Anerkennung als Arzt: Gleichwertigkeit ist entscheidend

10.05.2016 | Politik

Auf die Gleichwertigkeit kommt es an, will man ein in einem Drittstaat absolviertes Medizinstudium beziehungsweise eine ärztliche Ausbildung in Österreich anrechnen lassen. Darüber hinaus müssen ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache nachgewiesen werden.

Rechtliche Rahmenbedinungen müssten eingehalten werden und es gehe – „natürlich“ – um die Patientensicherheit, erklärt der Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte in der ÖÄK, Harald Mayer, bei einer Pressekonferenz zum Thema, wann und unter welchen Voraussetzungen Ärzte mit Drittstaatsqualifikationen in Österreich als Ärzte tätig sein dürfen. „Es geht einerseits um die Gleichwertigkeit des Studiums und andererseits um Sprachkenntnisse. Das sind die Voraussetzungen, um Ärzte, die als Flüchtlinge zu uns kommen, rasch einzubinden“, führt Mayer weiter aus.

Bis es jedoch soweit ist, erfolgt zunächst an der Medizinischen Universität Wien das Nostrifizierungsverfahren. Dieses ist, wie der Curriculumdirektor der Medizinischen Universität Wien, Univ. Prof. Gerhard Zlabinger, betont, „nicht immer ganz einfach“. Speziell, wenn die Kandidaten nicht aus Europa kommen, sei es „schwierig“, die inhaltliche Gleichwertigkeit des Studiums festzustellen. Die Bezeichnung der Studienfächer – wie beispielsweise etwa Chirurgie – sagt nichts über den tatsächlichen Inhalt aus.

Rund 80 bis 90 Prozent aller Nostrifizierungswerber in Österreich kommen an die MedUni Wien. Das Nostrifizierungsverfahren selbst dauert „unterschiedlich lange“, erklärt Zlabinger. Der Grund: Die Kandidaten verfügen oft noch nicht über ausreichend Deutschkenntnisse und treten deswegen nicht zu den Prüfungen im Rahmen des Nostrifizierungsverfahrens an. Noch ist kein nennenswerter Anstieg von Bewerbern – speziell aus Syrien – zu erkennen, berichtet Zlabinger. Von 2014 auf 2015 wurde ein leichter Anstieg von sieben auf elf Bewerber registriert.

Erst wenn das Nostrifizierungsverfahren an der Universität positiv abgeschlossen ist, kommt de facto die Österreichische Akademie der Ärzte ins Spiel. Alle Ärztinnen und Ärzte müssen, bevor sie in die Ärzteliste eingetragen werden können, deutsche Sprachkenntnisse nachweisen. Ausnahmen sind deutschsprachige Matura, deutschsprachiges Studium oder fünf Jahre Tätigkeit im Gesundheitswesen und Aufenthalt im deutschsprachigen Raum (siehe auch www.arztakademie.at/pruefungen/oeaek-sprachpruefung-deutsch/antrittsvoraussetzungen). Auch wer die postpromotionelle Ausbildung sowie die Arztprüfung im deutschsprachigen Raum absolviert hat, muss keine Deutschkenntnisse nachweisen und nicht zur Sprachprüfung antreten. Mediziner aus Drittstaaten, die somit nicht aus dem EWR-Raum oder der Schweiz kommen und auch nicht unter eine Ausnahmebestimmung fallen, haben die von der Akademie organisierte Sprachprüfung zu absolvieren.

In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Kandidaten, die zur Sprachprüfung antreten, versechsfacht. 2015 haben 325 Ärztinnen und Ärzte eine Sprachprüfung abgelegt; mehr als die Hälfte von ihnen (57 Prozent) war zwischen 25 und 35 Jahre alt. Die größte Gruppe stellen derzeit Ärztinnen und Ärzte aus Ungarn dar, gefolgt von Ärzten aus Rumänien und der Slowakei.

Aktuell sind in der Ärzteliste insgesamt 3.921 Ärzte mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft eingetragen: Zwölf davon sind Syrer, neun Iraker und sieben Afghanen. Die im Jahr 2005 eingeführte Sprachprüfung Deutsch besteht aus einem schriftlichen und zwei mündlichen Teilen. „Sie ist an die Realität des medizinischen Alltags gebunden“, betont Peter Niedermoser, Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte. In erster Linie gehe es darum, zu überprüfen, wie die Kommunikation mit dem Patienten und zwischen Kollegen abläuft. Doch es wird auch die schriftliche Kommunikation bewertet: etwa, wie ein Antrag an die GKK formuliert wird.
AM

Die vier Erfordernisse an die Ausbildung …

… um mit einer Drittstaatsqualifikation in die Ärzteliste eingetragen zu werden:

  1. Gleichwertigkeit des Studiums
  2. Gleichwertigkeit der Ausbildung
  3. Nachweis der Deutschkenntnisse
  4. Arzt-Prüfung

Der Ablauf

Hat man ein Medizinstudium beziehungsweise eine Ausbildung im Ausland absolviert, müssen folgende Anforderungen erfüllt sein, um als Arzt/Ärztin in Österreich arbeiten zu können:

  1. Gleichwertigkeit des ausländischen Studiums (in der Schweiz sowie im EWR absolvierte Medizin-Studien werden in der Regel aufgrund der Berufsqualifikationsrichtlinie 2005/36/EG automatisch anerkannt): Im Nostrifizierungsverfahren wird festgestellt, ob das in einem Drittstaat absolvierte Medizinstudium dem österreichischen Medizinstudium gleichwertig ist.
  2. Gleichwertigkeit der postpromotionellen Ausbildung im Hinblick auf Inhalt und Umfang: Wobei im EWR-Raum absolvierte postpromotionelle Ausbildungen in der Regel nach den Bestimmungen der Berufsqualifikationsrichtlinie 2005/36/EG automatisch anerkannt werden können.
  3. Nachweise von Deutschkenntnissen auf B2-Niveau.
  4. Eintragung in die Ärzte-Liste. Dafür sind folgende Nachweise zu erbringen: Eigenberechtigung, Vertrauenswürdigkeit (= Strafregisterauszug und gegebenenfalls „Certificate of Good Standing“) sowie die gesundheitliche Eignung. Weiters muss eine Aufenthaltserlaubnis für das gesamte Bundesgebiet sowie eine Arbeitserlaubnis vorliegen. Der Antrag für die Eintragung in die Ärzteliste muss bei der jeweils zuständigen Landesärztekammer gestellt werden.

Im Rahmen des Nostrifizierungsverfahrens wird an der jeweiligen MedUni die Gleichwertigkeit von Studium und Bildungseinrichtung festgestellt. Dabei werden Umfang und Inhalt des ausländischen Studiums mit jenem des österreichischen Curriculums verglichen. In der Folge wird in sogenannten Stichprobentests der aktuelle Stand in den klinischen Fächern überprüft. Rund 250 Fragen aus den Bereichen Chirurgie, Psychiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe etc. müssen beantwortet werden. Auf der Basis dieses Stichprobentests werden die Fächer, in denen für die Nostrifizierung eine Prüfung abgelegt werden muss, vorgeschrieben – zusätzlich zu den vier Pflichtfächern Rezeptierkunde, Hygiene und Präventivmedizin, Epidemiologie und Sozialmedizin sowie Medizinrecht.

In der Folge wird von der Universität ein Bescheid erstellt, mit dem die Aufnahme als ordentlicher Hörer erfolgt und in weiterer Folge Prüfungen abgelegt werden können. Sind alle Prüfungen absolviert, geht es mit der Anrechnung der Ausbildung weiter. Der Gesetzgeber hat die Ärztekammer mit der Anrechnung beziehungsweise Prüfung der im Ausland absolvierten praktischen Ausbildung eines Arztes beauftragt. Die ÖÄK hat die Anträge auf Anrechnung von Ausbildungszeiten all jener Personen zu prüfen, die ihre Arzt-Ausbildung in einem Dritt-Staat (alle außer EWR und Schweiz) begonnen oder abgeschlossen haben. Wer in einem Dritt-Staat eine Ausbildung abgeschlossen hat, muss jedenfalls eine Arztprüfung ablegen. Hat man die Prüfung bestanden und ist der Nachweis aller erforderlichen Ausbildungszeiten erbracht, kann – sofern ausreichende Deutschkenntnisse vorhanden sind und die weiteren formalen Voraussetzungen vorliegen – die Eintragung in die Ärzte-Liste erfolgen.

Ärztinnen und Ärzte mit nicht-deutscher Muttersprache müssen eine Sprachprüfung absolvieren; diese wird von der Österreichischen Akademie der Ärzte durchgeführt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2016