COPD: Kombiniert therapieren

10.11.2016 | Medizin

Rund 20 Prozent aller COPD-Erkrankungen in Österreich betreffen Nichtraucher. Laut WHO wird COPD im Jahr 2030 weltweit die dritthäufigste Todesursache sein. Bei der Therapie können medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen in Kombination entsprechende Erfolge erzielen. Von Marlene Weinzierl

Die Prävalenz von COPD wird heute auf etwa vier bis 21 Prozent der Weltbevölkerung geschätzt. Genaue epidemiologische Daten stehen auch in den Industrienationen nicht überall zur Verfügung. Nähere Erkenntnisse für Österreich erhofft man sich von der derzeit laufenden LEAD-Studie (Lung – hEart – sociAl – boDy). Dabei untersuchen Wissenschafter des Ludwig Boltzmann-Instituts 10.000 Wiener und Niederösterreicher alle vier Jahre, um über einen Zeitraum von zwölf Jahren unter anderem Daten zur Lungengesundheit wie Ursachen, Entstehung und Verlauf von pneumologischen Erkrankungen mit Schwerpunkt COPD zu erheben. Wert wird auch auf die Ermittlung von sozioökonomischen Hintergründen gelegt, die bekanntermaßen mit der Erkrankung in Zusammenhang stehen.

Als Hauptursache für COPD gilt vor allem in den westlichen Industrienationen und Asien der übermäßige Konsum von Zigaretten beziehungsweise Zigarren, sagt Priv. Doz. Bernd Lamprecht von der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum in Linz. Doch nicht nur die Inhalation von Tabakrauch führe nach einiger Zeit zu Symptomen der COPD wie Atemnot bei Belastung und – zum Teil produktivem – Husten, wie der Experte erklärt: Fast die Hälfte aller COPD-Erkrankungen weltweit sei auf Biomasse-Exposition zurückzuführen. Vor allem in Indien, China und den Entwicklungsländern wird bei offenem Feuer und in schlecht ventilierten Räumen geheizt und gekocht, weshalb dort vorwiegend Frauen von COPD betroffen sind.

COPD bei Nichtrauchern

Auch in Österreich treten laut Lamprecht 20 Prozent aller COPD-Erkrankungen bei Nichtrauchern auf: Vor allem Passivrauchen und Schadstoffbelastung am Arbeitsplatz sind hierzulande für diese Entwicklung verantwortlich. Holzrauch als Risikofaktor spielt in Österreich eine untergeordnete Rolle, dürfe jedoch nicht ignoriert werden, betont Univ. Prof. Horst Olschewski von der Abteilung für Pulmonologie an der Medizinischen Universität Graz. Demnach leiden einer US-amerikanischen Studie zufolge Besitzer von offenen Kaminen bei gleichem Zigarettenkonsum häufiger an einem Lungenemphysem.

Der erste Schritt bei der Therapie einer COPD ist immer, den Risikofaktor zu vermeiden. „Das gelingt leider in vielen Fällen nicht“, bedauert Lamprecht. So profan der Hinweis auch erscheinen mag: Als Arzt sollte man nicht darauf vergessen, jedem Raucher vom Tabakkonsum abzuraten, unterstreicht Olschewski. In seinen Augen ist es „einer der häufigsten Fehler“ überhaupt, den Patienten nicht nach seinem Rauchverhalten zu befragen. Denn: „Mit der Frage nach dem Rauchen macht der Arzt dem Patienten deutlich, dass ihm das ein wichtiges Thema ist. Er erhöht damit die Chance, dass dieser mit dem Rauchen aufhört“, erklärt der Experte. Wird das Thema hingegen aus Rücksicht auf die Empfindlichkeit des Patienten nicht angesprochen, zeige dies dem Patienten, dass der Arzt sein Verhalten billigt.

In den letzten Jahren wird das Augenmerk verstärkt auf allfällige Komorbiditäten gelegt. Olschewski dazu: „Da gerade bei Patienten im höheren Alter sowohl die Lunge als auch das Herz angegriffen sind, sollten sowohl der Pneumologe als auch der Kardiologe immer auch das Nachbarorgan im Auge behalten.“ Dies spiele besonders für die weitere Therapieentscheidung eine Rolle, da die von anderen Fachdisziplinen empfohlenen Therapien auf keinen Fall wegen einer Obstruktion der Atemwege im Rahmen einer COPD abgesetzt werden dürften.

Anticholinergika und Betasympathomimetika bilden zusammen mit antiinflammatorischen Medikamenten in Phasen der Exazerbation die Eckpfeiler der medikamentösen Behandlung der COPD. Allerdings gibt es hierzulande auch eine Reihe von nicht-medikamentösen Maßnahmen, die – stadiengerecht und richtig angewandt – große Erfolge erzielen können.

Pneumologische Rehabilitation

Zu den nicht-medikamentösen Therapien der COPD ab Stadium II gehört zunächst die pneumologische Rehabilitation. Diese beinhaltet Atemübungen, leichtes Kraft- und Ausdauertraining sowie Schulungen, um die Betroffenen über ihre Erkrankung und die richtige Anwendung der Medikamente zu informieren. Wird darüber hinaus im Blut des Patienten ein Sauerstoff-Mangel nachgewiesen, kommt laut Lamprecht eine Langzeit-Sauerstoff-Therapie infrage. Voraussetzung dafür: Der Patient muss das Rauchen aufgeben, da in Kombination mit Zigarettenrauchen erhöhte Brandgefahr besteht.

Ähnlich wie bei der Schlafapnoe kommt die Continuous Positive Airway Pressure- Methode (CPAP) auch bei der Behandlung der COPD zum Einsatz. Vor allem bei Patienten mit fortgeschrittener COPD kommt es wegen der Schwierigkeiten beim Atmen zum erhöhten Kohlenstoffdioxid-Gehalt im Blut, was Müdigkeit, Antriebslosigkeit und häufig auch Kopfschmerzen zur Folge hat. Bei der nicht-invasiven Beatmung mittels Maske wird die Ventilation unterstützt, indem nicht nur das Sauerstoffproblem gelöst, sondern gleichzeitig auch der erhöhte Kohlendioxid-Spiegel reduziert werden kann.

Bei einer schweren COPD besteht außerdem die Möglichkeit, eine Lungenvolumsreduktion durchzuführen. Dabei wird jener Teil der Lunge, der besonders stark geschädigt ist, chirurgisch entfernt, um damit den verbleibenden Lungenanteilen eine bessere Entfaltung zu ermöglichen. Die Weiterentwicklung stellt die endoskopische Lungenvolumsreduktion dar, bei der in überblähte Lungenareale kleine Ventile eingebracht werden, um eine Atelektase zu erzeugen. Diese Ventile erlauben das Austreten von Luft aus der Lunge, während das Eintreten von neuer Luft verhindert wird. Auf diese Weise kann das Volumen von bestimmten Lungenlappen verkleinert werden. Neben diesem etablierten Ansatz gibt es auch erste positive Erfahrungen mit Coils: Mittels Spiralen, die in das Lungengewebe eingebracht werden, soll die Spannung des Gewebes wieder verbessert werden. Allerdings wird dieser neue Ansatz derzeit nur vereinzelt angewendet.

Ultima ratio bei schwerstgradiger COPD ist die Lungentransplantation. Lamprecht dazu: „Sie stellt für ausgewählte Patienten, bei denen keine Aussicht auf Besserung der Symptome besteht, eine vielversprechende Möglichkeit dar.“ Heute werden zumeist Double-Lung-Transplantationen durchgeführt. Für diesen Eingriff dürfe der Patient im Idealfall das 65. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Neben einer rechtzeitigen Evaluierung und einer Reihe von Voruntersuchungen ist es wichtig, zu klären, ob der Patient für diesen Eingriff und die anschließende Therapie geeignet ist: „Die größere Herausforderung ist die meist jahrelange immunsuppressive Therapie nach der Operation. Der Patient darf nicht die Vorstellung haben, dass er nach der Operation frei von Medikation und Kontrollen sein wird“, warnt Lamprecht.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2016