Periorale Dermatitis und Rosacea: Kein Kortison im Gesicht

25.02.2017 | Medizin

Während es über die Ursache der Rosacea verschiedene Theorien gibt, liegt einer perioralen Dermatitis ein Zuviel an Hautpflege zugrunde – oft ist es die Feuchtigkeitscreme bei trockener Haut. Topische Kortikosteroide sind bei der Behandlung ein No-Go; bei der leichten perioralen Dermatitis kann sogar eine Null-Therapie reichen. Von Verena Isak

Bei der Rosacea handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung im Gesicht beim Erwachsenen. Der Verlauf ist chronisch und schubhaft, und man kann zwischen verschiedenen Formen beziehungsweise Phasen unterscheiden, die sich nach dem jeweiligen Hauptsymptom richten.

Bei Grad I, der Rosacea erythematosateleangiectatica, zeigen sich zu Beginn rote Flecken und Erytheme, also Flushs, die mit der Zeit persistieren. „Ursache dafür sind Teleangiektasien, also oberflächliche Blutgefäße, die sich erweitern“, erläutert Univ. Prof. Josef Auböck vom Kepler-Universitätsklinikum Linz.

Eine weitere, bereits fortgeschrittenere Form (Grad II) ist die Rosacea papulopustulosa, bei der Papeln und Pusteln im Vordergrund stehen. Zwar kann das Erscheinungsbild dem einer Akne vulgaris ähneln, dennoch sind die beiden Krankheitsbilder klar voneinander abzugrenzen. „Bei der Akne handelt es sich um eine Erkrankung der Talgdrüsen“, sagt Univ. Prof. Beatrix Volc-Platzer vom SMZ Ost – Donauspital in Wien. Daher gehören Comedonen nicht zu den Effloreszenzen bei Rosacea.

Die typische Verteilung ist zentrofacial, also Nase und Glabella, aber auch Wangen oder Kinn. „Bei schwereren Verläufen kann auch die Brust beziehungsweise das Dekolleté betroffen sein“, sagt Auböck. Eine Sonderform der Rosacea, das Rhinophym, ist hingegen nur auf die Nase beschränkt und betrifft vor allem ältere Männer: „Durch eine Hyperplasie von Talgdrüsen kommt es zur Ausbildung von Phymata, also einer buckligen, höckrigen Nase“, erklärt Auböck. Liegt der Rosacea eine verstärkte Lymphbeteiligung zugrunde, bezeichnet man diese Form als Morbus Morbihan, bei der es zu Rötungen und Schwellungen im Gesicht kommt, unter anderem auch zu persistierenden Lid-Ödemen.

Auch die Augen können in etwa 30 bis 50 Prozent der Fälle betroffen sein. „Die Bindehaut ist durch die Teleangiektasien rot. In diesem Fall müssen Patienten auch zum Augenarzt überwiesen werden und eine systemische Therapie mit Tetracyclinen ist erforderlich“, betont Volc-Platzer.

Insgesamt beträgt die Prävalenz rund zwei bis fünf Prozent, die meisten Betroffenen sind über 80 Jahre alt. „Bei Frauen kann die Rosacea schon früh, so um das 30. bis 35. Lebensjahr beginnen, bei Männern liegt der Häufigkeitsgipfel um das 50. Lebensjahr“, weiß Auböck.

Rosacea: Ursachen multifaktoriell

Die Ursachen sind noch nicht wirklich geklärt und wahrscheinlich multifaktoriell: „Mögliche Ursachen sind ein gestörtes Immunsystem, eine neurogene beziehungsweise neuroinflammatorische Entzündung oder auch veränderte Entzündungsmechanismen sowie veränderte Blut- und Lymphgefäße“, berichtet der Experte. Dabei werden TLR 2 (toll-like receptor 2) in der Haut durch bestimmte Pathogene u.a. durch Milben aktiviert und hochreguliert, wodurch es im weiteren Verlauf zur erhöhten Bildung von proinflammatorischen Peptiden kommt. „Antiinflammatorische Defensine stehen dann nicht mehr im richtigen Verhältnis zu proinflammatorischen Faktoren“, stellt Volc-Platzer fest.

Auch UV-Strahlung hat einen negativen Einfluss: „Das Risiko steigt mit erhöhter Exposition. Hellhäutige sind mehr betroffen“, weiß der Dermatologe. Ein weiterer wichtiger Co-Faktor bei der Entstehung einer Rosacea ist „bacterial overgrowth“ der Haut. Im Vergleich zu Gesunden findet sich eine erhöhte Dichte an Demodex folliculorum-Milben. „Das spielt aber eher sekundär in späteren Phasen eine Rolle“, so Auböck weiter.

Neben UV-Strahlung gibt es noch eine Reihe weiterer Auslöser. „Die Trigger können von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein, u.a. Medikamente, bestimmte Erkrankungen oder Alkohol“, nennt Volc-Platzer einige Beispiele. Andere mögliche Reize sind Kosmetika, Seifen, Hitze beziehungsweise Kälte, Tee, Kaffee und scharfe Speisen. In diesem Fall kann ein Weglassen beziehungsweise Vermeiden der zugrundeliegenden Trigger die Symptomatik bessern.

Therapie: lokal und systemisch

Die Therapie der Rosacea setzt sich aus verschiedenen lokalen Varianten sowie einer systemischen Therapie zusammen. „Wenige Medikamente sind für Rosacea zugelassen, viele der gebräuchlichen Therapien sind off-label“, stellt Auböck fest. Zugelassene topische Therapien sind Metronidazol oder Acelainsäure, aber auch topische Antibiotika wie etwa Erythromycin oder Clindamycin können eingesetzt werden. Ergänzend können Calcineurin-Inhibitoren, die eigentlich für Neurodermitis und Ekzeme zugelassen sind, verwendet werden. „Durch die immunsuppressive Wirkung geht die Entzündung und so die Rötung zurück“, erklärt Auböck. Andere Möglichkeiten sind Ivermectin zur Reduktion der Milben oder der Alpha-2-Rezeptor-Agonist Brimonidin gegen Rötungen und Flushs.

„Bei hohem Leidensdruck kann zusätzlich eine systemische Therapie verschrieben werden“, so Auböck. Mittel der Wahl sind dabei Tetracycline, wie zum Beispiel Lymecyclin oder Doxycyclin in 40 mg Niedrigdosierung. „Diese Dosierungst ist zwar nicht antibiotisch, wirkt aber trotzdem entzündungshemmend“, erklärt er, „Die Therapie erfolgt individuell in Überwachung der Patienten. Nach einer achtwöchigen Tetracyclin-Gabe wird auf eine topische Erhaltungstherapie wie etwa Metronidazol oder Acelainsäure umgestiegen, um so ein Rezidiv hinauszuzögern.“ Besteht eine Unverträglichkeit oder Schwangerschaft kann stattdessen ein Makrolid wie zum Beispiel Erythromycin verwendet werden. Auch Retinoide eignen sich als Therapie.
 
Topische Corticosteroide hingegen sind kontraindiziert. „Cortison im Gesicht ist ein No-Go. Es kommt zu einer Steroid-Rosacea und Teleangiektasien bei Langzeitgebrauch“, betont Auböck. Das gilt auch für die periorale Dermatitis, die zwar unter topischer Cortisongabe kurzfristig verschwindet, aber in immer kürzeren Abständen wiederkommt und so zur Steroidabhängigkeit führt.

Bei der perioralen Dermatitis handelt es sich um eine akneiforme, Rosaceaartige Veränderung der Haut, die am häufigsten perioral, aber auch periokulär oder perinasal beziehungsweise in Kombination auftreten kann. Die Prävalenz ist geschlechtsabhängig. Sechs Prozent der weiblichen dermatologischen Patienten, aber nur 0,3 Prozent der männlichen dermatologischen Patienten sind betroffen. Das liegt daran, dass Frauen mehr Kosmetika als Männer benützen: „Männer holen aber auf“, stellt Auböck fest.

„Typisch ist ein kleiner weißlicher Streifen zwischen dem Lippenrot und der Dermatitis“, erklärt Auböck. Grund ist die fehlerhafte Pflege der Haut. Eine erniedrigte epidermale Barrierefunktion kann zu trockener Haut führen, die wiederum zum Spannungsgefühl und dem übermäßigen Gebrauch von Kosmetika wie etwa Feuchtigkeitscremes führt. Die daraus resultierende Quellung der Hornschicht verschlimmert wiederum die Trockenheit der Haut: „Ein Circulus vitiosus entsteht“, weiß Auböck. „Besonders schädlich sind Gesichtswasser oder Tonika, da sie nicht rückfettend beziehungsweise rückfeuchtend auf die Haut wirken“, ergänzt Volc- Platzer. „Der Haut wird zu viel Feuchtigkeit entzogen und das Mikrobiom zerstört.“ Auböck ergänzt: „Durch eine Dysbakterie bei aufgesprungener Haut kommt es zu Pusteln und Papeln.“

Die Therapie ist individuell verschieden und richtet sich sowohl nach Schwere als auch nach Leidensdruck. „Die periorale Dermatitis ist sehr dankbar zu behandeln“, meint Auböck. So kann bei einer leichten Form der perioralen Dermatitis eine sogenannte Null-Therapie bereits ausreichend sein: „Eine einfache Hautcreme, die zu je 50 Prozent aus Fett und Wasser besteht, schützt die epidermale Barriere, und die Haut kann sich selbst regenerieren.“ Wichtig ist außerdem, die auslösenden Kosmetika wegzulassen. Dermatologin Volc-Platzer: „Am besten kann eine periorale Dermatitis durch das Verzichten auf ein Overtreatment der Haut vermieden werden.“

Außerdem können topisch Acelainsäure oder ein Antibiotikum wie zum Beispiel Metronidazol, Erythromycin oder Clindamycin gegeben werden oder auch Tacrolimus beziehungsweise Pimecrolimus um das Auge herum. Auböck dazu: „Man muss ein bisschen ausprobieren, was individuell am besten wirkt.“ Bei schwereren Verläufen ist eventuell eine systemische Therapie mit Tetracyclinen erforderlich.

Zwar lässt sich die periorale Dermatitis einfach behandeln, doch „wenn bei einer Disposition zu trockener Haut wieder Feuchtigkeitscremen verwendet werden, kann auch eine Dermatitis wieder auftreten. Daher ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen Feuchtigkeitscremes und der Austrocknung der Haut zu erkennen“, betont Auböck.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2017