Stand­punkt – Vize-Präs. Harald Mayer: Es sind Teilerfolge

25.05.2016 | Standpunkt

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Sie ist inzwi­schen ein unver­zicht­ba­rer Bestand­teil unse­rer Arbeit und erweist sich als Stim­mungs­ba­ro­me­ter par excel­lence, wie es den Spi­tals­ärz­tin­nen und Spi­tals­ärz­ten in Öster­reich geht. Die Rede ist von der in regel­mä­ßi­gen Inter­val­len durch­ge­führ­ten Umfrage eines Mei­nungs­for­schungs­in­sti­tuts über die Arbeits­si­tua­tion der Spitalsärzte.

Die Ergeb­nisse zei­gen, dass sich unsere Bemü­hun­gen in vie­ler­lei Hin­sicht gelohnt haben. Auch wenn es zuge­ge­be­ner­ma­ßen oft recht schwie­rig war, die mit der Umset­zung der KA-AZG Novelle ein­her­ge­hen­den Gehalts­ein­bu­ßen für Spi­tals­ärzte abzu­wen­den, ist es uns doch gelun­gen, hier akzep­ta­ble Gehäl­ter zu erzie­len. Die mit der Umset­zung des KA-AZG ein­her­ge­hende Ver­rin­ge­rung der wöchent­li­chen Arbeits­zeit wird von den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen begrüßt. Selbst in den Berei­chen, in denen frü­her extrem hohe Wochen­ar­beits­zei­ten regis­triert wur­den – wie etwa in der Chir­ur­gie – konnte eine spür­bare Reduk­tion erzielt wer­den. Aller­dings ist das Opti­mum – so die Ergeb­nisse der Befra­gung – noch nicht erreicht. Das Wunsch­ziel liegt bei 41 Stun­den Wochenarbeitszeit.

Auch die Zahl der Nacht­dienste konnte spür­bar redu­ziert wer­den. Die Beschrän­kung der maximal zuläs­si­gen Dienst­dauer – hier gab es ja bekannt­lich im Vor­feld durch­aus kon­tro­ver­si­elle Mei­nun­gen – wird nun von den Befrag­ten als abso­lut posi­tiv eingestuft.

Die Ver­rin­ge­rung der wöchent­li­chen Arbeits­zeit wird von den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen wahr­ge­nom­men. Jedoch hat diese Ent­wick­lung auch eine uner­freu­li­che Kom­po­nente noch wei­ter ver­stärkt: Der ohne­hin schon hohe Arbeits­druck, der durch die enorme Büro­kra­tie und den unge­brems­ten Zustrom zu den Spi­tals­am­bu­lan­zen noch immer zunimmt, wird noch grö­ßer. Als zuneh­mend belas­tend wird dabei die stei­gende Inan­spruch­nahme in den Ambu­lan­zen genannt. Die Trä­ger wer­den sich hier rasch Maß­nah­men über­le­gen müs­sen, denn der Pla­fond im Hin­blick auf Arbeits­druck und Belas­tung ist fast schon erreicht.

So erscheint ein wei­te­res Ergeb­nis – wenn auch für mich erschre­ckend – als logisch: Dass man mit 65 Jah­ren die Tätig­keit als Spi­tals­ärz­tin oder Spi­tals­arzt noch aus­üben wird, wird sehr pes­si­mis­tisch gese­hen: Fast zwei Drit­tel sagen, dass sie das für eher oder sehr unwahr­schein­lich halten.

Dass es noch Opti­mie­rungs­po­ten­tial gibt, steht außer Zwei­fel: Die Trä­ger wer­den sich nicht dar­auf ver­las­sen kön­nen, dass Ärz­tin­nen und Ärzte wei­ter­hin Opt-out-Rege­lun­gen unter­schrei­ben, nur damit der Betrieb auf­recht erhal­ten wer­den kann. Hier sind andere Lösungs­an­sätze gefragt. Ein wei­te­rer Punkt: Die Belas­tung durch schwie­rige Pati­en­ten nimmt ten­den­zi­ell zu. Und es man­gelt an Maß­nah­men zur Siche­rung vor Über­grif­fen von Pati­en­ten und Ange­hö­ri­gen auf Ärz­tin­nen und Ärzte. Bei den dele­gier­ba­ren Tätig­kei­ten wäre auch eine strin­gen­tere Umset­zung wünschenswert.

Und noch eine Ent­wick­lung zeich­net sich ab: Die Spi­tals­me­di­zin ist jetzt schon weib­lich. Fast zwei Drit­tel aller Stel­len zur Aus­bil­dung zum Fach­arzt wer­den von Frauen besetzt; in der All­ge­mein­me­di­zin liegt der Frau­en­an­teil gar schon bei drei Vier­tel. Das ist eine der zen­tra­len Her­aus­for­de­run­gen: Arbeits­mo­delle zu ent­wi­ckeln, die es Ärz­tin­nen ermög­li­chen, Beruf und Fami­lie zu vereinbaren.

Harald Mayer
2. Vize-Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 10 /​25.05.2016