Ein Jahr Basisausbildung: Noch genug zu tun

15.12.2016 | Politik

Mit einer Gesamtnote von 2,53 hat die Basisausbildung nach der neuen Ärzteausbildungsordnung 2015 bei einer Online-Umfrage unter den ersten Absolventen nicht schlecht abgeschnitten. Verbesserungspotential gibt es trotzdem, unter anderem bei der Umsetzung des Ausbildungskonzeptes. Von Marion Huber

Mit einer Rücklaufquote von 46 Prozent ist die erste Online-Evaluierung der Basis-ausbildung nach der neuen Ärzteausbildungsordnung (ÄAO) über die Bühne gegangen. Die 223 Teilnehmer waren unter den ersten knapp 500 Ärzten, die die neue Basisausbildung abgeschlossen haben, und verteilten eine durchschnittliche Gesamtnote von 2,53 (Bewertung nach dem Schulnotensystem). „Nicht schlecht, aber für mich nicht gut genug“, bewertet Karlheinz Kornhäusl, Obmann der Bundessektion Turnusärzte: „Es gibt immer noch viel zu tun.“ Zum Vergleich: die allgemeinmedizinische Ausbildung wurde zuletzt mit 2,38 bewertet, die Facharzt-Ausbildung mit 2,36.

Wo es am meisten zu verbessern gibt, zeigen die Auswertungen der Umfrageergebnisse. Dabei wurden die „Top Ten“ der Faktoren ermittelt, deren Umsetzung am meisten Einfluss auf die Gesamtbewertung hatte.

Vier Faktoren davon stellten sich als Stärken der aktuellen Ausbildung heraus:

  • die Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen nach Nacht- und Wochenenddiensten: Dies war zu 97 Prozent „immer“ oder „meistens“ gegeben. Für Kornhäusl „besonders erfreulich, weil die Ärztekammer so lange dafür gekämpft hat“.
  • die Erreichbarkeit und Unterstützung durch die Stammmannschaft: zu 93 Prozent beziehungsweise 84 Prozent „immer“ oder „meistens“ gegeben.
  • die aktive Teilnahme an Abteilungsbesprechungen: 54 Prozent waren „immer“ oder „meistens“ aktiv eingebunden.
  • die Teilnahme an Visiten: 86 Prozent nahmen „häufig“ oder „immer“ teil.

Bei den restlichen Top-Faktoren für die Bewertung gibt es „Luft nach oben“, sagt Kornhäusl:

  • ein gutes Ausbildungskonzept: „Leider wurde die Umsetzung des Ausbildungskonzeptes nur als befriedigend bezeichnet“, sagt Kornhäusl. Hier ortet er „großes Aufholpotential“.
  • Das Bemühen des Ausbildungsverantwortlichen um die Ausbildung: Nur 37 Prozent gaben an, dass dies „immer“ oder „meistens/häufig“ vorhanden war.
  • Das Kennenlernen verschiedener Einheiten (etwa Ambulanz, Station etc.): nur 27 Prozent gaben an, dass dies anallen Abteilungen umgesetzt wurde.
  • Bedside Teaching: bei 76 Prozent der Teilnehmer fand es „selten“ oder „nie“ statt.
  • die Durchführung von Tätigkeiten bei Diagnostik und Therapie (früher: mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich) zum Erlernen, nicht im Routinebetrieb: Zwei Drittel der Befragten haben den mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich auch im Routinebetrieb durchgeführt. „Die Befragten fühlen sich nach wie vor oft als ‚Systemerhalter‘ eingesetzt“, kritisiert Kornhäusl.
  • Die Ambulanztätigkeit unter Anleitung: 56 Prozent konnten sie „immer“ oder „meistens“ durchführen.

Nach den weiteren beruflichen Zielen gefragt, gaben 37 Prozent der Absolventen an, sich für eine allgemeinmedizinische Ausbildung entschieden zu haben, 60 Prozent machen eine Ausbildung zum Facharzt. Ein Grund für Kornhäusl, in diesem Zusammenhang erneut auf die Lehrpraxis und ihre Finanzierung zu pochen: „Es kann doch nicht sein, dass die Politik es nicht schafft, die Mittel für die Lehrpraxis aufzubringen. Es geht dabei um die Zukunft der allgemeinmedizinischen Versorgung in Österreich.“

„Mit der neuen Ärzteausbildungsordnung ist uns etwas Großartiges gelungen. Wir legen damit international die Latte höher“, ist Kornhäusl überzeugt. Gleichzeitig fordert er von allen Ärzten Engagement und Mithilfe bei der Umsetzung ein: „Jeder Arzt muss sein Wissen an Junge weitergeben wollen.“ Nur: Am Wollen der Ärzte scheitert es oft nicht. „Die Primarii wollen oft etwas verbessern, aber es fehlen ihnen Personal und Zeit“, appelliert Kornhäusl auch an die Spitalsträger, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die Zahlen aus den Auswertungen sind dazu da, mögliche Schwachstellen zu identifizieren und sie auszumerzen, sagt Kornhäusl. Er zieht einen Vergleich mit der Turnus-Evaluierung in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner: Dort gab es bei der ersten Umfrage 2011 noch die Gesamtnote 2,84; sie hat sich seitdem konstant verbessert und liegt heute bei 2,38. Ein Musterbeispiel aus dieser Umfrage: Eine Abteilung, die bei der Turnus-Evaluierung vor zwei Jahren noch unter den schlechtesten in Österreich rangierte, hat es mittlerweile sogar unter die „Top Ten“ des Landes geschafft. „Daran sieht man, was alles möglich ist – wenn alle wollen.“

Daten & Fakten

Von Juli bis November 2016 haben 223 Ärzte an der Online-Evaluierung der Basisausbildung teilgenommen. Insgesamt wurden alle 485 Ärzte eingeladen, die die neunmonatige Basisausbildung abgeschlossen hatten. Neben der Beantwortung der Fragen gab es die Möglichkeit, die Gesamtnote im Freitext zu begründen. Die Bundeskurie Angestellte Ärzte der ÖÄK hat das Ärztliche Qualitätszentrum in Linz mit der Umfrage beauftragt, das auch für die seit 2011 jährlich durchgeführten Turnusärzte-Evaluierungen verantwortlich ist.

Auch 2017 soll wieder eine Evaluierung der Basisausbildung stattfinden.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2016