kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.04.2016 | Medizin

Aufklärungsoffensive Schlaganfallprävention

Rund 25.000 Österreicher pro Jahr erleiden einen Schlaganfall, fünf Prozent davon sind jünger als 45 Jahre, jeder sechste Betroffene verstirbt, berichteten Experten kürzlich im Rahmen der Aufklärungsoffensive „Primärprävention Schlaganfall“ bei einer Pressekonferenz in Wien. Neben dem persönlichen Leid verursachen Schlaganfälle in Österreich jährlich Gesamtkosten in Höhe von rund einer Milliarde Euro, erklärte Univ. Prof. Stefan Kiechl von der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck.

Zwar sei das Gesundheitsbewusstsein in der österreichischen Bevölkerung insgesamt gestiegen, dennoch verdrängten vielen Menschen das Insult-Risiko, „solange nichts passiert“, wie der Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Reinhold Glehr, betonte. Jeder zweite Schlaganfall könnte laut Glehr mit entsprechenden vorbeugenden Maßnahmen verhindert werden. Patienten mit Vorhofflimmern wiederum haben ein fünffach erhöhtes Insultrisiko, betonte Univ. Prof. Franz Weidinger von der 2. Medizinischen Abteilung an der Krankenanstalt Rudolfstiftung Wien. Aktuellen Studien zufolge haben Frauen mit Vorhofflimmern ein zweifach höheres Insult-Risiko als Männer.

Kompetenzpartner der Aufklärungsoffensive sind die Österreichische Gesellschaft für Neurologie, die Österreichische Kardiologische Gesellschaft, die Österreichische Schlaganfallgesellschaft sowie die Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM). Weitere Partner sind Bayer Austria GmbH, die Ärztebank und boso.

Cyclotide bei Multiple Sklerose?

Bei Multipler Sklerose kann die einmalige orale Gabe von synthetischen Pflanzenpeptiden – sogenannten Cyclotiden – die Entwicklung von klinischen Symptomen und Krankheitsschüben eindämmen. Das haben Forscher um Christian Gruber und Gernot Schabbauer vom Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien im Tiermodell herausgefunden. Cyclotide – ihr Wirkmechanismus wurde vor drei Jahren an der MedUni Wien entdeckt – unterdrücken den Botenstoff Interleukin-2 und damit die Zellteilung der TZellen. Nun soll ein orales MS-Medikament entwickelt werden; die klinische Phase-I-Studie könnte mit Ende 2018 starten.
APA/PNAS

Schlaganfall: Hirnstimulation verbessert Sprache

Bei Menschen, die nach einem Insult an Aphasie leiden, verbessert elektrische Hirnstimulation die Sprachfähigkeit. Für die Modellstudie an der Berliner Charité wurden 26 weibliche und männliche Patienten mit dauernder Aphasie acht Tage lang täglich mit transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) behandelt. Gleichzeitig absolvierten sie drei Stunden Sprachtraining. Eine Gruppe erhielt während des Trainings die elektrische Stimulation, die zweite eine Scheinstimulation. Zwar verbesserte sich durch das Training die Sprachfähigkeit in beiden Gruppen; die Gruppe mit der richtigen Stimulation machte aber in jeder Sitzung größere Fortschritte, so Studienleiterin Agnes Flöel, die als Neurologin an der Berliner Charité tätig ist. Die positiven Effekte hielten für etwa sechs Monate an. Die Betroffenen konnten Gegenstände besser korrekt benennen und Alltagssituationen leichter bewältigen. Eine größere Studie mit 150 bis 200 Patienten an verschiedenen Standorten soll nun folgen.
APA/Brain

Stichfreie Blutzuckermessung für Kinder

Ein Glukosemess-System, das bis dato nur für Erwachsene zugelassen war, hat nun die Zulassung für die Verwendung bei Kindern erhalten. Damit können Kinder und Jugendliche im Alter von vier bis 17 Jahren mit Typ 1-Diabetes stichfrei ihre Blutzuckerwerte messen. Hierfür wird am äußeren Oberarm ein selbstklebender Sensor mit einer fünf Millimeter langen und 0,4 Millimeter dicken Faser angebracht. Diese dringt beim Aufbringen schmerzlos in das Unterhautgewebe ein und erfasst den Blutzucker via Gewebsflüssigkeit. Den aktuellen Blutzuckerwert erhält man, wenn man mit einem kleinen Lesegerät mit Bildschirm über den Sensor fährt. Alle 15 Minuten erfolgt eine Messung, so dass ein Profil über die vergangenen acht Stunden erstellt wird. Das Sensor- Modul wird nach einer Tragezeit von 14 Tagen entsorgt.

Höheres Abort-Risiko durch Koffein?

Der Konsum von mehr als zwei koffeinhaltigen Getränken kurz vor der Empfängnis und zu Beginn der Schwangerschaft erhöht das Risiko einer Fehlgeburt – und gilt gleichermaßen für den Koffeinkonsum von Mutter und Vater. Das hat eine US-amerikanische Studie von den National Institutes of Health (NIH) und der Universität Ohio ergeben. Dafür wurden zwischen 2005 und 2009 mehr als 500 Paare in den Bundesstaaten Michigan und Texas zu ihrem Koffein- und Tabakkonsum befragt. Unter den 344 Paaren, die schwanger wurden, gab es 98 Fehlgeburten (28 Prozent). Das Risiko einer Fehlgeburt stieg um den Quotienten 1,74, wenn die Frau durchschnittlich mehr als zwei koffeinhaltige Getränke pro Tag zu sich nahm; bei Männern mit entsprechendem Konsum um den Quotienten 1,73. Die Einnahme von Vitaminen verringerte das Risiko. APA/Fertility and Sterility

Vorhofflimmern: Tod des Partners erhöht Risiko

Im ersten Trauerjahr nach dem Tod eines Partners ist das Risiko, erstmals Vorhofflimmern zu entwickeln, um 41 Prozent höher als bei anderen Menschen. Am höchsten ist es acht bis 14 Tage nach dem Todesfall; nach einem Jahr ist es wieder so hoch wie bei anderen. Dänische Wissenschafter haben die Daten von fast einer Million Dänen aus den Jahren 1995 bis 2014 ausgewertet: 88.612 Menschen mit Vorhofflimmern und 886.120 gesunde Menschen. Am stärksten gefährdet sind demnach unter 60-Jährige: Bei ihnen verdoppelt sich das Risiko. Daten zum Lebensstil, dem Ernährungs- und Bewegungsverhalten oder eine mögliche erbliche Vorbelastung wurden im Rahmen der Studie nicht berücksichtigt. APA/Open Heart

HPV: Trichloressigsäure gegen Cervix-CA

Die einmalige Anwendung von Trichloressigsäure kann bei Vorstufen des Zervixkarzinoms bei 82 Prozent der Betroffenen eine komplette Remission erzielen. Das haben Wissenschafter um Univ. Prof. Paul Speiser von der Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der MedUni Wien gezeigt. Im Gegensatz zur Konisation steigt beim Auftupfen von 85-prozentiger Trichloressigsäure auf die betroffenen Areale das Risiko einer Frühgeburt nicht. Ersten Daten zufolge könnte mit einer zweiten Behandlung die Erfolgsrate auf über 90 Prozent steigen. Für die breite Anwendung fehlen laut den Forschern aber weitere Daten. APA/Obstetrics & Gynecology

Arthrose: Paracetamol wirkt kaum

Paracetamol zeigt bei Arthrose kaum Wirkung – weder wirkt es analgetisch, noch verbessert es die Beweglichkeit. Ein Team um Sven Trelle von der Universität Bern hat in einer Meta-Analyse mit Daten von knapp 60.000 Patienten 22 Therapien gegen Arthrose verglichen: verschiedene Dosierungen von Paracetamol und sieben NSAR. Unabhängig von der Dosierung schnitt Paracetamol in den meisten Vergleichen am schlechtesten ab; wenn auch etwas besser als Placebo. Diclofenac in der Dosis von 150 mg/die erzielte dagegen bei allen Patienten eine Wirkung. Eine sehr gute Wirkung zeigten auch die COX-2-Inhibitoren Rofecoxib (25 mg/die) und Etoricoxib (60 mg/die), die aber aufgrund der höheren kardiovaskulären Risiken nicht langfristig verschrieben werden können. APA/The Lancet

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2016