Ärzteausbildung: Luft nach oben

10.11.2017 | Politik


Die aktuellste Evaluierung der Ärzteausbildung zeigt eine positive Entwicklung – dennoch gibt es noch Luft nach oben. Verbesserungsbedarf zeigt sich vor allem bei den zeitlichen und personellen Ressourcen für die Ausbildung. Von Marion Huber

Wie steht es um die Qualität der Ausbildung? Dazu werden alle österreichischen Ärzte in Ausbildung – ob in der Basisausbildung oder der allgemein- oder fachärztlichen Ausbildung – kontinuierlich befragt. Das Ärztliche Qualitätszentrum in Linz, das die Befragungen regelmäßig im Auftrag der ÖÄK durchführt, hat aktuell die Periode von 2015 bis 2017 ausgewertet.

Zufrieden ob der „extrem hohen Beteiligung“ an der Evaluierung zeigte sich Karlheinz Kornhäusl, stellvertretender Bundeskurienobmann und Obmann der Bundessektion Turnusärzte, kürzlich bei einer Pressekonferenz in Wien. Insgesamt liegen österreichweit 637 Bewertungen der Basisausbildung (2016 bis jetzt), 3.155 Bewertungen für die allgemeinärztliche Ausbildung (2015 bis jetzt) und 1.378 für die fachärztliche Ausbildung (2017) vor (Stand Ende August 2017). „Die Beteiligungsquoten sind einzigartig“, lobte Kornhäusl: In der Basisausbildung haben 46 Prozent der Ärzte teilgenommen, in der allgemeinärztlichen Ausbildung 82,5 Prozent (auf Basis der Ärzte, die an der Evaluierung der Basisausbildung teilgenommen haben) sowie 29 Prozent in der fachärztlichen Ausbildung.

Am besten schnitt die fachärztliche Ausbildung ab – österreichweit wurde die Note 2,29 (auf der Schulnotenskala) verteilt. Dabei gibt es aber nicht nur zwischen den Bundesländern große Unterschiede – der Osten wurde insgesamt schlechter bewertet als der Westen –, sondern auch zwischen den Ausbildungsfächern. Um zwei Beispiele herauszugreifen: Die Labormedizin wurde mit 1,77 deutlich besser bewertet als die Fächer Orthopädie (2,60) oder Chirurgie (2,64).

Positiver Trend

Für die allgemeinärztliche Ausbildung kann für ganz Österreich ein positiver Trend der letzten Jahre festgestellt werden. Während es 2011 noch eine Gesamtnote von 2,84 gab, lag sie bei der letzten Befragung 2017 schon bei 2,44. Wie in der Facharztausbildung gibt es auch hier Unterschiede zwischen den Fächern: Anästhesie ist Spitzenreiter (1,4), Frauenheilkunde und Geburtshilfe dagegen bekommt nur ein „Befriedigend“ (3,15). Ob die neue Ärzteausbildungsordnung (ÄAO) die Zufriedenheit erhöhen kann, ist statistisch noch nicht gesichert – dafür liegen noch nicht ausreichend Bewertungen der ÄAO 2015 vor. Kornhäusl ist aber überzeugt: „Mit der neuen Ärzteausbildungsordnung ist uns ein großer Wurf gelungen. Trotzdem müssen wir noch Kinderkrankheiten beseitigen.“

Die Basisausbildung wurde im österreichweiten Durchschnitt mit 2,49 bewertet. Greift man einzelne Bundesländer heraus, haben Tirol (2,19) und Oberösterreich (2,29) die höchste Zufriedenheit erreicht.

„Durchschnittlich“

„Insgesamt ist die Bewertung in allen Ausbildungstypen durchschnittlich. Das heißt: Wir haben noch viel Luft nach oben“, resümierte Kornhäusl. Und schloss daran seine Forderung: „Alle Beteiligten – Krankenanstaltenträger, Spitäler, Ärzte – müssen die Ausbildung als ihre Verpflichtung wahrnehmen.“ Verbesserungspotential sieht er vor allem bei den zeitlichen und personellen Ressourcen für die Ausbildenden sowie der Entlastungder Ärzte von Administrations- und Dokumentationsaufgaben. Um zu zeigen „was alles möglich ist, wenn alle wollen“, zitierte Kornhäusl ein Musterbeispiel aus der Turnus-Evaluierung in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner: Eine Abteilung, die bei der Evaluierung vor ein paar Jahren noch unter den schlechtesten in Österreich rangierte, hat es mittlerweile unter die „Top Ten“ geschafft…

Die entscheidenden Faktoren:

1. Die Qualität und Umsetzung eines guten Ausbildungskonzeptes;

2. die Rahmenbedingungen für den Ausbildner: genügend Unterstützung durch die Leitung sowie ausreichend Zeit für die Ausbildung;

3. gute Rotationsmöglichkeiten;

4. das Bemühen des Ausbildungsverantwortlichen um die Ausbildung;

5. oftmaliges Feedback durch den Vorgesetzten;

6. Unterstützung durch die Stammmannschaft;

7. didaktische Kompetenz des Ausbildners;

8. die Vermittlung von Leitlinien;

9. häufige Evaluierungsgespräche;

10. gute Work-Life-Balance

„Ausbildung wird nur dann funktionieren, wenn diejenigen, die ausbilden, auch die Zeit dafür haben. Gibt es dafür keine Personalressourcen, wird Ausbildung nicht passieren.
Und Ausbildung kostet halt Zeit. Wir würden gern ausbilden, wenn man uns die Zeit dafür zur Verfügung stellen würde.“

Dr. Harald Mayer,
Kurienobmann angestellte Ärzte in der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2017