CIRS – Fall des Monats: Patiententransport verursacht Pneumonie-Rückfall

10.06.2015 | Service

Der Transport einer hochbetagten Patientin von einer zentralen Notaufnahme in die weiter entfernt gelegene geriatrische Station erfolgt ohne wärmende Decke in einem kalten Rettungswagen. Auch das Überleitungsmanagement funktioniert nicht. Trotz Intervention der betreuenden Angehörigen wiederholt sich der Vorfall.

Eine über 90-jährige Patientin mit einer Lungenentzündung wurde eine Nacht auf der zentralen Notfallaufnahme beobachtet und am nächsten Tag mit der Rettung zur etwas entfernt gelegenen Geriatrie transportiert. Der Transport auf der Tragbahre erfolgte ohne Decke (Inventar – so das Argument); nur mit einem Leintuch bedeckt wurde die Frau ins Freie zum Rettungswagen gebracht; am Unterbringungsort wiederholte sich der Vorgang, bis sie wieder im Bett war. Auf dieser Station wurde sie „aufgepäppelt“ und bestens betreut, um neuerlich – ohne Rücksprache mit den täglich besuchenden Angehörigen – verlegt zu werden (wieder im kalten Rettungswagen ohne warme Decke). Es kommt zu einem Rückfall, neuerlich zentrale Notfallaufnahme mit sehr schlechter Prognose. Derjenige, der über diesen Vorfall berichtet, stellt abschließend die Frage: Wozu plagen sich Ärzte und Pflegepersonal, wenn durch vermeintlich unbedeutende Kleinigkeiten (alte Menschen gehören schon „irgendwie“ warm eingepackt und Angehörige über eine Verlegung informiert!) ein schwerer Rückfall den ganzen Aufwand ad absurdum führt?

Die Person, die diesen Vorfall gemeldet hat, sieht die Gründe für dieses Ereignis in der Rettungsfahrt durch die Kälte; ebenso gibt es keine Box mit vorgewärmten Decken. Weiters spricht sie von einem „Husch-Pfusch-Überleitungsmanagement“: ein Betreuungsteam, das aus dem Urlaub zurückgekommen ist, von den täglich besuchenden Angehörigen nichts wusste und ohne Informationen einzuholen einen Entlassung zurück in das zuweisende Pflegeheim veranlasste. Dort war jedoch der Pflegeplatz gecancelt, ein Einbettzimmer im selben Heim war reserviert; die Frau wäre nach dem stationären Aufenthalt zur Mobilisierung in eine Privatklinik gekommen.

Die Fahrer des Roten Kreuzes brachten die Frau zurück ins Pflegeheim und mussten weiter zum nächsten Einsatz. Die betreuende Ansprechperson der betagten Frau war – da sie zur selben Zeit im Dienst war – über das Privathandy nicht erreichbar. Nach zahlreichen Telefonaten wurde schließlich neuerlich ein Rettungsdienst organisiert, der die verwirrte Frau zurück auf die Geriatrie brachte. Der gleiche Fehler passierte dann noch einmal.

Als wichtige Begleitumstände führt die Person, die den Vorfall gemeldet hat, an: Zeitdruck beim Personal, zu wenig Personenbezogenes Procedere, Angehörige (sogar als Professionals) entmündigen, übergehen.

Was besonders ungünstig war: Ohne Rücksprache mit der betreuenden Angehörigen wurde die Patientin „eigenmächtig“ und „kurzfristig“ verlegt. Die hilflose, rekonvaleszente Frau musste im Gang des Pflegeheims herumsitzen und warten, bis die/der – mit der an diesem Tag stattfindenden Weihnachtsfeier beschäftigte – Heimleiter/in endlich telefonisch den Rücktransport auf die Geriatrie (mit einem anderen Rot-Kreuz-Team) organisiert hatte. Und dass etwas Ähnliches ein zweites Mal passierte.

Eigener Ratschlag (take-home-message):
zuhören, ernst nehmen, in die Planung mit einbeziehen.

Welche Faktoren trugen zum Ereignis bei?

  • Kommunikation (im Team, mit dem Patienten, mit anderen Ärzten, Sanitätern etc.)
  • Persönliche Faktoren des Mitarbeiters (Müdigkeit, Gesundheit, Motivation, etc.)
  • Ressourcen (zu wenig Personal, Arbeitsbelastung, etc.)
  • Ablauforganisation

Der Fachkommentar der CIRSmedical-Experten
Es handelt sich zwar um keinen klassischen Incident im Rettungsdienst (interner Patiententransport); es gibt jedoch trotzdem Lernpotential. Entsprechend der Witterung und der Temperaturen sollte das Fahrzeug für den Transport entsprechend vorgewärmt sein (Standheizung, Türen geschlossen, etc.). Für den Transport von/zum Fahrzeug sind ausreichend Decken zum Wärmeerhalt vorzuhalten. ExpertIn des Österreichischen Roten Kreuz (Aspekt QM, Organisation)

Hier liegen offensichtlich systematische Mängel in der Kommunikation mit Patienten/Angehörigen beziehungsweise im SSM vor. Nachschulungen unter Berücksichtigung der entsprechenden BQLL nötig. ExpertIn des BIQG

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2015