Standpunkt – Vize-Präs. Harald Mayer: Die Stunde der Wahrheit

10.11.2015 | Standpunkt

© Zeitler

Was auch immer dazu beiträgt, den Arbeitsalltag für uns Spitalsärztinnen und Spitalsärzte speziell im Hinblick auf Dokumentation und Administration zu erleichtern und dabei möglicherweise verborgene Effizienzpotentiale zu heben, werden wir mit Freude annehmen. Dass ELGA – wie es uns vollmundig von Seiten der Politik versprochen wird – das auch tatsächlich leisten kann, darf sehr bezweifelt werden.

Dass es hier mit dem Einzug der elektronischen Datenverarbeitung zu gewaltigen und nicht immer positiven Veränderungen unseres Arbeitsalltages gekommen ist, ist evident. Wenn also nun das Nonplusultra der EDV, die elektronische Gesundheitsakte, demnächst in Österreich verpflichtend zum Einsatz kommen soll, kann und wird dies – so wie ELGA derzeit konzipiert ist – nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Schon allein die unendliche Geschichte der Entstehung dieses Monsterprojekts mit unzähligen Verschiebungen der tatsächlichen Einführung lässt ja an sich nichts Gutes vermuten und eher den Eindruck entstehen, dass man hier nicht professionell ans Werk gegangen ist. Die Einwände von uns Ärzten – wir sagen schon seit 2012, dass ELGA so nicht funktionieren kann – hat man zunächst als lästige Verhinderung abgetan und konsequent negiert. Erst als den verantwortlichen Politikern klar wurde, dass eine ELGA, an deren Planung wir nicht eingebunden sind und bei der unsere Bedenken nicht ausgeräumt werden, wenig Chancen auf Akzeptanz im Alltag hat, hat zum Umdenken geführt: In einigen rasch organisierten Arbeitskreisen konnten schlussendlich einige, die gröbsten Hindernisse, ausgeräumt werden – nicht alle.

Damit ELGA tatsächlich Verbesserungen in den täglichen Arbeitsablauf von uns Spitalsärztinnen und Spitalsärzten bringen soll, fehlen noch einige entscheidende Grundvoraussetzungen. Eigentlich handelt es sich dabei um Selbstverständlichkeiten und schon allein die Tatsache, dass diese Dinge – kurz vor dem verpflichtenden flächendeckenden Einsatz – noch immer nicht umgesetzt sind, ist ja auch bezeichnend.

Es geht darum, dass ELGA bedienerfreundlich sein muss – rund um die Uhr; die Daten müssen aktuell, vollständig sein und in hochwertiger Qualität zur Verfügung stehen. Es kann nicht sein, dass sich die Ärzte stundenlang durch pdf-Dokumente wühlen müssen, weil eben die Stichwortsuche (noch) nicht funktioniert. Deswegen fordern wir auch: ELGA muss effektive Suchfunktionen bereitstellen.

Am 1. Dezember 2015, wenn die verpflichtende Teilnahme von ELGA in den Spitälern startet, ist die Stunde der Wahrheit gekommen. In den Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes und der steirischen KAGes soll der ELGA-Start erfolgen. Dann müssen die ELGAVerantwortlichen beweisen, dass dieses Monsterprojekt in der Praxis hält, was man uns schon seit Jahren verspricht. Dann wird sich zeigen, was ELGA kann.

Denn wir Ärzte sind nicht gegen ELGA. Wir sind gegen eine ineffiziente ELGA.

Harald Mayer
2. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2015