ÄKVÖ: Trauma in der Schwangerschaft

25.06.2016 | Service

Für zwei Drittel aller Traumen in der Schwangerschaft sind Verkehrsunfälle mit einem stumpfen Bauchtrauma die Ursache. Die Folgen: ein erhöhtes Risiko für vorzeitige Wehentätigkeit, Uterusruptur, Spontanabort, vorzeitige Plazentalösung oder eine Totgeburt. Wichtigste Vorsorgemaßnahme: ein angelegter Sicherheitsgurt.
Von Marlene Weinzierl

Verkehrsunfälle mit einem stumpfen Bauchtrauma sind für zwei Drittel aller Traumen in der Schwangerschaft verantwortlich, berichtet Univ. Prof. Gerald Wozasek von der Universitätsklinik für Unfallchirurgie der MedUni Wien beim ÄKVÖ-Symposium „Trauma und Schwangerschaft“ in Wien.

Laut Arno Gschwendtner von der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im Spital Männedorf am Zürichsee erhöhen Verletzungen des Fetus in utero das Risiko für eine Frühgeburt und ein niedrigeres Geburtsgewicht. Direkte Verletzungen des Fetus kämen allerdings relativ selten und in weniger als einem Prozent der Fälle eines stumpfen Bauchtraumas vor. Der Fetus ist laut Experten im ersten Trimenon bei einem Verkehrsunfall noch durch das Fruchtwasser und das knöcherne Becken geschützt; das mütterliche Trauma kann jedoch indirekte Auswirkungen auf das Ungeborene haben. Wie Univ. Prof. Michael Zimpfer von der Universitätsklinik für Anästhesie Wien erklärte, bestehe nach Traumen ein erhöhtes Risiko für vorzeitige Wehentätigkeit, eine Uterusruptur, einen Spontanabort oder eine Totgeburt. Eine gefürchtete Komplikation bei Verkehrsunfällen von Schwangeren ist eine vorzeitige Plazentalösung, betonten die Experten. Sie tritt laut Wozasek bei einem bis fünf Prozent der leichten und bei 20 bis 50 Prozent der schweren stumpfen Bauchtraumen auf; mehr als die Hälfte der fetalen Sterbefälle sind die Folge. „Es ist daher wichtig, eine schwangere Trauma-Patientin nach einem Verkehrsunfall für vier bis sechs Stunden per CTG zu überwachen, um eine vorzeitige Plazentalösung rechtzeitig zu erkennen“, betont Gschwendtner. Rein statistisch gesehen haben jüngere Schwangere zwischen 15 und 24 Jahren das höchste Risiko, bei einem Verkehrsunfall verletzt zu werden.

Beste Prävention: Aufklärung

Um ein Polytrauma bei einer Schwangeren zu vermeiden, ist die Aufklärung die beste Prävention. Die wichtigste Vorsorgemaßnahme ist das Tragen des Sicherheitsgurts im PKW, sind sich die Experten einig. Dadurch könne die mütterliche Mortalität von 33 auf fünf Prozent gesenkt werden, berichtete Wozasek. Laut ÖAMTC-Rechtsexpertin Verena Pronebner gibt es für Schwangere keine Ausnahme von der Gurtpflicht. Schwangere sollten unter Bezug auf § 58 StVO bei Übelkeit und Kreislaufproblemen vom Lenken eines Fahrzeuges absehen, so Pronebner.

Bei einem Unfall werde zuerst die Mutter erstversorgt, danach der Fetus, betonen Gschwendtner und Wozasek. Bei schwangeren Trauma-Patientinnen gelten ganz grundsätzlich dieselben Regeln wie bei nicht schwangeren Verunfallten. Aufgrund des vergrößerten Uterus kann die Gefahr eines Venacava-Kompressionssyndroms bestehen. Schwangere sollten laut Experten daher immer in stabiler Linksseitenlage transportiert werden.

Im Labor sei neben der Bestimmung der mütterlichen Blutgruppe das fetale Hämoglobin (HbF) wichtig, um bei einer Rhesus-negativen Frau eine fetomaternale Hämorrhagie durch Gabe einer Immunprophylaxe zu verhindern. Auch scheinbar leichte Quetschverletzungen des Bauches seien laut Experten immer durch einen Unfallchirurgen und einen Gynäkologen abzuklären. Diagnostische Maßnahmen nach der Anamnese seien das Röntgen (die kumulative Energiedosis von 50 mGy gilt laut Gschwendtner während der Schwangerschaft als unproblematisch) beziehungsweise der Ultraschall bei hämodynamisch stabilen Patientinnen.

Bei der Fetus-Diagnostik wiederum stellt die Sonographie die erste Wahl dar. Der Schwangerschaftsausgang nach einem Bauchtrauma wird durch zwei Parameter geprägt: von der Hypotension der Mutter und von der Herzfrequenz des Fetus. Eine Hypotension der Mutter führt zur Hypoperfusion des Fetus. Ein Absinken kindlicher Herzfrequenz und Verminderung der Frequenzvariationen seien laut Wozasek oft Zeichen einer Plazentalösung oder der mütterlichen maternalen Hypovolämie. Mit fortschreitender Schwangerschaft bessere sich jedoch auch die fetale Anpassungsfähigkeit bei Volumsmangel-Schock, so der Experte.

Autofahren in der Schwangerschaft

  • Wichtigste Vorsichtsmaßnahme: Gurt anlegen
  • Korrekte Gurtführung: Beckengurt verläuft unterhalb des Bauches.
  • Empfehlenswert: BeSafe Schwangerengurt. Er verhindert, dass der Bauchgurt während eines Unfalles nach oben rutscht.
  • Der Abstand zwischen Fahrerin und Lenkrad (Austrittspunkt des Airbags!) sollte zumindest 25 Zentimeter betragen.
  • Die sicherste Sitzposition ist der Beifahrersitz.
  • Der Airbag sollte niemals aufgrund der Schwangerschaft inaktiviert werden.
  • Schwangere sollten bei Übelkeit oder Kreislaufproblemen kein Kraftfahrzeug lenken.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2016