kurz & infor­ma­tiv: Poli­ti­sche Kurzmeldungen

15.08.2016 | Politik

Freie Berufe: gegen berufs­fremde Investoren

Die Bun­des­kon­fe­renz der Freien Berufe (BUKO) wehrt sich gegen eine wirt­schaft­li­che Libe­ra­li­sie­rung ihrer Berufs­stände. Es gibt poli­ti­sche Pläne, wonach es künf­tig Finanz­in­ves­to­ren ermög­licht wer­den soll, sich an Arzt­pra­xen, Apo­the­ken oder Rechts­an­walts­kanz­leien zu betei­li­gen. „Die soge­nann­ten inter­dis­zi­pli­nä­ren Gesell­schaf­ten wür­den die Unab­hän­gig­keit, die Glaub­wür­dig­keit und das Ver­trauen, das in die Ver­tre­ter der Freien Berufe gesetzt wird, gefähr­den“, betonte Vete­ri­när­me­di­zi­ner und BUKO-Prä­si­dent Kurt Früh­wirth bei einer Pres­se­kon­fe­renz in Wien. Die Ein­fluss­nahme von in- und aus­län­di­schen Inves­to­ren lehnt er strikt ab: „Bei einem Arzt etwa muss die The­ra­pie­ent­schei­dung frei von ande­ren Inter­es­sen sein. Es darf keine Ein­fluss­nahme von Phar­ma­fir­men in The­ra­pie­ent­schei­dun­gen geben, nur weil sie Inves­to­ren sind.“ Kon­krete Umset­zungs­pläne gebe es zwar noch nicht. Im Zug einer beschlos­se­nen Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung sol­len sich aber große Inves­to­ren in hei­mi­sche Kanz­leien oder Arzt­pra­xen ein­kau­fen dür­fen. Die Regie­rung erhofft sich davon einen Wachs­tums­schub von jähr­lich 0,3 Pro­zent bezie­hungs­weise 880 Mil­lio­nen Euro.

Der Volks­wirt­schafts-Pro­fes­sor Fried­rich Schnei­der von der Johan­nes Kep­ler Uni­ver­si­tät Linz hat die mög­li­chen wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen ana­ly­siert. Sein Fazit: Die Regie­rung stütze sich auf Stu­dien, die den gesam­ten Dienst­leis­tungs­be­reich betref­fen und viel umfas­sen­dere Maß­nah­men als „inter­dis­zi­pli­näre Gesell­schaf­ten“ abhan­deln. Bei einem jähr­li­chen Wachs­tum von 1,6 Pro­zent würde ein zusätz­li­ches Plus von 0,3 Pro­zent bedeu­ten, dass das Wirt­schafts­wachs­tum nur durch inter­dis­zi­pli­näre Gesell­schaf­ten um knapp 20 Pro­zent steigt. Für Schnei­der eine „völ­lig über­zo­gene Rech­nung“. „Das erhoffte Wirt­schafts­wachs­tum wird nicht ein­tre­ten. Statt­des­sen würde es nega­tive Fol­gen brin­gen.“ Schnei­der denkt dabei etwa an Mono­po­li­sie­rung und Markt- bezie­hungs­weise Preis­steue­rung: Wenn der Markt in der Hand weni­ger ist, wer­den die Preise stei­gen. Außer­dem befürch­tet er eine stär­kere Öko­no­mi­sie­rung und einen Trend zur Gewinn­ma­xi­mie­rung – etwa auch im Gesund­heits­be­reich. Auch Fra­gen der Haf­tung und Schwei­ge­pflicht müs­sen bedacht wer­den, wenn sich berufs­fremde Inves­to­ren in Freie Berufe ein­kau­fen. Früh­wirth appel­liert: „Kun­den und Pati­en­ten müs­sen den Freien Beru­fen wei­ter­hin ver­trauen kön­nen. Des­halb müs­sen wir schon allein die Mög­lich­keit der Ein­fluss­nahme ausschließen.“

Karl Mus­tafa verstorben

Kurt Mus­tafa ver­stor­ben OMR Kurt Mus­tafa ist im 94. Lebens­jahr in Wien ver­stor­ben. Mus­tafa war Fach­arzt für medi­zi­ni­sche und che­mi­sche Labor­dia­gnos­tik und hat sich in die­sem Bereich sehr ver­dient gemacht.


Arz­nei­mit­tel­aus­ga­ben: Stei­ge­rung um 3,1 Prozent

Im ers­ten Halb­jahr 2016 sind die Arz­nei­mit­tel­aus­ga­ben um 3,1 Pro­zent im Ver­gleich zum Vor­jahr gestie­gen. Dies bezieht sich laut Apo­the­ker­kam­mer, Phar­mig (Inter­es­sen­ver­tre­tung der Phar­ma­in­dus­trie) und dem Ver­band der Arz­nei­mit­tel­groß­händ­ler (Phago) auf die aktu­el­len Umsätze von 98 Pro­zent der Apo­the­ken­be­triebe. Der Haupt­ver­band der Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger rech­net heuer mit einer Stei­ge­rung der Medi­ka­men­ten­kos­ten um 4,4 Pro­zent. Zum Ver­gleich: Im Vor­jahr waren es 5,0 Prozent.

Nie­der­ös­ter­reich: neues Gehalts­schema für Spitalsärzte

In Nie­der­ös­ter­reich haben Ärz­te­kam­mer und Zen­tral­be­triebs­rat der Lan­des­kli­ni­ken mit dem Land ein neues Gehalts­schema für Spi­tals­ärzte aus­ver­han­delt. Die Novelle, mit der die Unter­schiede zu ande­ren Bun­des­län­dern aus­ge­gli­chen wer­den, sieht u.a. die Gleich­stel­lung aller Aus­bil­dungs­ärzte vor. Bis­her erhielt ein Tur­nus­arzt ein nied­ri­ge­res Gehalt als ein Assis­tenz­arzt; mit der Novelle wird deren Monats­ent­gelt ein­heit­lich auf 3.550 Euro brutto (inklu­sive Gefah­ren­zu­lage) erhöht. Auch das Monats­ent­gelt von All­ge­mein­me­di­zi­nern in öffent­li­cher Anstel­lung und Ober­ärz­ten wird erhöht. Die Novelle soll mit 1. Novem­ber 2016 in Kraft treten.

GKK Nie­der­ös­ter­reich: 14,6 Mil­lio­nen Euro Plus

Die GKK Nie­der­ös­ter­reich hat 2015 einen Über­schuss von 14,6 Mil­lio­nen Euro erzielt; pro­gnos­ti­ziert wurde ursprüng­lich ein Minus von 48 Mil­lio­nen Euro. Obmann Ger­hard Hut­ter führt dies auf die „rela­tiv mode­rate“ Ent­wick­lung der Heil­mit­tel­kos­ten (plus 3,5 Pro­zent) zurück. Beim Kran­ken­geld gab es mit 117,6 Mil­lio­nen Euro Aus­ga­ben sogar einen Rück­gang von 1,5 Pro­zent, weil die Dauer der Kran­ken­stände gesun­ken ist. Hut­ter kün­digte ange­sichts des Über­schus­ses Erwei­te­run­gen des Leis­tungs­spek­trums in den Berei­chen Ärzte, Kin­der und Jugend­li­che sowie Gesund­heits­för­de­rung und Prä­ven­tion an. Für heuer wird ein Über­schuss von 18,3 Mil­lio­nen Euro erwartet.


ÖÄK zu Haupt­ver­band: Pri­mär­ver­sor­gung kon­struk­tiv diskutieren

Wir sind bereit, uns mit dem Haupt­ver­band an einen Tisch zu set­zen und kon­struk­tiv Lösun­gen zu erar­bei­ten“, so kon­terte ÖÄK-Prä­si­dent Artur Wech­sel­ber­ger die Vor­würfe der Haupt­ver­bands­vor­sit­zen­den Ulrike Rab­mer-Kol­ler, die ÖÄK würde die Ver­hand­lun­gen zur Pri­mär­ver­sor­gung ver­zö­gern. Aller­dings müsse das best­mög­li­che Ver­sor­gungs­kon­zept für die Bevöl­ke­rung im Mit­tel­punkt ste­hen, nicht – wie bis­her – Macht und Ein­fluss­stre­ben von Gesund­heits­po­li­tik und Haupt­ver­band. ÖÄK-Vize­prä­si­dent Johan­nes Stein­hart warnt davor, mit dem geplan­ten PHC-Gesetz die Haus­ärzte erset­zen zu wol­len und eine Dum­ping­me­di­zin durch Groß­kon­zerne zu ermög­li­chen. „Denn es hat die beste Pati­en­ten­ver­sor­gung im Vor­der­grund zu ste­hen und nicht die bil­ligste“, so Stein­hart. Gegen sol­che Ten­den­zen werde die ÖÄK „mit Sicher­heit geschlos­sen und kon­se­quent vor­ge­hen“. Die ÖÄK sei aber bereit, ihre Sys­tem­er­fah­rung ein­zu­brin­gen, um die not­wen­dige Ver­bes­se­rung der Pri­mär­ver­sor­gung und „Das Team um den Haus­arzt“ vor­an­zu­trei­ben, fügte Wech­sel­ber­ger hinzu. „Es darf nicht die­sel­ben Kon­zept- und Umset­zungs­män­gel geben wie bei ELGA.“

E‑Medikation: Pro­bleme bei Pilotprojekt

Nach­dem Ende Mai 2016 der Pro­be­be­trieb der E‑Medikation in Deutsch­lands­berg (Stei­er­mark) gestar­tet ist, hat es zu Beginn Pro­bleme mit der Daten­spei­che­rung gege­ben. Das haben der Haupt­ver­band der Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger und der Stei­ri­sche Gesund­heits­fonds bestä­tigt. Die Spei­che­rung habe „etwas län­ger gedau­ert“, so Vol­ker Schörg­ho­fer, stell­ver­tre­ten­der Haupt­ver­bands-Gene­ral­di­rek­tor und Pro­jekt­lei­ter. Man habe das Pro­blem aber beho­ben. In Deutsch­lands­berg läuft bis Ende Sep­tem­ber der Pro­be­be­trieb mit rund der Hälfte der 57 Ver­trags­ärzte, acht Apo­the­ken, einem Lan­des­kran­ken­haus und einer Langzeitpflegeeinrichtung.

Wie­ner KAV: Ärz­te­kam­mer star­tet Streikbefragung

Die Wie­ner Ärz­te­kam­mer führt von Ende Juli bis 21. August 2016 eine elek­tro­ni­sche Streik­be­fra­gung unter den Ärz­ten des Wie­ner Kran­ken­an­stal­ten­ver­bun­des (KAV) durch. Dabei wird abge­stimmt, ob sich Ärzte aktiv an Pro­test­maß­nah­men bis hin zu einem even­tu­el­len Streik betei­li­gen wür­den. Das Ergeb­nis wird am 22. August 2016 ver­öf­fent­licht. Bei ent­spre­chen­der Zustim­mung kann die Wie­ner Stan­des­ver­tre­tung alle Pro­test­maß­nah­men umset­zen, „bis die For­de­run­gen akzep­tiert wer­den und die Pati­en­ten­ge­fähr­dung abge­wen­det wird“, erklärt Prä­si­dent Univ. Prof. Tho­mas Sze­ke­res. Die Abstim­mung bedeute noch kei­nen defi­ni­ti­ven Streik­be­schluss. Die Ärz­te­kam­mer sah sich zu Maß­nah­men gezwun­gen, nach­dem in den KAV-Spi­tä­lern zuletzt groß­flä­chige Nacht­dienst­re­duk­tio­nen und ein neues 12,5‑Stunden-Schichtsystem ohne die ver­trag­lich ver­ein­barte Zustim­mung der Ärz­te­schaft umge­setzt wurden.


Gesund­heits­be­rufe-Regis­ter beschlossen

Das seit Jah­ren geplante Gesund­heits­be­rufe-Regis­ter wurde kürz­lich vom Natio­nal­rat beschlos­sen. Ange­sie­delt soll es im Gesund­heits­mi­nis­te­rium sein und von der Arbei­ter­kam­mer und der Gesund­heit Öster­reich GmbH (GÖG) befüllt wer­den – je nach­dem, ob jemand unselbst­stän­dig oder selbst­stän­dig tätig ist. In die­sem öffent­lich zugäng­li­chen Regis­ter für Gesund­heits­be­rufe wer­den künf­tig nicht-ärzt­li­che Gesund­heits­be­rufe erfasst, die über keine Stan­des­ver­tre­tung ver­fü­gen. Das sind die Ange­hö­ri­gen der Gesund­heits- und Kran­ken­pfle­ge­be­rufe sowie der geho­be­nen medi­zi­nisch-tech­ni­schen Dienste. Das Regis­ter ist seit 2008 geplant und wurde 2013 schon ein­mal vom Natio­nal­rat beschlos­sen; damals schei­terte es an den Län­dern Salz­burg und Nie­der­ös­ter­reich, die ihre ver­fas­sungs­recht­lich not­wen­dige Zustim­mung verweigerten.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 15–16 /​15.08.2016