Angestellte Ärzte: Die Herausforderungen

15.08.2016 | Politik

Nach wie vor ist der Zustrom der Patienten in die Ambulanzen ungesteuert, der bürokratische Aufwand in den Spitälern enorm und die Altersstruktur der Spitalsärzte wird zunehmend von Bedeutung. Mit all diesen Entwicklungen hat sich die Bundeskurie angestellte Ärzte auseinandergesetzt und Lösungsvorschläge beziehungsweise Forderungen präsentiert.

Es sind Themen, die den angestellten Ärztinnen und Ärzten schon seit Jahren unter den Nägeln brennen: der nach wie vor ungesteuerte Patienten-Zustrom in die Spitalsambulanzen, die Arbeitsverdichtung insgesamt und der Ärztemangel, der inzwischen nicht nur ein Faktum im niedergelassenen Bereich ist, sondern sich auch zunehmend in den Spitälern bemerkbar macht – u.a. aufgrund der demografischen Entwicklung.

Ambulanzen als Lückenbüßer

Die Verkürzung der Arbeitszeit durch die Umsetzung der KA-AZG-Novelle wird von den Ärztinnen und Ärzten begrüßt; dies hat erst die jüngste IFES-Umfrage der Bundeskurie angestellte Ärzte der ÖÄK über die Arbeitszufriedenheit der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte bestätigt. In den Sommermonaten machen sich – auf aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit von Ärzten und Pflegepersonal – die ohnehin schon lange bekannten Defizite in noch viel stärkerem Ausmaß bemerkbar. „Die verkürzte Arbeitszeit bedeutet ja nicht, dass wir automatisch weniger zu tun haben. Die Patienten werden ja nicht weniger und müssen versorgt werden“, sagt Bundeskurienobmann Harald Mayer. Dazu kommt noch, dass die Ambulanzen oft zum „Lückenbüßer für den Versorgungsmangel im niedergelassenen Bereich“ werden, wie es Harald Mayer formuliert.

Mehr Patienten bedeutet aber auch mehr Administration, die ja ohnehin schon enorme Ausmaße annimmt: Laut IFES-Studie müssen Spitalsärzte rund ein Drittel ihrer Arbeitszeit für Administration aufwenden; bei den Turnusärzten ist es sogar die Hälfte ihrer Arbeitszeit. Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, hat die Bundeskurie angestellte Ärzte eine Initiative gestartet: Unter der E-Mail-Adresse buerokratieabbau@aerztekammer.at können konkrete Problembereiche aufgezeigt werden (Details dazu siehe Kasten).

Eine weitere große Herausforderung: die demographische Entwicklung. Sie zeichnet sich nicht nur in der Bevölkerung insgesamt ab, sondern auch bei der Altersstruktur der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte. Im Jahr 2015 beispielsweise war bereits jeder fünfte Spitalsarzt älter als 55 Jahre. Mayer dazu: „Schon jetzt müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Lücken aufgrund dieser Pensionierungswelle füllen werden.“

Der steigende Anteil der Frauen unter Ärzten ist ein weiteres Faktum, das es zu berücksichtigen gilt. So liegt beispielsweise der Frauenanteil unter angehenden Fachärzten bei 60 Prozent. Für Frauen und Männer wird darüber hinaus die Work-Life-Balance immer wichtiger in ihrem Leben. Entsprechende Angebote wie zum Beispiel flexible Arbeitszeiten oder Angebote zur Kinderbetreuung im Spital werden hier zunehmend von Bedeutung sein.

Die Lösungsvorschläge der Bundeskurie angestellte Ärzte für diese Entwicklungen:

  • Individuelle Arbeitszeitmodelle und Betriebsvereinbarungen.
  • Die Verkürzung der Arbeitszeit in den Spitälern darf nicht mit einer Streichung von Diensträdern und Nachtdiensten einhergehen.
  • Start einer Kampagne zur Entbürokratisierung: Vorschläge können unter der E-Mail-Adresse buerokratieabbau@aerztekammer.at übermittelt werden.
  • Evaluierungen der praktischen Ausbildung gegen den Ärztemangel: So sind entsprechende Adaptierungen möglich und auch Arbeitsbedingungen können angepasst werden, die zu einer Attraktivierung des Berufes Spitalsarzt führen.
  • Anpassung der Arbeitsbedingungen in Spitälern an das sich verschiebende Geschlechterverhältnis und an die Bedürfnisse der jungen Ärztinnen und Ärzte.
  • Karrieremodelle für arrivierte Fachärzte, um sie im Spital zu halten, sowie altersgerechte Arbeitszeitmodelle.
  • Der Selbstzuweisung der Patienten in die Spitalsambulanzen muss ein Riegel vorgeschoben werden.
  • Entlastung der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte durch die Umsetzung des mitverantwortlichen Tätigkeitsbereichs
  • Einbeziehung der Bedürfnisse der „Generation Y“
  • Perspektiven für die künftige Ärztegeneration müssen unter anderem neue Strukturen und abgeflachte Hierarchien beinhalten.

AM


Kampagne für Bürokratieabbau

Spitalsärzte, die unter der Bürokratie- und Administrationsarbeit in Spitälern leiden, können ihre Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge an die E-Mail-Adresse buerokratieabbau@aerztekammer.at schicken. Im Rahmen einer Kampagne will die Bundeskurie Angestellte Ärzte der ÖÄK Ideen sammeln, aufarbeiten und mit Lösungsvorschlägen die ärztliche Tätigkeit in Spitälern entbürokratisieren.

Die ersten diesbezüglichen Meldungen sind bereits eingelangt und sie zeigen das Dilemma ganz klar auf: Ganz generell wird kritisiert, dass permanent neue Programme und Systeme eingeführt werden, was einen zusätzlichen administrativen Aufwand erfordere. Auch müssten Ärztinnen und Ärzte beispielsweise Entlassungsbriefe selbst schreiben oder aber eingehende Befunde in Kurven einsortieren. Die Lösung, die hier mehrfach genannt wird: die rasche Einführung von Dokumentationsassistenten.

Mit der Initiative zum Bürokratieabbau sollen direkt von den betroffenen Ärzten Erfahrungen eingeholt werden; selbstverständlich werden alle einlangenden E-Mails vertraulich behandelt. Die Bundeskurie Angestellte Ärzte wird daraus anschließend praktische Lösungsvorschläge erarbeiten und diese den Entscheidungsträgern in der Politik vorlegen. „Wir wollen gemeinsam mit den betroffenen Ärzten Lösungen erarbeiten, um diese Belastung zu reduzieren und so wieder mehr Zeit für unsere Patienten zu haben“, betont Bundeskurienobmann Harald Mayer.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2016