Stand­punkt – Vize-Präs. Karl Forst­ner: Muss man sich Sor­gen machen?

10.09.2015 | Standpunkt

© Ärztekammer für Salzburg

Keine Spur von Urlaubs­ruhe, nicht ein­mal auf das mediale Som­mer­loch ist Ver­lass. Kaum waren zukünf­tige Regis­trier­kas­sen­pflicht, Aus­weis­kon­trol­len und Mys­tery Shop­ping in ärzt­li­chen Ordi­na­tio­nen im Par­la­ment beschlos­sen, wur­den wir in Kennt­nis gesetzt, dass ein „PHC-Gesetz“ in sei­nen letz­ten Zügen der Vor­be­rei­tung und somit unmit­tel­bar vor der Tür stehe.

Die vor kur­zem noch ver­meint­lich sanier­ten Kran­ken­kas­sen pro­gnos­ti­zie­ren erheb­li­che Ver­luste. Sie haben neben der gesamt­wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung mit der Medi­ka­men­ten­preis­ent­wick­lung eine Haupt­ur­sa­che, und mit der Phar­ma­in­dus­trie auch einen Schul­di­gen iden­ti­fi­ziert. Diese ver­tei­digt unter Hin­weis auf Inno­va­tion ihre Preis­ge­stal­tung und emp­fiehlt in bestechen­der Ori­gi­na­li­tät das Spa­ren in ande­ren Berei­chen. Und weil es um Spa­ren und Ori­gi­na­li­tät geht, durfte natür­lich Haupt­ver­bands­chef McDo­nald nicht feh­len. Sein ansatz­lo­ser Hüft­schuss gegen die „Kur“ ver­dient zumin­dest schieß­tech­nisch Respekt. Nach­den­ken kann man ja spä­ter. Dann aber auch eine Mel­dung aus der Stan­des­ver­tre­tung. Weil nie­der­ge­las­sene Ärzte mit all die­sen Ent­wick­lun­gen nicht zufrie­den seien, droh­ten sie mit Maß­nah­men bis hin zum Streik.

Dies ist eine Aus­wahl der media­len Som­mer- und Urlaubs­be­ob­ach­tung. Viele The­men ohne mediale Auf­merk­sam­keit blei­ben hier unbe­rück­sich­tigt. Aber auch diese Aus­wahl reicht für mas­si­ves Unbe­ha­gen. Ich will die inhalt­li­chen Aspekte der ange­spro­che­nen Punkte hier sicher nicht auf­grei­fen, aber der Stil der Aus­ein­an­der­set­zung kann nicht hin­ge­nom­men wer­den und kann nicht dau­er­haft blei­ben. Ja, diese unsere Gesell­schaft steht vor neuen Her­aus­for­de­run­gen, sie ver­än­dert sich fun­da­men­tal, und manch­mal beängs­ti­gend in Geschwin­dig­keit und Rich­tung. Das Gesund­heits­sys­tem wird sich dem nicht ent­zie­hen kön­nen. Dies wird auch von Ärz­tin­nen und Ärz­ten Fle­xi­bi­li­tät bei den beruf­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen, Ände­run­gen in den Struk­tu­ren und gewohn­ten Arbeits­ab­läu­fen for­dern und unver­zicht­bar machen. Grund­sätz­lich sollte ja ein Berufs­stand, der mit einer fast ein­zig­ar­ti­gen Wis­sens­dy­na­mik kon­fron­tiert ist und mit die­ser auch umge­hen muss, mit Ver­än­de­run­gen zurechtkommen.

Die­sen not­wen­di­gen Anpas­sun­gen, die­sem Umbau kann und wird sich eine Ärz­te­schaft nicht ver­schlie­ßen. Aber sie wird dia­log­fä­hige Part­ner brau­chen. Part­ner, die nicht in den Wider­sprü­chen unlo­gi­scher Finanz­ströme, in der Poly­pho­nie von Zustän­dig­kei­ten und in dog­ma­ti­schen Ein­maue­run­gen gefan­gen sind. Wir brau­chen Part­ner, die für diese Gesell­schaft ver­bind­li­che Ziele defi­nie­ren, die auch öko­no­misch nach­hal­tig bedeckt sind. Die­ser gesell­schaft­li­che Auf­trag muss nicht zwin­gend mit ärzt­li­chen Posi­tio­nen ide­al­ty­pisch über­ein­stim­men. Er ist aber Grund­vor­aus­set­zung für einen red­li­chen Dis­kurs mit der Ärz­te­schaft. Wenn wir in die­ser Repu­blik dazu nicht schleu­nigst fähig sind, dann sollte man sich ernst­haft Sor­gen machen.

Farl Forst­ner
Vize-Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 17 /​10.09.2015