kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.11.2017 | Medizin


Malaria: Schlüsselmolekül für Übertragung

Schweizer Forscher haben untersucht, wie der Malaria-Erreger sicherstellt, dass er weiter übertragen werden kann. Wenn es dem Infizierten schlecht geht, wechselt der Erreger von einem Vermehrungs- in ein Übertragungs-Stadium. Ein Team um Nicolas Brancucci vom Schweizer Tropenund Public Health-Institut (Swiss TPH) hat mit internationalen Kollegen dafür ein Schlüsselmolekül entdeckt. Das vom Menschen produzierte Lysophosphatidylcholin verrät dem Erreger, wie groß die Anzahl der Parasiten im Blut und wie schlecht der Zustand des Betroffenen ist. LPC hilft nämlich dem Parasiten, sich zu vermehren; vermehrt er sich stark, sinkt die LPC-Konzentration im Blut und der Erreger erkennt, dass er ins Übertragungs-Stadium übergehen muss. „Zum ersten Mal überhaupt konnten wir beweisen, dass der Malariaparasit im menschlichen Körper nicht ein festes Programm abwickelt, sondern flexibel auf die Umwelteinflüsse reagiert“, so Brancucci. Die Erkenntnis liefert einen Angriffspunkt für neue Therapien, um die Übertragung zu stoppen. APA/Cell


Genmutation lässt Amish länger leben

US-amerikanische Wissenschafter haben 177 Mitglieder Bundesstaat Indiana untersucht und entdeckt, dass eine Genmutation manche von ihnen zehn Jahre länger leben lässt. Das Team um Douglas Vaughan von der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago fand bei 43 Amish eine mutierte Kopie des Gens Serpine1. Jene Probanden mit dem mutierten Gen wurden im Durchschnitt 85 Jahre alt, Amish ohne Gen-Kopie 75 Jahre. Zudem hatten die Träger des mutierten Gens seltener Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass das mutierte Gen die Produktion des Proteins PAI-1 reduziert, das laut Tierversuchen Einfluss auf den Alterungsprozess haben soll. Die Forscher wollen nun ein Medikament entwickeln, das den Effekt der Genveränderung imitieren soll; erste Tests gab es bereits in Japan. Mäuse, die mit dem Medikament behandelt wurden, lebten viermal so lange wie eine Testgruppe. APA/Science Advances


Langer Aufenthalt im All verändert Gehirn

In einer von der US-Weltraumagentur NASA finanzierten Studie wurde untersucht, wie sich längere Aufenthalte im Weltall auf das Gehirn auswirken. Die NASA hatte beobachtet, dass Astronauten, die von der Internationalen Raumstation ISS zurückkehrten, häufig von Sehstörungen und Kopfschmerzen berichteten. Nun haben Forscher um Moritz Albrecht vom Universitätsklinikum Frankfurt MRT-Scans von 34 Astronauten vor und nach deren Weltraum-Aufenthalt verglichen. Sie stellten bereits nach wenigen Monaten im All gravierende Veränderungen im Gehirn fest: das Gehirn hatte sich nach oben verschoben, die Zentralfurche und die Hirnwasser-leitenden Zisternen des Subarachnoidalraums hatten sich verengt. Da sich diese Veränderungen nach kurzen Aufenthalten im All selten bis gar nicht zeigten, sind sie durch die Aufenthaltsdauer bedingt. In der Schwerelosigkeit werden im Gehirn vor allem jene Regionen beeinträchtigt, die für Koordination, Wahrnehmung und Interaktion nötig sind. Ob sich diese Veränderungen des Gehirns nach einiger Zeit wieder zurückbilden oder irreversibel sind, müssen nun weitere Studien zeigen. Die Erkenntnis stellt nicht nur Mars-Missionen infrage, die aufgrund der Entfernung mit aktueller Raumfahrttechnologie mindestens zwei Jahre dauern; auch längere Mondreisen sind Herausforderungen. APA/NEJM


Lungenkarzinom: RANK/RANKL als Therapieansatz

Forscher des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien um dessen Direktor Josef Penninger haben mit internationalen Kollegen einen Zusammenhang zwischen weiblichen Sexualhormonen und Lungenkrebs aufgeklärt. Das RANK/RANKL-System, das etwa auch bei Mammakarzinomen eine Rolle spielt, erwies sich auch bei der Entstehung von Lungenkarzinomen als „wesentlicher Player“. Bei Mäusen und Menschen mit Adenokarzinom stellte sich heraus, dass der bekannte RANK/RANKL-Signalweg in den Krebszellen aktiv ist und rasches Tumorwachstum begünstigt wird. Dabei wirke RANK/RANKL als eine Art „Verstärker“. Blockierten die Forscher RANK durch die Gabe von Denosumab, konnte ein Fortschreiten der Krankheit signifikant verzögert werden.
APA/Genes and Development

Gestationsdiabetes: Schutzmechanismus entdeckt

Wissenschafter um Christian Wadsack von MedUni Graz haben untersucht,wie das Fettstoffwechsel-Enzym Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2 (LpPLA2) im Mutterleib auf das Ungeborene wirkt. Weil LpPLA2 in Makrophagen produziert wird, haben die Forscher solche Zellen aus der Plazenta von Frauen mit und ohne Gestationsdiabetes isoliert und kultiviert. „Dabei zeigte sich, dass Zellen von diabetischen Plazenten mehr LpPLA2-Enzymaktivität aufwiesen“, so Wadsack. Wurden die Zellen der Plazenten von Frauen mit Diabetes mit Reizen stimuliert, wie sie in einer entzündlichen, diabetischen Mikro-Umgebung vorkommen, wurde die Enzymaktivität durch einen hohen Insulinspiegel und hohe Konzentrationen an entzündungsfördernden Botenstoffen verstärkt. Reduzierte Enzymaktivität wurde registriert, wenn die Zellen entzündungshemmenden Botenstoffen ausgesetzt waren. Eine weitere Untersuchung hat gezeigt, dass die LpPLA2-Aktivität auch bei Neugeborenen von Müttern mit Gestationsdiabetes erhöht war. Weitere Tests mit HDLund LDL-gebundenem LdPLA2 haben gezeigt, dass die HDL-gebundene LpPLA2 zumindest im Neugeborenen antiinflammatorisch und protektiv wirkt.
APA/Nature Scientific Reports


Tablette meldet ihre Einnahme

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat eine neuartige Tablette zugelassen, die dank eines eingebauten Sensors meldet, ob sie korrekt eingenommenwurde. Sie ist vor allem für Patienten mit psychischen Erkrankungen gedacht. Der Sensor sendet ein Signal aus, wenn die Tablette mit der Magenflüssigkeit in Kontakt kommt. Ein Empfänger, der mit einem Pflaster auf dem Brustkorb des Patienten angebracht ist, sendet eine Nachricht an eine App. APA

USA senkt Richtwert für Hypertonie

Experten der American Heart Association haben den Grenzwert für die Behandlung von Hypertonie in den USA herabgesetzt: als systolischer Grenzwert gilt nun 130 mmHg, als diastolischer 80 – anstatt bisher 140/90 mmHg. Mit den neuen Richtlinien würde anerkannt, dass schon „bei diesen niedrigeren Werten“ Komplikationen auftreten könnten. Nach den neuen Richtwerten ist fast die Hälfte der US-Bevölkerung von Hypertonie betroffen; zuvor waren es 32 Prozent. APA


Keine Empfehlung für Allergietests aus Internet

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat zehn Allergietests aus dem Internet vom Floridsdorfer Allergiezentrum (FAZ) in Wien testen lassen; sie wurden von jeweils zehn Personen angewandt. Ergebnis: Für keinen einzigen Test konnte eine Empfehlung ausgesprochen werden. Sechs Produkte lieferten derart schlechte Ergebnisse, dass man gesundheitliche Probleme riskiere, wenn man den Testergebnissen folgt. APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2017