Allgemeinmedizin im Aufbruch: Wahlarzt oder Kassenarzt?

25.11.2017 | Politik


Es geht um Information, Diskussion und Motivation: Unter dem Motto „Allgemeinmedizin im Aufbruch“ lädt die Bundessektion Allgemeinmedizin der ÖÄK zu einer interaktiven Veranstaltung Anfang Dezember in Wien ein.
Von Agnes M. Mühlgassner

Wahlarzt werden oder vielleicht doch einen Kassenvertrag nehmen? Warum viele eine Tätigkeit als Wahlarzt der eines Kassenarztes bevorzugen – das ist eines der zentralen Themen bei der von der Bundessektion Allgemeinmedizin der ÖÄK initiierten Veranstaltung, die am 13. Dezember in Wien stattfindet. „Denn allen düsteren Prognosen zum Trotz befindet sich die Allgemeinmedizin im Aufbruch“, sagt Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin in der ÖÄK.

Diskutieren und konfrontieren

Bei der Veranstaltung soll jungen Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit gegeben werden, mit Vertretern der Ärztekammer, des Hauptverbandes und des Ministeriums zu diskutieren. Und es geht genau um die Themen, die vor allem Junge betreffen: Woran liegt es, dass Kassenstellen immer weniger attraktiv sind? Aber auch: Wieso ist die Tätigkeit als Wahlarzt für viele Jungärzte reizvoll? „Wirwollen aber auch, dass unsere jungen Kolleginnen und Kollegen sagen, woran es krankt, warum die Tätigkeit eines Allgemeinmediziners nur wenig Interesse hervorruft“, betont Wutscher. Es gehe auch darum, die Vorstellungen und Wünsche der Jungärztinnen und Jungärzte direkt mit dem Hauptverbands-Chef zu diskutieren. „Aus den Stellungnahmen dieser Veranstaltung sollen dann Schlüsse gezogen werden, was zu tun ist“, formuliert Allgemeinmediziner Wutscher eines der Ziele der Veranstaltung. Ein weiteres: junge Ärztinnen und Ärzte will man motivieren – und auch helfen –, sich als Allgemeinmediziner in einer Ordination niederzulassen.

Im zweiten großen Themenblock dieser Veranstaltung geht es um die Ausbildung: Gibt es Verbesserungsbedarf und wenn ja: wo? Vertreter des Ministeriums werden ebenso Rede und Antwort stehen wie Vertreter der Universitäten.

Obwohl die Lehrpraxis nach der neuen Ärzte-Ausbildungsordnung für die ersten Studierenden Mitte 2018 verpflichtend ist, ist die flächendeckende Finanzierung nach wie vor nicht restlos geklärt. „Hier muss sich die öffentliche Hand bewegen“, macht Wutscher unmissverständlich klar. Und auch, dass es in der Ordination dadurch nicht zu einer Ersparnis kommt – im Gegenteil. „Es ist ja nicht so, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen in die Ordination kommen und als Lehrpraktikanten gleich alles niederreißen. Wenn es so wäre, bräuchten wir die Lehrpraxis nicht“. Im Gegenteil: In Wirklichkeit dauere alles länger weil zu Beginn das Lernen, das Einweisen in den Alltag der Ordination eines Allgemeinmediziners stehe. Diese sei oft völlig konträr zu den Tätigkeiten, die im Krankenhaus an der Tagesordnung stehen. In der Ordination kommt ein weiterer entscheidender Aspekt dazu: Man kennt Menschen – u.a. weil sie immer wieder kommen, oft ein Leben lang, es geht um die persönliche Begegnung und das Gespräch, die Anteilnahme, aber auch „um die Zeit, die man den zahllosen bürokratischen Anforderungen, die einem von Seiten der Politik und des Hauptverbandes auferlegt werden, widmen muss“, resümiert Wutscher.

Beim Thema „Finanzierung der Lehrpraxis“ verweist der Sektionsobmann auf die kürzlich in Salzburg erzielte Einigung. Hier haben sich Land Salzburg und die Salzburger GKK darauf geeinigt, im Jahr 2018 einen Großteil der Kosten für die Lehrpraxis zu übernehmen. Was Wutscher in diesem Zusammenhang betont – weil es oft so dargestellt wird: „Die Ärztekammer ist nicht verantwortlich für die Besetzung der Ordinationen. Die Aufgabe der Ärztekammer ist es, den Jungen zu helfen, in die Praxis zu gehen.“ Allgemeinmediziner Edgar Wutscher selbst würde diesen Beruf „jederzeit wieder“ ergreifen – und die Begeisterung, die ihn antreibt, möchte er gern den jungen Kolleginnen und Kollegen vermitteln.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2017