Geplantes PHC-Gesetz: Die Täuschung

25.03.2016 | Politik

Der vom Gesundheitsministerium vorgelegte Entwurf für ein PHC-Gesetz übertrifft die schlimmsten Befürchtungen: Demnach wären die Ärztekammern künftig weder beim Stellenplan eingebunden noch bei den Honorarverhandlungen.

In zwei Tranchen haben Vertreter des Gesundheitsministeriums der ÖÄK den Gesetzesentwurf zur Umsetzung des 2014 vereinbarten Papiers „Team rund um den Hausarzt“ überreicht. Das nun vorgelegte Papier weicht jedoch in zentralen Punkten von dem ab, was 2014 vereinbart und bekanntlich auch von Bund, Ländern und Sozialversicherung in der Bundeszielsteuerungskommission beschlossen wurde.

Zentrale Elemente inakzeptabel

Der nun vom Ministerium vorgelegte Entwurf zu einem Primärversorgungs- beziehungsweise PHC-Gesetz bestätigt alle Befürchtungen der Ärztevertretung. Zentrale Elemente darin sind für die Ärztekammer völlig inakzeptabel. Bei genauer Durchsicht entsteht auch der Eindruck, dass es der Gesundheitspolitik dabei nicht – so wie immer von Ärzteseite gefordert – um eine Verbesserung der Patientenversorgung geht, sondern vor allem darum, die Stellung der Ärztinnen und Ärzte zu schwächen.

Die Sozialpartnerschaft zwischen Ärztekammer und Sozialversicherungen soll – so sieht es der Gesetzesentwurf vor – de facto beendet werden, indem ein sogenannter Gesamtvertrag geschaffen wird. Dieser verdient diese Bezeichnung allerdings nicht, da darin das für Gesamtverträge typische Gleichgewicht zwischen Ärzteschaft und Sozialversicherung aufgehoben wird. So sollen die PHC-Betreiber wesentliche Punkte künftig mit der Sozialversicherung selbst aushandeln – etwa die Honorierung. Für die Ärztekammer inakzeptabel ist die damit einhergehende Beendigung des Kollektivvertrags.

Durch die Schaffung einer Parallelstruktur zum derzeitigen Gesamtvertrag müssten die Ärztinnen und Ärzte in den jeweiligen PHC-Zentren direkt mit den Kassen verhandeln – ohne Schutz der Ärztekammer. Und sie wären mit einer einseitigen Übermacht der Sozialversicherungen konfrontiert. Diese ungleichen Machtverhältnisse würden auf Kosten der PHC-Zentren gehen beziehungsweise Auswirkungen auf die Honorierung der dort angebotenen Kassenleistungen haben.

Eine weitere mögliche Auswirkung dieser Parallelstruktur: dass die Sozialversicherungen immer weniger Geld in das bestehende System der niedergelassenen Kassen-Hausärzte investieren. Auch wenn der Hausarzt als Institution vordergründig nicht angegriffen wird: Durch die Hintertür würden die Kassen jedoch den einfacheren Weg gehen und Direktverträge mit den neuen PHC-Zentren abschließen – die bisherige Versorgungsstruktur würde ausgetrocknet. Die Kassen hätten keinen Grund mehr, mit der Ärztekammer allgemeingültige Tarife zu verhandeln; das betrifft auch alle bestehenden Kassenverträge. Deren Ende und somit das Ende der Hausärzte wäre damit eingeläutet.

Darüber hinaus ist im Gesetzesentwurf auch vorgesehen, dass die Planung der Primärversorgung im Rahmen des RSG (Regionaler Strukturplan Gesundheit) erfolgen soll. Auf die Kompetenz der Ärzte im Rahmen einer professionellen Gesundheitsplanung soll gänzlich verzichtet werden.

Willkürliche Planung

Wird der vorliegende Gesetzesentwurf Realität, könnte das zum Aussterben der bestehenden Hausärztinnen und Hausärzte führen: Denn die Kassen könnten willkürlich – an der Ärztekammer vorbei – PHC-Zentren planen und in Vertrag nehmen. Das würde alle Hausärzte in der Umgebung eines PHC-Zentrums über kurz oder lang in Bedrängnis bringen und letztlich die Existenz kosten.

Noch ein Aspekt ist zu berücksichtigen: Internationale Konzerne wie Bauunternehmen, Medizintechnik- und Pharmafirmen oder andere Investoren könnten PHC-Zentren betreiben oder sich in solche einkaufen. Die Patientenversorgung würde sich dann ausschließlich an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientieren – nicht mehr an der medizinischen Expertise von Ärzten. Mit der Kettenbildung ist zu rechnen: Dumping-Preise und Dumping-Gehälter wären die Folge und letztlich die systematische Übernahme des Gesundheitsmarktes. Schon vor dem Bekanntwerden dieses Entwurfes für ein PHC-Gesetz hat die ÖÄK mit der „Primärversorgung 2020 – die Alternative der Ärztekammer“ ein Konzept für die Weiterentwicklung der Primärversorgung vorgelegt (Details dazu siehe ÖÄZ 5/10. März 2016). Die ÖÄK empfiehlt dem Gesundheitsministerium eindringlich, sich an diesem Modell zu orientieren, das sinnvolle und gut realisierbare Erweiterungen der aktuellen Strukturen enthält.

Die ÖÄK fühlt sich in ihrem Entschluss bekräftigt, konsequent und geschlossen gegen eine Reihe von Angriffen und Zumutungen vorzugehen, die das Ministerium geplant hat. Die ÖÄK wird in den kommenden Wochen und Monaten alles tun, um durch konsequentes und entschlossenes Verhandeln die problematischen Punkte aus dem Gesetzesentwurf zu eliminieren. Eine Entwicklung, wie sie das Ministerium derzeit plant, kann die ÖÄK sicherlich nicht hinnehmen.

PHC-Gesetz: die Eckpunkte

  • Einseitige Beendigung der Sozialpartnerschaft durch das Gesundheitsministerium;
  • PHC-Zentren müssten direkt mit der Sozialversicherung verhandeln – ohne Schutz der Ärztekammer;
  • konsequente Umleitung der finanziellen Mittel von Hausärzten zu PHC-Zentren;
  • Ärztekammer soll vom Stellenplan ausgeschlossen werden;
  • bestehende Hausärzte werden vom Markt gedrängt;
  • internationale Konzerne könnten PHC-Zentren übernehmen und nur rein gewinnorientiert führen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2016