kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.11.2017 | Medizin


Alkohol begünstigt Kokainsucht

Forscher der Columbia University in New York (USA) um Medizin-Nobelpreisträger Eric Kandel haben untersucht, ob der Konsum von Alkohol eine Kokainsucht begünstigt. Sie boten Ratten Kokain an; eine Gruppe hatte zehn Tage zuvor Zugriff auf Alkohol, eine andere nicht. Eine weitere Gruppe hatte gleichzeitig Zugang zu beiden Drogen. Jene Ratten, die im Vorfeld Alkohol konsumiert hatten, entwickelten viel stärker ein Suchtähnliches Verhalten und ließen sich von negativen Konsequenzen – im Tierversuch ein moderater Stromschlag – nicht vom Konsum abhalten. Die Forscher fanden auch eine biologisch Ursache: Durch langfristigen Alkoholkonsum werden im Nucleus accumbens (für das Belohnungslernen zuständig) zwei Eiweißstoffe (Hdac4 und Hdac5) abgebaut. Dadurch kann Kokain Gene im Belohnungszentrum anschalten und dieses aktivieren. Umgekehrt verleitete der Kokainkonsum die Ratten nicht dazu, mehr Alkohol zu trinken, sondern reduzierte ihr Verlangen sogar. APA/Science Advances

Lepra-Impfung: bald Tests an Menschen

Weil eine Kandidat-Vakzine gegen Lepra erfolgreich an Gürteltieren getestet wurde, wurde sie für klinische Studien am Menschen freigegeben. Gürteltiere sind als eines von wenigen Tieren Träger des Lepra-Erregers. Die Forschung war von 15 weltweit tätigen Lepra-Hilfsorganisationen finanziert worden. Seit 2016 wurden fast 215.000 Lepra-Fälle registriert – vor allem in Indien, Afrika und Brasilien. APA

Legasthenie: Augen als Ursache?

Forscher der Universität Rennes (Frankreich) haben nach der Ursache für Legasthenie geforscht und herausgefunden, dass die lichtverarbeitenden Zellen im Auge entscheidend sein könnten. Bei Legasthenikern sind sie in beiden Augen symmetrisch angeordnet, bei anderen asymmetrisch. Die symmetrische Anordnung der Zellen könnte zu „gespiegelten“ Bildern im Gehirn führen, so die Autoren Guy Ropars und Albert le Floch. Bei Nicht-Legasthenikern würden die Signale eines Auges von denen des anderen überlagert, so dass im Gehirn ein einheitliches Bild entstehe. Die Forscher testeten auch eine mögliche Behandlung mittels LED-Lampe: Durch ein schnelles Flackern „löschte“ sie eines der von den Augen ans Hirn gemeldeten Bilder. Ob die Methode tatsächlich funktioniert, müssen weitere Tests bestätigen. APA/Proceedings of the Royal Society B


Salmonellen gegen Krebs?

Deutsche Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig haben einen Salmonellenstamm genetisch so manipuliert, dass er Tumore bekämpfen kann. Unter anderem schränkten sie die Mobilität des Erregers ein und machten ihn für das Immunsystem sichtbarer. Dadurch erreichten sie, dass er nur eine harmlose Infektion auslöst und dennoch das Immunsystem stark genug aktiviert, um Tumore zu bekämpfen. Ein nächster Schritt sind nun klinische Studien. APA/OncoImmunology

Europäische HIV- und Hepatitis-Testwoche

Von 17. bis 24. November findet unter dem Motto „Testen.Behandeln. Vorbeugen“ auch heuer wieder die „Europäische HIV- und Hepatitis- Testwoche“ statt. Ziel der Initiative ist es, vermehrt Bewusstsein zu schaffen, adäquate Beratung prä- und postexpositionell anzubieten, die Öffentlichkeit über die beiden Erkrankungen, deren Prävention und Infektionsrisiken sowie Test-Möglichkeiten zu informieren. Weitere Informationen unter www.testwoche.net

Herz-OP: Risiko am Nachmittag geringer

Ein Team der Universitätsklinik in Lille (Frankreich) hat bei Herz-Operationen den Zusammenhang zwischen Tageszeit und Komplikationsrisiko untersucht. Rund 600 Patienten wurden dafür beobachtet. Demnach ist das Risiko von schweren Komplikationen mit 9,4 Prozent bei Operationen am Nachmittag nur halb so groß wie in der Früh (18,1 Prozent). Ursache: der Biorhythmus. In der Früh tritt ein Protein namens Rev-erb alpha verstärkt im Körper auf, von dem man aus Versuchen mit Mäusen weiß, dass es dafür verantwortlich ist, dass der Körper Ischämien schlechter verarbeiten kann und es häufiger zu Komplikationen wie etwa zu einem Insult kommen kann. Um die Ergebnisse zu bestätigen, sind weitere Untersuchungen nötig. APA/The Lancet


Durch Sport zehn Jahre jünger

Forscher des Karlsruher Instituts für Sport und Sportwissenschaft des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben in einer Langzeitstudie die Auswirkungen von Sport auf die Gesundheit untersucht. Seit 1992 werden im Kreis Karlsruhe rund 500 Frauen und Männer zwischen 35 und mittlerweile 80 Jahren begleitet und auf Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer oder Feinmotorik getestet. Außerdem werden u.a. Blut- und Körperfettwerte sowie das seelische Wohlbefinden ermittelt. Ergebnis: Sportlich aktive Menschen sind motorisch gesehen im Schnitt zehn Jahre jünger als Inaktive. Außerdem erkranken Menschen, die weniger als zweieinhalb Stunden pro Woche sportlich aktiv sind, etwa viermal so häufig an Diabetes mellitus. APA

Leucht-Pyjama gegen Icterus neonatorum

Schweizer Forscher von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa haben nach einer neuen Behandlungsmöglichkeit für Neugeborene mit einem Ikterus gesucht. Sie entwickelten einen Baby-Pyjama, der durch eingewebte optische Fasern und eingebaute LEDs blau leuchtet. Das Gewebe kann auch so produziert werden, dass das Licht nur nach innen strahlt, damit die Augen des Säuglings nicht mehr vor dem Blaulicht geschützt werden müssen. Beim Baby-Pyjama handelt es sich um einen Prototyp; für den praktischen Gebrauch müsste die Lichtstärke noch erhöht werden. APA/Biomedical Optics Express

Knorpelregeneration: Stammzellen sind Auslöser

Sind es die Stammzellen, die bei der entsprechenden Therapie geschädigtes Knorpelgewebe heilen oder regen sie zur Heilung an? Dieser Frage sind Forscher der Veterinärmedizinischen Universität Wien um Reinhold Erben nachgegangen. Sie nutzten dazu ein von ihnen neu entwickeltes Modellsystem. Damit konnte erstmals die sonst übliche Immunreaktion des Empfängers auf ein Trackingmolekül verhindert werden, das für die Nachverfolgung der injizierten Zellen notwendig ist. Das neue Tiermodell zeigt normale Immunreaktionen, ist aber tolerant gegenüber dem Trackingmolekül. Die Forscher konnten zeigen, dass die mesenchymalen Stammzellen nach ihrer Injektion nicht selbst die Regeneration vorantreiben, sondern die körpereigenen Zellen anregen, das geschädigte Knorpelgewebe zu heilen. APA/JCI-Insight

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2017