kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.09.2017 | Medizin

Noradrenalin steigert Erinnerungsvermögen

Forscher der Uni Basel haben mit internationalen Kollegen an Ratten untersucht, warum emotionale Ereignisse länger im Gedächtnis bleiben; ebenso auch, welchen Stellenwert Noradrenalin dabei hat, das Gene im Hippocampus steuert, die für das Gedächtnis wichtig sind. Bei einerGruppe Ratten wurde künstlich die Menge Noradrenalin erhöht; die andere erhielt ein Placebo. Zwei Tage nach einem Lerntest erinnerten sich alle Tiere gleich gut; nach 28 Tagen erinnerten sich die mit Noradrenalin behandelten Ratten deutlich besser an Details. Wurde die Aktivität des Hippocampus gehemmt, erinnerten sie sich schlechter. Die Forscher schließen daraus, dass Noradrenalin dafür sorgt, dass der Hippocampus in der Gedächtnisfestigung involviert bleibt. Details von Erinnerungen gehen verloren, wenn sie vom Hippocampus auf Nervenzellnetzwerke in der Hirnrinde übertragen werden; bleibt der Hippocampus durch Noradrenalin involviert, passiert das nicht.
APA/PNAS


Schizophrenie beeinträchtigt Körperbewusstsein nicht

Ein internationales Forscherteam unter Leitung der ETH Lausanne hat in einer Studie das Körperbewusstsein von 59 Schizophrenie-Patienten mit dem von 30 gesunden Probanden verglichen. Das Team um Albulena Shaqiri und Michael Herzog hat beiden Gruppen dem „Full-body-Illusion“-Test unterzogen. Dabei werden Probanden an einem Körperteil berührt, während sie über eine „Virtual Reality“-Brille die Berührung an einem virtuellen Körper sehen. Durch lang anhaltende Stimulation mehrerer Sinne wird das Gefühl der Körperzugehörigkeit ausgetrickst. Läuft die Berührung synchron ab – werden etwa beide Körper am Rücken gestreichelt – haben Probanden ein verstärktes Gefühl der Körperzugehörigkeit. Ist die Berührung nicht simultan, entsteht das Gefühl nicht. Ergebnis der Studie: Menschen, die an Schizophrenie leiden und gesunde Probanden schnitten gleich ab. Bisher ist man davon ausgegangen, dass Schizophrenie-Patienten ein gestörtes Körperbewusstsein haben, weil auch ihre Handlungswahrnehmung oft gestört ist.
APA/Schizophrenia Bulletin


Ependymom: Telomerase dient Klassifizierung

Eine Studie von Johannes Gojo von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien mit dem Comprehensive Cancer Center (CCC) hat untersucht, ob sich das Enzym Telomerase als Biomarker bei Ependymomen eignet. Aufgrund ihrer molekularbiologischen Eigenschaften lassen sich Ependymome in mehrere Subgruppen mit unterschiedlichen Prognosen einteilen. Die Telomerase war vor allem in jener Subgruppe von Ependymomen reaktiviert, die einen besonders aggressiven Verlauf aufwiesen. Telomerase verlängert die Telomer-Schutzkappen der Chromosomen und wirkt der Zellalterung entgegen.
APA/Neuro-Oncology

Diazepam gegen soziale Ängstlichkeit

Im Rahmen einer Studie der ETH Lausanne wurde im Tierversuch erforscht, ob und wie Diazepam gegen soziale Ängstlichkeit wirken kann. Hochgradig und mittel-ängstliche Ratten, die niedrig dosiertes Diazepam erhielten, konnten sich sozial besser behaupten. Bei Tieren mit nur geringen Angstsymptomen hingegen steigerte die Behandlung die soziale Wettbewerbsfähigkeit nicht weiter. Das Team um Carmen Sandi hat auch den Wirkmechanismus geklärt: Diazepam erhöht die Kommunikation zwischen zwei Hirnarealen, die an der Verarbeitung von Motivation und Belohnung beteiligt sind. Durch eine biochemische Kettenreaktion wird die Energieproduktion in den Nervenzellen dieser Hirnareale erhöht. Die für die Forscher wichtigste Erkenntnis: Mitochondrien könnten damit ein vielversprechendes Ziel für die Therapie von Angst-bedingten sozialen Funktionsstörungen sein.
APA/Molecular Psychiatry

Myokardinfarkt: erhöhtes Troponin, höheres Risiko

Forscher der MedUni Innsbruck um Priv. Doz. Peter Willeit haben in einer Meta-Studie den Zusammenhang zwischen dem Troponin-Spiegel und einem späteren kardiovaskulären Ereignis untersucht. Anhand der Daten von insgesamt 154.052 Probanden zeigte sich, dass schon ein leicht erhöhter Troponin-Spiegel – auch noch innerhalb des „Normalbereichs“ – unabhängig von anderen Risikoparametern mit einem späteren kardiovaskulären Ereignis zusammenhängt. Willeit dazu: „In jenem Drittel der Probanden, in dem der Troponin-Spiegel am höchsten lag, war das Risiko, eine Herzkreislauferkrankung zu erleiden, um immerhin 43 Prozent erhöht.“ Der nun bestätigte Zusammenhang von einem moderat erhöhten Troponin-Spiegel bei scheinbar Gesunden und dem Auftreten einer Herz-Kreislauf Erkrankung könnte künftig für eine bessere Prognose und gezielte Prävention von Nutzen sein.
APA/Journal of the American College of Cardiology

Monoklonaler Antikörper gegen Colitis ulcerosa

Internationale Forscher unter Beteiligung von Univ. Prof. Walter Reinisch von der MedUni Wien haben einen neuen Therapieansatz für Patienten mit Colitis ulcerosa untersucht. 357 Colitis ulcerosa-Patienten erhielten über drei Monate hinweg einmal im Monat eine Placebo Injektion oder einen monoklonalen Antikörper gegen das Zell-Adhäsionsmolekül MAdCAM in vier unterschiedlichen Dosierungen. Immunzellen docken an MAdCAM an und fördern die Entzündungsreaktion im Rahmen der Colitis. Während unter Placebo nur bei 2,7 Prozent der Betroffenen die Erkrankung verschwand, waren es bei den mit dem MAdCAM-Antikörper Behandelten knapp 17 bis 24 Prozent. Die besten Ergebnisse wurden mit der zweitniedrigsten Dosis des Medikaments (22,5 Milligramm) erzielt.
APA/The Lancet

Tiere am Bauernhof schützen vor Asthma

Schweizer Forscher haben die Antikörper-Konzentration und das Vorkommen von Asthma bei mehr als 1.000 Kindern verglichen. Sie fanden heraus, dass Bauernkinder mehr Antikörper gegen das Molekül N-Glykolylneuraminsäure (Neu5Gc) aufwiesen – und wesentlich seltener an Asthma litten. Neu5Gc kommt in Tieren vor; Bauernkinder kommen durch den Kontakt mit Tieren vermehrt damit in Berührung. Ob Neu5Gc den Schutzeffekt verursacht, testeten die Forscher an Mäusen, die an Asthma litten: Erhielten sie mit der Nahrung Neu5Gc, verbesserte sich die Lungenfunktion und die Asthma-Symptome nahmen ab. Analysen des Bluts ergaben, dass Neu5Gc offenbar eine antientzündliche Reaktion des Immunsystems durch regulatorische T-Zellen anstößt.
APA/Journal of Allergy and Clinical Immunology


Medikamente: Molekül verlängert Halbwertszeit

Schweizer Wissenschafter von der ETH Lausanne haben einen Liganden entwickelt, mit dem die Halbwertszeit von Insulin oder auch Oxytocin erhöht werden könnte. Der neue Ligand ist eine Chimäre aus Fettsäure- und Proteinelementen und vereint gute Löslichkeit und eine hohe Affinität für Albumin. Im Tierversuch konnte damit die Halbwertszeit von verschiedenen bioaktiven Proteinen um mehr als das 25-Fache verlängert werden.
APA/Nature Communications

Fettreiche Mahlzeit fördert Typ 2-Diabetes

In einem Mensch-Maus-Versuch haben deutsche Forscher untersucht, wie fettreiches Essen das Risiko von Typ 2-Diabetes beeinflusst. Gesunde schlanke Männer mussten nach dem Zufallsprinzip einmal ein Palmöl-Getränk, ein anderes Mal ein Glas mit klarem Wasser als Kontrollexperiment trinken. Das Palmöl-Getränk enthielt eine ähnliche Menge an gesättigtem Fett wie zwei Cheeseburger mit Speck und eine große Portion Pommes frites. Auch die Mäuse erhielten Palmöl. Ergebnis: Bereits eine fettreiche Mahlzeit verändert Stoffwechselabläufe so, dass sie eine Insulinresistenz hervorrufen und die Entstehung von Typ 2-Diabetes fördern können. Auch der Fettgehalt der Leber erhöhte sich. Im Mausmodell wurde außerdem nachgewiesen, dass die Gabe von Palmöl die Expression von Genen verändert, die entzündliche und schützende Stoffwechselwege regulieren.
APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2017