Standpunkt – Vize-Präs. Johannes Steinhart: Versprochen und gebrochen

25.03.2016 | Standpunkt

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Jeden Versuch, die Hausarzt-zentrierte Versorgung zu zerstören, werden wir nicht zulassen und mit allen demokratischen Mitteln bekämpfen“ – Das habe ich im Jahr 2014 gesagt, als der Erstentwurf eines Primär-Versorgungs-Konzepts des Ministeriums bekannt wurde. Und dazu stehe ich auch heute.

Das Gesundheitsministerium wollte damals überfallsartig den Gesamtvertrag und somit auch den Hausarzt abschaffen. In langwierigen Verhandlungen konnten wir das schließlich abwenden; herausgekommen ist ein Konsens unter dem Titel „Team rund um den Hausarzt“. Dieser wurde schließlich in der Bundeszielsteuerungskommission von Bund, Ländern und Sozialversicherung einstimmig beschlossen.

Das alles gilt offenbar nicht mehr. Vor kurzem hat uns das Ministerium einen Entwurf vorgelegt, wie künftig die Primärversorgung in Österreich aussehen soll. Abgesehen davon, dass man von uns gleich zu Beginn die Zusicherung wollte, dass Stillschweigen über die Verhandlungen vereinbart wird – unsere schlimmsten Befürchtungen sind leider wahr geworden.

Wenn all das so kommt wie im vorliegenden Entwurf, bleibt bei der Versorgung im niedergelassenen Bereich kein Stein auf dem anderen:

  • Künftig soll es Direktverträge zwischen den Kassen und den einzelnen PHC-Zentren geben – unter Umgehung der Ärztekammer. Statt Einzelvertrag heißt es also künftig Direktvertrag, den jedes PHC-Zentrum mit dem übermächtigen Partner Sozialversicherung ausverhandeln muss.
  • Die Planung soll im Regionalen Strukturplan Gesundheit erfolgen; damit ist die Ärztekammer künftig bei der Stellenplanung nicht mehr eingebunden.

Das hat Konsequenzen: Es ist davon auszugehen, dass auf die Zentren massiver Druck ausgeübt werden wird, Leistungen billiger anzubieten, was unweigerlich Dumping zur Folge haben wird. Die jetzt tätigen Hausärzte werden dadurch noch mehr unter Druck geraten.

Wenn die Kassen künftig direkt mit einzelnen PHC-Zentren verhandeln, wird das bestehende System sukzessive ausgehöhlt. Das Interesse der Sozialversicherung, Geld in das jetzige System zu investieren, wird enden wollend sein. Großes Interesse wird es hingegen von Seiten großer Konzerne und Investoren geben, solche PHC-Zentren zu übernehmen und Gewinn-Maximierung zu betreiben.

Mit der Umsetzung dieser Ministeriums-Pläne wäre die Sozialpartnerschaft zwischen Ärztekammer und Sozialversicherung de facto beendet. Diese einseitige Beendigung des Kollektivvertrags ist für uns inakzeptabel. Die 2014 getroffene Vereinbarung „Team rund um den Hausarzt“ ist offensichtlich das Papier nicht wert, auf dem sie steht.

Eines muss allen Beteiligten aber klar sein: Wir werden uns mit allen – und wenn ich sage mit allen, dann meine ich das auch so – zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen wehren, dass die vorliegenden Pläne des Ministeriums umgesetzt werden. Der Beschluss der Bundeskurie Niedergelassene vom September 2015, wonach den Landesärztekammern empfohlen wird, im Fall der Umsetzung dieser Pläne den bestehenden Gesamtvertrag aufzukündigen, ist aufrecht.

Johannes Steinhart
3. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2016