ÖÄK kri­ti­siert Opti­ker: Infor­ma­tion ist keine Werbung

15.07.2016 | Politik

Ein Gerichts­ur­teil, das in einem Rechts­streit zwi­schen einem Opti­ker und einem Augen­arzt zu Unguns­ten des Opti­kers aus­ge­fal­len ist, ist Anlass für den aktu­el­len Dis­put.
Von Agnes M. Mühlgassner

Eine Novel­lie­rung der Wer­be­richt­li­nie, die die Voll­ver­samm­lung der ÖÄK im Dezem­ber 2015 beschlos­sen und von der zustän­di­gen Auf­sichts­be­hörde, dem Gesund­heits­mi­nis­te­rium, geneh­migt wurde, ist Hin­ter­grund für die aktu­elle Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Augen­ärz­ten und Opti­kern. Genau genom­men geht es dabei um fol­gen­den harm­lo­sen, klar­stel­len­den Satz, der ein­ge­fügt wurde. „Zuläs­sig ist die sach­li­che, wahre und das Anse­hen der Ärz­te­schaft nicht beein­träch­ti­gende Infor­ma­tion über Arz­nei­mit­tel, Heil­be­helfe und sons­tige Medi­zin­pro­dukte sowie über deren Her­stel­ler und Ver­trei­ber in Aus­übung des ärzt­li­chen Berufes.“

Die Bun­des­in­nung der Opti­ker reagierte dar­auf­hin mit einer Pres­se­aus­sendung, in der die Novel­lie­rung der Wer­be­richt­li­nie hef­tig kri­ti­siert wird. Darin heißt es u.a.: „Es ist nun erlaubt bezie­hungs­weise unter dem Deck­man­tel einer ‚sach­li­chen Infor­ma­tion‘ emp­foh­len, auf Han­del und Fer­ti­gung bezo­gene Ver­merke (Mar­ken­nen­nun­gen, Ver­kaufs­stel­len etc.) auf Ver­ord­nun­gen anzu­brin­gen.“ Darin sieht die Bun­des­in­nung der Opti­ker eine „rein wirt­schaft­lich moti­vierte Stra­te­gie“. Und wei­ter: „Die Bun­des­in­nung gibt zu beden­ken, dass Ärzte dem­nach Emp­feh­lun­gen aus­stell­ten, die nicht von ihrer Fach­kom­pe­tenz und Zustän­dig­keit abge­deckt sind und dabei in die Pro­dukt­haf­tung des Augen­op­ti­kers ein­grei­fen, was zu einem Geset­zes­kon­flikt führt“, so Bun­des­in­nungs­meis­ter Anton Kol­ler. Und wei­ter heißt es in die­ser Pres­se­aus­sendung: „Damit ist der Kor­rup­tion Tür und Tor geöff­net“, so Koller.

Als „völ­lig halt­los“ bezeich­net Helga Azem, Bun­des­fach­grup­pen­ob­frau für Augen­heil­kunde und Opto­me­trie der ÖÄK, diese Argu­men­ta­tion. Schließ­lich habe man mit der Libe­ra­li­sie­rung der Ver­ord­nung die Ver­sor­gung der Pati­en­ten im Sinn einer „one stop – one shop“-Lösung ver­bes­sert. „Die Ärzte schaf­fen die Infra­struk­tur für das Ange­bot, wenn zum Bei­spiel ein Augen­arzt einen Augen­op­ti­ker­meis­ter anstellt.“ Es handle sich dabei um eine „zeit­ge­mäße Form“, den Pati­en­ten zu bera­ten und ihm mit „mög­lichst gerin­gen Auf­wand“ das zu geben, was er brau­che. „Ärzte infor­mie­ren über Medi­zin­pro­dukte. Das ist Infor­ma­tion und nicht Wer­bung“, unter­streicht Azem.

Schon allein auf­grund ihrer Aus­bil­dung seien Augen­ärzte umfas­send befä­higt, tätig zu wer­den, betont Azem: „Unsere Aus­bil­dung umfasst das gesamte Gebiet der Opto­me­trie. Wir sind daher in allen dies­be­züg­li­chen Fra­gen aus­ge­bil­det ebenso auch in punkto Kontaktlinsen.“

„Klags­wür­dig“

Nahezu alle Augen­ärzte seien – sofern sie über eine Gewer­be­be­rech­ti­gung als Kon­takt­lin­sen-Opti­ker ver­fü­gen – auch Pflicht-Mit­glie­der der Wirt­schafts­kam­mer und als sol­che auch gleich­zei­tig Kon­takt­lin­sen-Opti­ker. Umso befremd­li­cher ist es daher für die Bun­des­fach­grup­pen­ob­frau, „wenn die Wirt­schafts­kam­mer hier gegen ihre eige­nen Mit­glie­der vor­geht“. Noch einen Schritt wei­ter geht der Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte in der ÖÄK, Johan­nes Stein­hart: „Ich halte diese Wort­mel­dun­gen aus der Wirt­schafts­kam­mer für poten­ti­ell klags­wür­dige Entgleisungen.“

Der Anlass­fall

Beim Rechts­streit zwi­schen Opti­ker, Wirt­schafts­kam­mer Wien und Augen­arzt ist es kurz um Fol­gen­des gegan­gen: Einem Wie­ner Augen­arzt wurde vor­ge­wor­fen, mit unlau­te­ren Mit­teln Wer­bung für ein­zelne Opti­ker zu machen. Ein ande­res Optik­stu­dio hatte sich benach­tei­ligt gefühlt und gemein­sam mit der Wirt­schafts­kam­mer Wien (Fach­gruppe für Gesund­heits­be­rufe) auf Unter­las­sung geklagt; im Ver­fah­ren wurde fest­ge­stellt, dass es sich ledig­lich um zuläs­sige Infor­ma­tio­nen gehan­delt hat; das Gericht konnte keine unlau­te­ren Geschäfts­prak­ti­ken erken­nen und hat das umfang­rei­che Klags­be­geh­ren in sämt­li­chen Punk­ten abgewiesen.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 13–14 /​15.07.2016