kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.04.2017 | Medizin

FSME: nur jedes dritte Kleinkind geimpft

Obwohl die allgemeine FSME-Durchimpfungsrate in Österreich mit 83 Prozent sehr gut ist, ist sie bei Kindern unter drei Jahren mit nur 35 Prozent „definitiv zu gering“, warnt ÖÄK-Impfreferent Rudolf Schmitzberger. Ab dem Schulalter steigen die Raten aufgrund der Schulimpfungen wieder an. Waren 2009/2010 noch wenige Kinder unter den FSME bedingten Hospitalisierungen, stieg die Zahl seit dem Rückgang der Durchimpfungsrate in dieser Altersgruppe kontinuierlich an. Insgesamt schwankt die Zahl der FSME-Fälle in Österreich von Jahr zu Jahr: im Vergleich zu 2015 (71 Fälle) wurden 2016 aber mehr Erkrankungen – nämlich 89 Fälle – registriert. Häufig sind Personen über 30 Jahren betroffen, weil die Auffrischung oft nicht rechtzeitig oder gar nicht erfolgt. Schmitzberger appelliert einmal mehr: „Impfintervalle und Auffrischungsimpfungen müssen beachtet werden. Ist man korrekt geimpft, wirkt die FSME-Impfung nahezu zu 100 Prozent.“ Im Rahmen der FSME-Impfaktion sind die Impfstoffe bis 31. August 2017 wieder vergünstigt in den Apotheken erhältlich: um Euro 30,30 (Kinder) sowie Euro 34,80 (Erwachsene); zusätzlich wird der Zuschuss der jeweiligen Krankenkasse abgezogen. MH

Modell für Malaria-Erreger ermöglicht neues Medikamentendesign

Am Computer haben Wissenschafter um Vassily Hatzimanikatis von der ETH Lausanne zusammen mit Kollegen aus Genf und Bern den gesamten Stoffwechsel von Plasmodium falciparum simuliert. Dabei wurden experimentelle Daten aus genetischen Studien und Ergebnisse von Stoffwechseluntersuchungen des Parasiten verknüpft. So konnten die Wissenschafter ermitteln, welche Gene für die biologische Funktion des Plasmodiums unabdingbar sind. Nun soll das Modell mit zusätzlichen Daten weiter verbessert werden. Ziel ist es, die Wechselwirkungen von Parasit und Wirt besser zu verstehen, um die Grundlage für neue Medikamente zu schaffen. APA/PLOS Computational Biology

Neuroglobin-Infusion gegen Kohlenmonoxid-Vergiftung

Neben Hämoglobin und Myoglobin dürfte auch Neuroglobin bei der Blutversorgung im Gehirn eine Rolle spielen. Zwar ist die Bindungskraft von Kohlenmonoxid an Hämoglobin 300 Mal stärker als jene von Sauerstoff, die gentechnische Variante von Neuroglobin Nrg-H64Q-CCC besitzt jedoch eine 500-fach höhere Affinität zu Kohlenmonoxid als zu Hämoglobin. Sie kann als Infusion verabreicht werden. Im Labor konnten Wissenschafter an roten Blutkörperchen durch Beigabe der gentechnischen Nrg-Variante die Halbwertszeit der Elimination von Kohlenmonoxid von 500 Minuten bei Zufuhr von Sauerstoff auf weniger als eine Minute reduzieren. Nun müssen klinische Studien an Probanden folgen. APA

Gliom: Podoplanin als Thrombose-Marker

In Gewebeproben von 213 Patienten mit einem Gehirntumor (überwiegend Gliome) fand sich das Protein Podoplanin. Laut den Studienleitern Julia Riedl und Cihan Ay von der Universitätsklinik für Innere Medizin I am Wiener AKH ist die vermehrte Bildung von Podoplanin als starker Hinweis für das Auftreten von venösen Thromboembolien zu werten. Das Risiko für eine venöse Thromboembolie war bei den Betroffenen über einen Beobachtungszeitraum von zwei Jahren um das Sechsfache erhöht. APA/Blood

Propionibacterium acnes: Ursache für lymphozytäre Gastritis

Der aus Spanien stammenden Forscherin Ana Montalban-Arques aus dem Grazer Doktoratskolleg MOLIN (Molecular Fundamentals of Inflammation) ist es an der MedUni Graz gelungen, Propionibacterium acnes als Ursache für die lymphozytäre Gastritits zu identifizieren. Auch den zugrundeliegenden immunologischen Mechanismus hat sie im Rahmen ihrer Dissertation identifiziert: Die vom Bakterium produzierte Propionsäure löst einen angeborenen Immunmechanismus aus. Die Aktivierung des sogenannten NKG2D-Systems im Magen führt zur Ausschüttung von zytotoxischen T-Zellen, die als Immunantwort das Magengewebe angreifen. Im Rahmen der Studie wurde auch erkannt, dass das NKG2D-System gegen H. pylori offenbar nicht auf die gleiche Weise aktiv wird. Vermutlich wird das System – so die Grazer Forscher – spezifisch moduliert und damit eine Immunstimulation umgangen; deswegen erfolgt auch keine Aktivierung von T-Zellen. Montalban-Arques wurde für ihre Forschungsergebnisse mit dem Hans-Popper-Preis der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie ausgezeichnet. APA/Journal of Pathology

Diabetes mellitus: neuer Biomarker als Prädiktor

Im Rahmen einer europaweiten öffentlich-privaten Zusammenarbeit haben zwei internationale Forscherteams neue Bio-Marker entdeckt, mit denen man Typ 2-Diabetes Jahre vor dem Ausbruch vorhersagen kann. Ein Forscherteam um Mark Ibberson vom Schweizer Institut für Bioinformatik entdeckte zunächst bei Mäusen und dann in menschlichen Beta-Zelllinien, dass das Gen Elovl2 eine Rolle bei der Insulinsekretion spielt. Lässt die Aktivität dieses Gens nach, sinkt auch die Insulinsekretion. Ein reduzierter Level an Elovl2 könnte als Anzeichen für ein Versagen der Blutzucker Regulation dienen. Parallel dazu entdeckte ein Team von Wissenschaftern um Bernard Thorens von der Uni Lausanne und Leonore Wigger vom Schweizer Institut für Bioinformatik Lipide, die sich ebenfalls für die Früherkennung eignen. Daten aus zwei großen Kohortenstudien aus der Schweiz und Frankreich zeigten, dass diese Dihydroceramide bei späteren Typ 2-Patienten systematisch erhöht waren – und zwar bis zu neun Jahre vor Ausbruch der Erkrankung. APA/Molecular Metabolism; Cell Reports

Brasilien: Zika-Fälle gehen dramatisch zurück

Wie das brasilianische Gesundheitsministerium mitteilte, hat sich die Zahl der Zika- Fälle um mehr als 95 Prozent reduziert. Gab es in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 1.653 Infektionen, wurden im gleichen Zeitraum des Vorjahres 30.683 Zika-Fälle gemeldet. Aktuell handelt es sich in 30 bestätigten Fällen um schwangere Frauen. Der Hauptgrund für den Rückgang könnte sein, dass sich Personen, die sich einmal infiziert haben – im Lauf der Epidemie war es eine Million Menschen – nach Erkenntnissen der Forscher nicht neuerlich anstecken können. APA

Befruchtung mit Erbgut von drei Menschen

Experten der Universität Newcastle haben eine neue Methode entwickelt, bei der gestörte Mitochondrien der Mutter durch Mitochondrien eines Spenders ersetzt werden. Nachdem die Behörde für Befruchtung und Embryologie die Methode bereits im Dezember 2016 in Großbritannien als erstem Land weltweit zugelassen hat, werden demnächst 25 Frauen auf diese Weise behandelt. APA

Tuberkulose: mehr Erkrankungen

Im Vorjahr ist es in Österreich zu einem leichten Anstieg der Tuberkulose-Erkrankungen gekommen; insgesamt wurden 583 Fälle gemeldet. 2016 gab es laut vorläufigen Daten 644 gemeldete Fälle; davon waren 14 Fälle multiresistent. Bei jedem Fall erfolgt eine genotypische Abklärung zur Grenz-überschreitenden Ausbruchsabklärung sowie Infektkettenverfolgung. APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2017