Steuer: Aktuelle steuerrechtliche Judikatur

15.07.2015 | Service


1. Verfassungswidrigkeit (von Teilen) der Immobilienertragssteuer

(BFG vom 02.03.2015, RN/1100002/2015, BFG vom 11.11.2014, RV/7103965/2014)

Im ersten Beschluss begründet das Bundesfinanzgericht den Antrag auf gänzliche Aufhebung der Bestimmungen über die Immobilienertragsteuer vor allem damit, dass es sich bei der Besteuerung des Altvermögens immer um eine faktisch rückwirkende unvorhersehbare und plötzliche Änderung der Bestimmungen und somit Verletzung des Vertrauensschutzprinzips handelt. Eine unvorhergesehene Besteuerung des Veräußerungsgewinns stellt zweifellos eine Enttäuschung des Vertrauens auf die Beibehaltung der alten Rechtslage beziehungsweise allenfalls auf die Änderung ertragssteuerlicher Grundsätze in angemessener Frist und in zumutbaren Stufen dar. Der Betreffende konnte sich nicht rechtzeitig auf die neue Rechtslage einstellen.

Das zweite Bundesfinanzgericht lehnt hingegen eine Befassung des Verfassungsgerichtshofs im Zusammenhang mit der Pauschalbesteuerung von Altvermögen ab. Dies vor allem, weil die konkrete steuerliche Belastung von 3,5 Prozent des Veräußerungserlöses (im Anlassfall waren es im Endeffekt nur 1,9 Prozent) nicht als intensiv zu betrachten ist. Gründe für den Verkauf der Eigentumswohnung waren privater Natur und haben in der Übersiedlung der Mutter in ein Altersheim bestanden. Das heißt der Steuerpflichtige hat nicht aufgrund einer bestimmten Anreizwirkung der alten Rechtslage seine Dispositionen getroffen. Allein das Argument der Plötzlichkeit reicht nicht aus, um verfassungsrechtliche Bedenken zu begründen. Dies insbesondere, da es sich um keine intensive Verschlechterung der steuerlichen Situation des Betreffenden handelt.

2. Umstellung von Wärmeversorgung durch Öl auf Fernwärme – keine sofort abzugsfähigen Erhaltungskosten

(VwGH 02.10.2014, 2011/15/0195)

Kosten des Anschlusses an öffentliche Versorgungssysteme wie Gas, Wasser, Kanalisation zählen grundsätzlich zu den Herstellungskosten des Gebäudes. Der Beschwerdeführer führt aus, dass es sich dann, wenn eine funktionsfähige Befeuerungsanlage durch einen Fernwärmeanschluss ersetzt und infolge die Energielieferung nicht durch den Ölbrenner, sondern durch den Fernwärmelieferanten erfolgt, um Instandhaltungsaufwendungen für das Gebäude handelt, die im Zeitpunkt des Austausches als Betriebsausgabe abziehbar sind.

Diese Argumentation verwirft der Verwaltungsgerichtshof und stellt fest, dass die Umstellung der Wärmeversorgung von Öl auf Fernwärme nicht als bloße Instandhaltung anzusehen ist. Das ergibt sich daraus, dass bei einer Umstellung der Wärmeversorgung von Fernwärme auf Öl Umbaumaßnahmen wie Einrichtung eines Heizraums, Einbau eines Öltanks usw. notwendig wären, die jedenfalls zu Herstellungsaufwand führen. Daher sind auch im Umkehrschluss die Aufwendungen für einen Fernwärmeanschluss unabhängig davon, ob sie im Zuge eines Neubaus oder danach anfallen, nicht als Erhaltungskosten des Gebäudes zu betrachten.

3. Zeugengebühren: keine Umsatzsteuerpflicht
(VwGH 30.10.2014, 2011/15/0181)

Bei der Erfüllung einer Zeugenpflicht handelt es sich – anders als bei Sachverständigenleistungen – weder um eine Lieferung noch um eine Leistung eines umsatzsteuerpflichtigen Unternehmens. Das gilt auch dann nicht, wenn die Schilderung des Zeugen vor Gericht im Zusammenhang mit einer umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit gemacht worden sein sollte. Es fehlt auch am Leistungsaustausch. Bei der Erfüllung der Zeugenpflicht handelt es sich um keine wirtschaftliche Tätigkeit, die Zeugengebühren tragen Schadenersatzcharakter.

4. Primararzt: Geschenke und Einladungen an Mitarbeiter – keine Betriebsausgaben
(BFG vom 15.10.2014, RV/7102841/2009)

Quasi als Anteil an seinen verrechneten Sondergebühren hat der Primarius freiwillig an die nicht-ärztlichen Mitarbeiter Zuwendungen getätigt wie Blumengesteck, diverse Elektro-Kleingeräte, MBT-Schuhe. Er hat auch die jährlichen Kosten für Weihnachtsfeiern und Betriebsausflüge in Form von Thermenbesuchen beziehungsweise eine Einladung zu einer Zirkusshow für ärztliches und nicht-ärztliches Personal übernommen.

Die streitgegenständlichen Geschenke durch den Abteilungsvorstand an die Stationsmitarbeiter sind keinesfalls Entgelt der Empfänger, sondern es überwiegt das Schenkungsmoment. Betriebsausgaben liegen dann ausnahmsweise vor, wenn die Geschenkgewährung überwiegend Entgeltcharakter hat. Aufwendungen für die Fortbildung des Abteilungspersonals sowie für Gutscheine sind vom Finanzamt ohnedies als Entgelt abzugsfähig anerkannt worden. Aufwendungen für diverse Feiern und Betriebsausflüge des Stationspersonals gehören auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu den abzugsfähigen Aufwendungen.

5. Wahlarztkosten – außergewöhnliche Belastung?

(BFG vom 21.11.2014, RV/7100517/2014)

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung die Frage der höheren Aufwendungen als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, als außergewöhnliche Belastung dann bejaht, wenn solche Aufwendungen, zum Beispiel für Zahnbehandlungen, die Pflege in der Sonderklasse allgemeiner öffentlicher Krankenanstalten, die Behandlung in Privatkrankenhäusern oder durch Ärzte ohne Kassenvertrag aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der von Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die vom Krankenversicherungsträger gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen Gründe müssen vielmehr in konkreten ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Die Beweislast dafür trifft den Steuerpflichtigen. Solche triftigen medizinischen Gründe wären zum Beispiel erwartete medizinische Komplikationen. Im konkreten Fall führt das Bundesfinanzgericht aus, dass nicht jeder gesundheitliche Nachteil wie etwa die angeführten anhaltenden Schmerzen und die nicht zurückgehende Schwellung des Knies dazu führt, höhere Aufwendungen als solche, die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt sind, als zwangsläufig erwachsen anzusehen. Bei den längeren Wartezeiten wurde ein solcher gesundheitlicher Nachteil ebenfalls nicht nachgewiesen.

6. Kosten der Behandlungen der Sonderklasse – keine außergewöhnliche Belastung
(BFG vom 25.11.2014, RV/3100517/2013)

Die Notwendigkeit der durchgeführten Operationen ist als erwiesen festzustellen. Nicht erwiesen war allerdings, dass eine Behandlung außerhalb der Sonderklasse zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte. Es sind also keine triftigen medizinischen Gründe für die Behandlung an der Sonderklasse nachgewiesen worden, sodass die als Selbstzahler angefallenen Ausgaben mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

7. Auto-Auffahrunfall – Kosten als Betriebsausgaben
(BFG vom 03.12.2014, RV/2100465/2014)

Der Betreffende hat während der Fahrt kurz auf sein Navigationsgerät geblickt und dabei übersehen, dass der vor ihm fahrende PKW stark abbremsen musste und er ist auf diesen aufgefahren. Die Reparatur hat weder die Versicherung noch der Dienstgeber bezahlt. Ob die Kosten für einen solchen Verkehrsunfall beruflich oder privat veranlasst sind, hängt unter anderem vom Grad des Verschuldens des Lenkers ab. Wenn die Fahrt beruflich veranlasst ist, tritt das Fehlverhalten dann in den Hintergrund, wenn der Verkehrsunfall nicht durch ein grob fahrlässiges Verhalten des Lenkers verursacht wurde. Eine solche grobe Fahrlässigkeit ist zum Beispiel bei Alkoholisierung anzunehmen, bei den Straßenverhältnissen nicht angepasster Geschwindigkeit und herabgesetzter Fahrtüchtigkeit oder beim Überholen in einer unübersichtlichen Kurve bei unklaren Straßenverhältnissen. Das Bedienen eines Autoradios ist nur dann grob fahrlässig, wenn dazu weitere Fehlhandlungen kommen, wie zum Beispiel überhöhte Geschwindigkeit. Das Bedienen eines Navigationsgeräts kann keine große Fahrlässigkeit bedeuten. Die Kosten waren daher als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Zusammengestellt von HR Dr. Herbert Emberger, Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2015