kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.06.2016 | Medizin

Luftverschmutzung erhöht Insult-Risiko

Weltweit könnte die Belastung durch Insulte um 29,2 Prozent verringert werden, wenn Menschen nicht der Luftverschmutzung ausgesetzt wären. Das ergab eine Studie von internationalen Forschern um Valery Feigin von der Auckland University of Technology (Neuseeland), die auf Erhebungen der Global Burden of Disease Study 2013 basiert und Daten aus 188 Ländern umfasst. Die Wissenschafter bezogen sich auf Lebensjahre, die Betroffene durch vorzeitigen Tod oder durch eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung verlieren („Dalys“: disability-adjusted life years). Dies umfasse nicht nur Luftverschmutzung in der Umgebungsluft sondern auch in Haushalten etwa durch das Kochen oder Heizen mit Kohle. In Industrienationen mache die Luftverschmutzung 10,2 Prozent der „Dalys“ aus, in Entwicklungsländern sogar 33,7 Prozent. In Österreich werden demnach 1,2 Prozent der „Dalys“ durch äußere Luftverschmutzung verursacht; 15,6 Prozent durch Rauchen. Der Mechanismus: Die Luftverschmutzung wirkt negativ auf die Innenhaut der Blutgefäße, erhöht den Blutdruck und das Risiko für eine Thrombose.
APA/The Lancet Neurology

Wolbachia-Bakterien als Malaria-Schutz

Besiedeln Wolbachia-Bakterien Mücken, verringert sich die Übertragungsgefahr von Malaria erheblich. Anopheles-Mücken galten jedoch lange Zeit als frei von Wolbachia. Ein Team um Flaminia Catteruccia von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston entdeckte in zwei Anopheles-Arten – A. coluzzii und A. gambiae – jedoch vor einigen Jahren einen Wolbachia-Stamm, den sie „wAnga“ nannten. Von den mehr als 600 Anopheles coluzzii-Mücken, die die Forscher 2014 in Burkina Faso einsammelten, waren 46 Prozent von wAnga befallen. Unter 221 Mücken kamen – mit einer einzigen Ausnahme – Wolbachia-Bakterien und Malaria-Erreger nicht gemeinsam in einer Mücke vor. Modellrechnungen der Forscher ergaben, dass sich die Anzahl der Malaria-Infektionen mit der Ausbreitung von Mücken, die mit Wolbachia-Bakterien besiedelt sind, erheblich verringern würde.
APA/Nature Communications

Migräneattacken: Auslöser individuell erfassen

Im Rahmen einer Studie der MedUni Wien in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Start-Up-Unternehmen „Curelator“ wurden erstmals die Auslöser für eine Migräneattacke nicht für ein Kollektiv, sondern für jeden einzelnen Patienten individuell ermittelt. Dabei wurden Einzelfall-Analysen mit der Analyse der Gesamtgruppe aller Studienteilnehmer verglichen. Von den 326 Patienten, die 90 Tage lang ein detailliertes Tagebuch geführt hatten, ließen sich mittels Einzelfall-Analysen bei 87 Prozent der Betroffenen mögliche Migräne-Auslöser nachweisen; pro Studienteilnehmer waren es durchschnittlich vier mögliche Auslöser. Univ. Prof. Christian Wöber von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien dazu: „Unerwartet war, dass das individuelle Profil möglicher Auslöser außerordentlich variabel und bei 85 Prozent der Patienten einzigartig war.“ Jeder der 33 untersuchten Migräne-Auslöser stand zumindest bei einzelnen Patienten mit Migräne-Attacken in Zusammenhang; bei der Gesamtanalyse aller Studienteilnehmer war dies hingegen nur für acht Faktoren der Fall. Damit sei nun erstmals ein Zusammenhang zwischen Migräne-Attacken und einem breiten Spektrum an möglichen Migräne-Auslösern für jeden einzelnen Betroffenen möglich, so Wöber, der darin einen Schritt in Richtung „personalisierte Migränebehandlung“ sieht.
MedUni Wien/Cephalgia


Neues Verfahren zur Züchtung menschlicher Knochen

Das Team von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg unter der Leitung von Dirk Strunk hat in Zusammenarbeit mit Wissenschaftern der Stanford Universität ein neues Verfahren zur Züchtung von menschlichen Knochen entwickelt. Dabei wird aus Knochenstammzellen in einer Maus menschlicher Knochen gezüchtet; im Anschluss menschliches Knochenmark in diese Umgebung transplantiert. Damit ist eine nahezu reale Darstellung der menschlichen Bedingungen im Tiermodell möglich.
APA/Nature Medicine

Vakzine gegen toxisches Schocksyndrom

Einen möglichen Impfstoff gegen das toxische Schocksyndrom (TSS; auch als „Tamponkrankheit“ bekannt) nach Staphylokokken-Infektionen hat die Biomedizinische Forschungs-GmbH unter der Leitung von Univ. Prof. Martha Eibl entwickelt. Das Antigen des geplanten Impfstoffs besteht aus Toxin-Anteilen von Staphylokokken, die keine Toxizität mehr aufweisen. Das TSS-Syndrom betrifft vor allem Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Derzeit läuft die Phase II-Studie; bis zum klinischen Einsatz des Impfstoffes wird es noch Jahre dauern.
APA/Lancet Infectious Diseases

Melanomzellen: Apoptose durch Statine

In Labortests können Statine in Anwesenheit von Interleukin 6 in Melanomzellen die Apoptose auslösen. Das haben Wissenschafter um Univ. Prof. Martin Hohenegger vom Institut für Pharmakologie und Christoph Minichsdorfer vom Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien herausgefunden. Simvastatin konnte in frühphasigen Melanomzellen zunächst keine zelluläre Apoptose auslösen; erst bei Zugabe von Interleukin 6 setzte dieser Mechanismus ein.
APA/Melanoma Research

Prävention von Brustkrebs: mögliche Option

Genetisch bedingter Brustkrebs kann durch die Blockade eines Knochengens weitgehend verhindert werden, wie die Wissenschafterin Verena Sigl aus der Forschungsgruppe von Univ. Prof. Josef Penninger am IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie) in Wien herausgefunden hat. Im Rahmen einer Studie verglich Sigl Mäuse mit einer Mutation am BRCA1-Gen. In einer Linie waren RANK/RANKL (Proteine des Knochenstoffwechsels, die über ein Signal Brustzellen zum Wachstum anregen) aktiv. Das führte dazu, dass sich in der Brust Karzinome und höhergradig maligne Veränderungen entwickelten. In der anderen Linie, in der RANK genetisch blockiert wurde, konnte bei keiner einzigen Maus ein Karzinom entdeckt werden. Daraufhin isolierten die Wissenschafter zusammen mit Forschern der MedUni Wien und aus Toronto Brustgewebezellen von Frauen, die sich aufgrund einer BRCA1-Mutation einer präventiven Mastektomie unterzogen hatten. Nach der Blockade von RANK wurden auch in der menschlichen Zellkultur das Wachstum und die Ausbreitung der Zellen stark vermindert. Laut Sigl sind die Ergebnisse deswegen so spannend, weil es bereits ein Medikament gegen RANKL auf dem Markt gibt: Denosumab. Eine Prävention bei Frauen, die die BRCA1-Genmutation aufweisen, wäre also möglich. In klinischen Studien muss jetzt die Wirksamkeit beim Menschen bestätigt werden.
APA/IMBA


Mitochondrien-Enzym hält schlank

Nicholas Morton von der Universität Edinburgh hat im Rahmen einer internationalen Studie unter Beteiligung von Maximilian Zeyda von der MedUni Wien in den Mitochondrien von Fettgewebezellen das Enzym Thiosulfat-Sulfurtransferase entdeckt. Im Tierversuch hielt dieses Enzym bei erhöhter Aktivität dünn und schützte auch vor der Entstehung von Typ 2-Diabetes; umgekehrt erkrankten Mäuse, die dieses Enzym nicht hatten, schnell an Diabetes und wurden übergewichtig. Der Effekt des Enzyms dürfte darauf beruhen, dass die Funktion der Mitochondrien verbessert wird sowie Sauerstoffradikale und Sulfide, die bei Stoffwechselvorgängen entstehen, schneller abgebaut werden.
APA/Nature Medicine

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2016