eliminiert werden kann, ist offensichtlich politisch wichtig“, kritisiert Wechselberger.

Auch die politischen Jubelrufe, dass für die Finanzierung der Primärversorgung innerhalb von vier Jahren 200 Millionen Euro beschlossen seien, sieht Wechselberger skeptisch. „Es empfiehlt sich, die entsprechende Passage in der 15a- Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens genau zu lesen“, so der ÖÄK-Präsident. Erstens sollen die 200 Millionen Euro von Ländern und Sozialversicherung nicht nur zum Ausbau des Hausarztsystems eingesetzt werden und zweitens steht in der Vereinbarung geschrieben, dass lediglich „anzustreben sei“, die genannte Summe bis 2020 zweckzuwidmen und dass die entsprechenden Mittel für diese Vorhaben im Rahmen der „vorhandenen Honorarvolumina“ für ärztliche Hilfe zur Verfügung gestellt werden müssten.

Hauptverband: Tarife nicht kostendeckend

Dass die Sozialversicherungen seit Jahrzehnten gespart hätten „bis zum geht nicht mehr“ ist ein weiterer Kritikpunkt von Wechselberger. So habe Hauptverbands- Generaldirektor Josef Probst im Zuge der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage erklärt, dass die Tarife bei niedergelassenen Ärzten nicht kostendeckend seien und Gewinne aus Arztpraxen durch Querfinanzierung von anderen Leistungen erfolgen müssten.

Wie medizinische Versorgung künftig organisiert sein soll und wie sie erfolgen kann, liegt für Wechselberger auf der Hand: durch die Vernetzung von schon jetzt bestehenden Angeboten und auch dadurch, dass zusätzliche ärztliche aber auch nicht-ärztliche Leistungen ermöglicht werden. Dem steht entgegen,

  • dass es zu wenige Kassenverträge gibt;
  • die mangelnde Attraktivität der kassenärztlichen Tätigkeit;
  • fehlende Kassenverträge für nicht-ärztliche Leistungen;
  • fehlende Unterstützung für Vernetzung.

„Wir brauchen keine Einsparungen und keine Zentralisierung, sondern den Ausbau der wohnortnahen Versorgung“ ohne neue Bürokratie und Administration – so das Resümee von Wechselberger. Übrigens: Man müsse sich auch über die Struktur der Sozialversicherung in Österreich Gedanken machen, sagt Wechselberger. Es sei durchaus „legitim“, zu hinterfragen, ob solch eine straffe Zentralorganisation, wie sie der Hauptverband darstellt, dem Fortschritt dient.

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© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2017