Steuer: Aktuelle Judikatur

15.08.2016 | Service


1. Unterhaltszahlungen an Eltern als außergewöhnliche Belastung (VwGH vom 1.9.2015,
2012/15/0117)

Im Konkreten hat der Betreffende Unterhaltsleistungen an seine Eltern, die nicht selbst erhaltungsfähig waren, als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht; die Zahlungen würden in erster Linie der Finanzierung der Krankheits- und Gesundheitskosten sowie der Mehrbelastung aufgrund der Behinderung der Eltern gedient haben.

Grundsätzlich sind solche Unterhaltsleistungen nur insoweit abziehbar, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Dazu zählen auch Krankheits- oder Pflegekosten. Die Eltern konnten sich – belegt durch die Einkommenssteuerbescheide – nicht selbst erhalten. Wenn diese Zuwendungen in erster Linie zur Abdeckung der Krankheitskosten verwendet worden sind, so können sie außergewöhnlich belastend sein.

2. Erhöhte Familienbeihilfe – ärztliches Gutachten (VwGH vom 9.9.2015, 2013/16/0049)
Bei der Frage der erhöhten Familienbeihilfe für Kinder zwischen dem 21. und 27. Lebensjahr wegen körperlicher oder geistiger Behinderung mit der Folge des dauernden Außerstandeseins sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, kommt dem ärztlichen Gutachten eine entscheidende Bedeutung zu. Der VwGH führt ausführlich aus, dass das Finanzamt an das ärztlich-medizinische Gutachten gebunden ist, welches die Basis für eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen ist. Das Gutachten kann nur insofern geprüft werden, ob es schlüssig sowie vollständig ist und im Falle mehrerer Gutachten kein Widerspruch dieser Gutachten besteht.

3. Abzugsfähigkeit von Bewirtungsspesen (VwGH vom 26.11.2015, 2012/15/0041)
Grundsätzlich sind Repräsentationsaufwendungen nicht abziehbar. Darunter fallen auch Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden. Wenn allerdings nachgewiesen wird, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen beziehungsweise Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden. Es sind also zwei Tatsachen nachzuweisen: Zum Ersten der Werbezweck und zum Zweiten das erhebliche Überwiegen der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung. Eine bloße Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen reicht nicht aus; unter dem Begriff Werbung kann nichts anderes als die Produkt- und Leistungsinformation verstanden werden. Es ist nachzuweisen, dass anlässlich der Bewirtung jeweils eine auf die berufliche Tätigkeit bezogene Leistungsinformation geboten wurde und dass die Bewirtung damit überwiegend betrieblich oder beruflich veranlasst war. Aufwendungen im weitesten Sinne zur Kontaktpflege sowie letztlich zur Herstellung einer gewissen positiven Einstellung zum Werbenden sind lediglich werbeähnlich und nicht absetzbar.

Im konkreten Fall ist es um den Aufwand eines Wirtschaftstreuhänders gegangen, der nachzuweisen hätte, dass die Bewirtungsspesen anlässlich der Bewirtung jeweils eine auf seine berufliche Tätigkeit bezogene Leistungsinformation wie etwa den beruflichen Werdegang, die Rechtsgebiete, auf dem der Betreffende tätig ist und etwaige Fachpublikationen betroffen haben. Ebenso, dass die Bewirtung überwiegend betrieblich oder beruflich veranlasst war. Die Offenlegung von der Schweigepflicht unterliegenden Angaben der Klienten ist dabei nicht erforderlich. Es ist allerdings auf die in solchen Fällen gesteigerte Mitwirkungsverpflichtung des Betreffenden hinzuweisen.

4. Immobilienertragssteuer – Korrektur nur durch Veranlagung (VwGH vom 26.11.2015,
RO 2015/15/0005)

Die einkommenssteuerrechtliche Erfassung privater Grundstücksgeschäfte erfolgt in der Regel so, dass der Parteienvertreter die Immobilienertragssteuer berechnet und dem Finanzamt abführt. Wird diese Steuer durch den Parteienvertreter korrekt berechnet und entrichtet, so sind damit die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen abgegolten. Eine Korrektur des vom Parteienvertreter unrichtig errechneten Betrages an Immobilienertragssteuer ist nicht möglich. Die Korrektur kann nur durch den Antrag auf Veranlagung zur Einkommenssteuer in die Wege geleitet werden.

5. Dissertation – Preis nicht einkommensteuerpflichtig (VwGH vom 16.12.2015, 2013/15/0150)
Der VwGH setzt seine laufende Rechtsprechung zu diesem Thema insoferne fort, als er die Arbeit an einer Dissertation als keine Teilnahme am Wirtschaftsleben bezeichnet; Sinn der Dissertation ist nämlich die Erlangung eines akademischen Grades. Das bloße Einreichen der Dissertation ist keine relevante Marktteilnahme. Der Vorgang erfüllt keinen Einkunftstatbestand im Sinne des Einkommenssteuergesetzes. Es kommt durch die Auszeichnung mit mehreren Wissenschaftspreisen zu keinem Entgeltcharakter. Anders wäre die Situation nur, wenn der Betreffende gegenüber Personen Rechte an der Dissertation einräumt oder das Recht auf Veröffentlichung oder einer anderwärtigen Verwertung seiner Doktorarbeit. Das Gleiche würde gelten, wenn die Dissertation als Auftragsforschung dargestellt ist, für die der Förderer oder eine dritte Person Entgelt leistet.

6. Nahrungsergänzungsmittel – Vitaminpräparate; außergewöhnliche Belastung? (VwGH vom 11.2.2016, 2013/15/0254)
Der Betreffende hat einen Behinderungsgrad von 60 Prozent in Folge eines Wirbelsäulensyndroms mit Funktionseinschränkung, beiderseitigen Knieschmerzen ohne Bewegungseinschränkung, beiderseitig wiederkehrende Fußschmerzen, Gastritis. Für die geltend gemachten Kosten für Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel brachte er eine ärztliche Bestätigung bei; er habe aufgrund der behinderungsbedingten notwendigen Medikamenteneinnahmen starke Magenschmerzen. Wegen der Gefahr der Mangelernährung durch seine Schonkost sei die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminpräparaten notwendig. Sie dienen unmittelbar der Linderung der Krankheit.

Der VwGH führte wiederholt schon in der Vergangenheit aus, dass diese Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sein müssen, um eine außergewöhnliche Belastung darzustellen. Sie müssen mit einer konkreten Heilbehandlung verbunden sein und nicht nur der bloßen Vorbeugung von Krankheiten dienen. Das Bestehen eines ärztlich diagnostizierten Vitaminmangels in Folge der verordneten Schondiät wurde nicht behauptet. Auch das Vorliegen eines Behandlungsplans war nicht zu entnehmen. Die ohne konkrete ärztliche Verordnung eingenommenen Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Zur nachträglich vorgelegten ärztlichen Bestätigung wird angemerkt, dass diese erst nach Ergehen des Bescheides verfasst wurde und schon aus diesem Grunde nicht geeignet war, die außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

7. Stationärer Aufenthalt Einbettzimmer – außergewöhnliche Belastung? (VwGH vom 11.2.2016, 2013/13/0064)

Der Betreffende beantragte als außergewöhnliche Belastung bei eigener Behinderung u.a. die Berücksichtigung der Kosten für die Unterbringung in einem Einbettzimmer während mehrerer Krankenhausaufenthalte. Es liegt eine ärztliche Bestätigung eines Facharztes vor, der zufolge in einem zeitlichen Ausmaß von 24 Stunden volle Pflegebedürftigkeit besteht. Das Ausmaß der Pflege soll die Unterbringung in einem Einbettzimmer bei einem stationären Aufenthalt erfordert haben.

Der VwGH weist wiederholt darauf hin, dass nur Aufwendungen für solche Maßnahmen absetzbar sind, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind. Auch Aufwendungen, die von einer gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können als zwangsläufig erwachsen angesehen werden, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind. Das Finanzamt sieht über die fachärztliche Bestätigung hinweg, dass das erforderliche Ausmaß an Pflege zur Zwangsläufigkeit der Kosten für die Unterbringung in einem Einbettzimmer führt. Die Entscheidung des Finanzamtes war daher aufzuheben und die Sache an das Finanzamt zur neuerlichen Entscheidung rückzuverweisen.

8. Mietverträge – Anerkennung wegen Fremdüblichkeit (BFG vom 28.9.2015, RV/3100391/2011)
Mietverträge zwischen nahen Angehörigen sind nur anzuerkennen, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen und einen eindeutig klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familien und Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich). Beim Fremdvergleich kommt es vor allem auf die Höhe des Mietzinses sowie auf die tatsächliche Entrichtung an. Irgendwelche einzelne Vertragsbestimmungen des Mietvertrages beziehungsweise deren mangelhafte Umsetzung zum Beispiel Zahlung des Zinses erst am 19. statt am 1. des Monats sind dabei nicht entscheidend. Die Berücksichtigung baulicher Wünsche des Mieters ist ebenfalls nicht unüblich.

Wenn allerdings im Mietvertrag keine Vereinbarung über die Indexanpassung des Mietentgeltes getroffen wurde, so ist der Fremdvergleich eher nicht erbracht. Im konkreten Fall lag allerdings eine Indexanpassungsbestimmung dem Grunde nach vor.

9. Werbe-, Repräsentationsaufwand durch einen Facharzt (BFG vom 8.1.2016, GZ.RV/7100579/2014) – s. dazu auch die Entscheidung des VwGH vom 26.11.2015, 2012/15/0041

Der Betreffende hat die Aufwendungen für die Miete eines Raumes, von Tisch und Stühlen, Catering und Tischdekorationen im Zusammenhang mit einer Veranstaltung, bei der rund 90 Personen (Ärzte und ihre Begleitung) anwesend waren, steuerlich geltend gemacht. Nicht abgezogen werden dürfen Repräsentationsaufwendungen wie zum Beispiel Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden außer der Steuerpflichtige weist nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, dann können diese Aufwendungen zur Hälfte abgezogen werden.

Das BFG führt aus, dass für diese Werbeaufwendungen eine erhöhte Beweispflicht seitens des Betreffenden gegeben ist. Die behaupteten fachlichen Informationen, die auch schriftlich in Form eines Redekonzeptes vorliegen, konnten nicht nachgewiesen werden. Ein auffälliger Zeugenbeweis seitens der Teilnehmer wurde von der betreffenden Ärztin nicht gewünscht. Ein Beweis für die Vorlage einschlägiger Unterlagen wie Einladungen und Programmablauf, schriftliche Informationen für die Gäste wäre möglich gewesen. Diese Beweise wurden nicht vorgelegt. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass im Zuge der Bewirtung gegenüber den Gästen tatsächlich eine Produkt- beziehungsweise Leistungsinformation betreffend die Ordination gegeben wurde. Die Aufwendungen wurden daher nicht anerkannt.

10. Funktionsgebühren – kein Gewinnfreibetrag (BFG vom 4.2.2016, GZ.RV/7103478/2012)
Der 13-prozentige Gewinnfreibetrag kann nur im Rahmen betrieblicher Einkünfte geltend gemacht werden. Wenn es sich bei den Einkünften um Funktionsgebühren gemäß § 29 Z 4 EinkommenssteuerG handelt, dann besteht zwar die Qualifikation als sonstige steuerpflichtige Einkünfte, nicht aber als betriebliche Einkünfte, das heißt eine Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages kommt nicht in Betracht.

Zusammengestellt von HR Dr. Herbert Emberger, Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2016