kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.05.2017 | Medizin

Überwicht: Insulin erhöht Krebsrisiko

Die vermehrte körpereigene Insulin-Produktion bei Übergewicht und Adipositas könnte laut Wiesbadner Forschern die Ursache für die bei diesen Personen vermehrt auftretenden Krebsfälle sein. Außerdem hängen Verlauf und Überlebenschancen bei Krebs vom Body-Mass-Index ab. So haben etwa Tumorpatienten mit sehr starkem Übergewicht (BMI über 40) ein um 50 bis 60 Prozent höheres Risiko, am Karzinom zu sterben als normalgewichtige Patienten. „Es ist bekannt, dass permanent hohe Insulinspiegel im ganzen Körper Rezeptoren aktivieren, die das Tumorwachstum fördern“, so Cornelia Jaursch-Hancke von den Deutschen Klinik für Diagnostik-Helios-Kliniken in Wiesbaden. Auch geben die Fettzellen selbst bei starkem Übergewicht anstelle von schützenden Stoffen wie Adiponectin und Visfatin eher schädliche wie Resistin frei, das Entzündungen und Insulinresistenz fördern kann. Wie die einzelnen Komponenten bei der Entstehung und dem Wachstum von Tumoren zusammenwirken, ist noch ungeklärt. Der Effekt lässt sich aber umkehren: Durch Gewichtsreduktion und Bewegung sinkt das Krebsrisiko. APA

Testosteron: kein Zusammenhang mit Haarausfall

Zwischen Sexualhormonen wie Testosteron oder Androstendion und männlichem Haarausfall gib es keinen Zusammenhang. Das konnten Wissenschafter der Universitätsmedizin Greifswald in einer der bisher größten Studien nachweisen, bei der die Daten von 373 männlichen Teilnehmern der Bevölkerungsstudie Ship-Trend in Mecklenburg-Vorpommern analysiert wurden. Die eigentliche Ursache des männlichen Haarausfalls ist nach wie vor unklar. Da weder Haardichte noch Haarwachstum in einem direkten Zusammenhang mit Testosteron stehen, gibt es verschiedene Erklärungsansätze: Neben genetischen Faktoren könnten auch das Testosteron-Folgeprodukt Dihydrotestosteron (DHT) oder Prostaglandin D2 die Ursache sein. APA/JAMA Dermatology

Burkina Faso: 4.000 Malaria-Tote 2016

Im westafrikanischen Burkina Faso sind im Jahr 2016 rund 4.000 Menschen an Malaria gestorben, davon 3.000 Kinder unter fünf Jahren. Insgesamt gab es in Vorjahr 9,8 Millionen Malaria-Infektionen. Auch heuer wurden bis Ende März bereits 680 Todesfälle durch Malaria registriert. APA

Hypothyreose: Levothyroxin bessert Symptome nicht

Die gängige Behandlung einer leichten Hypothyreose bei älteren Menschen – meist mit Levothyroxin – bessert die Symptome nicht. Das haben Forscher des Inselspitals Bern und des Universitätsspitals Lausanne herausgefunden. Das Team hat 737 ältere Personen mit leichter Unterfunktion begleitet; eine Hälfte wurde über zwei Jahre mit Placebo behandelt, die andere mit Levothyroxin. Zwar normalisierte der Wirkstoff die Schilddrüsenfunktion, die Symptome der Unterfunktion wie Müdigkeit oder Muskelschwäche verbesserten sich hingegen nicht. APA/NEJM

Nach Cochlea-Implantation: Rehabilitation maßgeblich

Mit einem bis zwei Fällen auf 1.000 Kinder sind Hörschäden häufiger als angeborene Stoffwechselerkrankungen, betonte Univ. Prof. Wolfgang Gstöttner von der Universitätsklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten der MedUni Wien kürzlich bei einem Pressegespräch in Wien. Mit Cochlea-Implantaten, die optimalerweise spätestens bis zum zwölften Lebensmonat implantiert werden, kann ein möglichst normaler Spracherwerb gewährleistet werden. Entscheidend für den Erfolg ist jedoch die Rehabilitation. Das in Innsbruck ansässige Unternehmen MED-EL hat in Wien ein Zentrum für ambulante Rehabilitation gegründet, in dem ab Juni zwei Logopädinnen mit Kassenvertrag tätig sein werden.

Hirnstimulation steigert ehrliches Verhalten

Ehrliches Verhalten und Moral können durch gezielte Hirnstimulation verstärkt werden. Das zeigt eine Studie von Wissenschaftern der Universität Zürich, die in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Boston und Chicago durchgeführt wurde. 145 Menschen nahmen an einem Würfelspiel teil, bei dem sie ihren Gewinn durch falsche Angabe der Augenzahl steigern konnten. Die Probanden logen weniger, wenn die Forscher den rechten dorsolateralen präfrontalen Kortex mittels transkranieller Gleichstromstimulation stimulierten. Bei notorischen Lügnern hatte die Stimulation keine Wirkung, ebenso bei Entscheidungen ohne moralische Aspekte oder bei Konflikten zwischen zwei moralischen Motiven. Die Studie wirft laut den Forschern die Frage auf, ob und inwiefern Ehrlichkeit auf biologischer Veranlagung beruht. APA/PNAS

Ältere Bakterien aktiver gegen Antibiotika

Je älter Bakterien sind, desto aktiver gehen sie gegen Antibiotika vor, wie Forscher um Calin Guet vom Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg festgestellt haben. Wenn sich stäbchenförmige Bakterien wie E.coli in die Zellpole „Mutterzelle“ und „Tochterzelle“ teilen, finden sich in der Membran der älteren „Mutterzelle“ mehr Pumpen (vom Typ AcrAB-TolC), die für Bakterien schädliche Substanzen wie Antibiotika schnell wieder hinaustransportieren. Dadurch können sich ältere Zellen bei moderaten Dosen von Antibiotika viel besser vermehren als junge. APA/Science

PaVK: zu viele Amputationen

In Österreich erfolgen jährlich rund 6.000 Amputationen bei Menschen, die an Diabetes mellitus und einer PaVK leiden. Diese – von Deutschland auf Österreich umgelegte – Zahlen präsentierte Univ. Prof. Gerit Holger Schernthaner, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Internistische Angiologie, kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien. Mit der steigenden Zahl von Patienten mit Diabetes mellitus würden auch die Kosten für das Gesundheitssystem massiv ansteigen. „Das Bein zu erhalten kostet viel weniger als Prothetik-Rehabilitation“, ergänzte Univ. Prof. Thomas Hölzenbein, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gefäßchirurg. Daher fordern die Experten bei Patienten, die an Diabetes mellitus leiden, und bei denen der Verdacht auf Durchblutungsprobleme besteht, eine raschere Abklärung und Revaskularisierung nach neuesten chirurgischen und interventionellen Methoden ebenso den Zugang zu neuen Medikamenten. Mehr als die Hälfte der Amputationen könnte mit diesen Maßnahmen verhindert werden.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2017