ÄKVÖ: Dro­gen am Steuer

10.11.2015 | Service


Aktu­elle Aspekte rund um das Thema „Dro­gen am Steuer“ stan­den im Mit­tel­punkt des dies­jäh­ri­gen Sym­po­si­ums der Ärzt­li­chen Kraft­fahr­ver­ei­ni­gung Öster­reichs im Okto­ber in Salz­burg. Künf­tig spielt bei der Beur­tei­lung auch die Ein­schät­zung der Beam­ten eine Rolle.
Von Roman Steinbauer

Mit der Gefahr der immer leich­te­ren Ver­füg­bar­keit von psy­cho­ak­ti­ven Sub­stan­zen befasste sich Michael Wil­lis vom Depart­ment für Psych­ia­trie und psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Medi­zin der Uni­ver­si­täts­kli­nik Inns­bruck. Diese Sub­stan­zen – sie fal­len unter „Legal Drugs“ (= „Legal highs“) – wur­den ent­wi­ckelt, um beim Kon­su­men­ten eine „beloh­nende Wir­kung“ aus­zu­lö­sen – unter Umge­hung der bestehen­den lega­len Klas­si­fi­ka­ti­ons­sys­teme. „Legal Drugs“ oder „Desi­gner Drugs“ ist der Über­be­griff für syn­the­ti­sche Ver­bin­dun­gen (Syn­the­ti­sche Cathi­none); sie stel­len nach Ansicht von Wil­lis eine Gefahr für den Stra­ßen­ver­kehr dar. „Wir haben das Inter­net-Ange­bot durch­fors­tet. Bei 651 Inter­net-Shops euro­pa­weit sind wir bereits im Jahr 2013 fün­dig gewor­den“, schil­dert Wil­lis ernüch­ternd. Der Ver­harm­lo­sung von Can­na­bis erteilt er eine klare Absage. „Es gibt Markt­ana­ly­sen, dass die Ille­ga­li­tät die Ver­brei­tung die­ser Dro­gen hemmt.“

Flä­chen­de­ckende Tests nicht möglich

Von einem klas­si­schen „Quer­schnitts­thema“ spricht Nina Lukesch vom Innen­mi­nis­te­rium. Der ille­gale Dro­gen-Bezug erfolgt sowohl über Klein­kri­mi­nelle als auch zuneh­mend über Bestel­lun­gen im Inter­net. Vor allem jugend­li­che Kon­su­men­ten wür­den regis­triert. Lukesch: „Hier ist der Kon­takt gang und gäbe. Die Sache wird immer mehr als Kava­liers­de­likt gese­hen. Der Miss­brauch geht wei­ter durch alle Alters- und Berufs­schich­ten und betrifft auch beide Geschlech­ter glei­cher­ma­ßen.“ So ereig­nete sich bei­spiels­weise ein fol­gen­schwe­rer Auto­un­fall in Wien auf der A23 im Kai­ser­müh­len­tun­nel: Ein durch Opi­ate gepush­ter LKW-Len­ker ver­ur­sachte einen Auf­fahr­un­fall, der den Tod von zwei Strei­fen­be­am­ten zur Folge hatte. Lukesch bezeich­nete es grund­le­gend als „schwer“, im Sucht­gift­be­reich eine kla­rere Vor­gangs­weise zu defi­nie­ren. Denn durch die im Ver­gleich zum Alko­hol nicht vor­han­de­nen Grenz­werte könne das Delikt nicht sofort auf­ge­zeigt wer­den. Die Dro­gen­be­ein­träch­ti­gung könne erst durch einen Arzt fest­ge­stellt wer­den. Und wei­ter: „Zwar gibt es seit 2005 Spei­chel­vor­test­ge­räte, doch die Feh­ler­quote ist vor allem bei einer posi­ti­ven Anzeige ein­fach zu hoch. Es gibt der­zeit noch nicht die geeig­ne­ten Geräte für die Exe­ku­tive.“ Der Ein­satz von „Pupil­lo­ma­ten“ sei nicht flä­chen­de­ckend mög­lich. Die Fren­zel-Brille erfor­dert abge­dun­kelte Räume und die Doku­men­ta­tion der Ergeb­nisse ist außer­dem auf­wen­dig. Die Haar­ana­lyse ist für die Erst­be­stim­mung auf Ver­kehrs­we­gen unge­eig­net. Ab sofort wird jedoch eine Auf­merk­sam­keits­prü­fung in Form eines Com­pu­ter­tests in das Prüf­pro­gramm miteinbezogen.

Mensch­li­che Einschätzung

Für eine raschere Beur­tei­lung sei inzwi­schen ein „Drei-Säu­len-Modell“ ent­wi­ckelt wor­den, wie Lukesch berich­tet. Es kann von Poli­zei­be­am­ten im Strei­fen­ein­satz im Ver­dachts­fall ein­ge­setzt ser­den. Ein „Dro­gen­check­pa­pier“ doku­men­tiert den Gesamt­zu­stand des KFZ-Len­kers. „Dazu müs­sen wir auch auf die per­sön­li­che Wahr­neh­mung des Bediens­te­ten zäh­len, der ein Ver­hal­ten außer­halb der Norm fest­stellt. Um einen Ver­dacht zu erhär­ten, kann auch ein auf­fäl­li­ger opti­scher Ein­druck der Pupil­len des zu prü­fen­den Ver­kehrs­teil­neh­mers genü­gen“, sagt Lukesch. Der Ver­dacht kann aller­dings erst nach einer kli­ni­schen Unter­su­chung bestä­tigt wer­den. Ein Blut­test könne ange­ord­net wer­den; ein Urin­test hin­ge­gen nur auf frei­wil­li­ger Basis erfolgen. 

Kom­ple­xer wird die Ver­fol­gung von Sucht­de­lik­ten im Stra­ßen­ver­kehr durch Misch­kon­sum. Über die Sank­tio­nen und recht­li­chen Fol­gen von Dro­gen­kon­sum im Stra­ßen­ver­kehr klärte abschlie­ßend Mar­tin Hof­fer, Lei­ter der Rechts­dienste des ÖAMTC, auf.

Ver­wei­gert jemand bei­spiels­weise die Blut­ab­nahme (Anzeige nach dem Sucht­mit­tel­ge­setz), hat dies finan­zi­elle Sank­tio­nen zwi­schen 1.600 und 5.900 Euro zur Folge. Ist der Len­ker jedoch nach­ge­wie­se­ner­ma­ßen durch Dro­gen­miss­brauch beein­träch­tigt, wird dies mit einem Betrag zwi­schen 800 und 3.700 Euro sanktioniert.

Ein grund­sätz­li­ches Kri­te­rium, um ein Fahr­zeug zu len­ken, stellt die cha­rak­ter­li­che Eig­nung des Len­kers dar (§ 7 FSG). Des­halb könne den Aus­sa­gen von Hof­fer zufolge schon hier ange­setzt wer­den: „Doch Tests sind nur bei Ver­dacht durch Dro­gen­be­ein­träch­ti­gung zuläs­sig. Ohne Mas­sen­test­ge­räte ist dies ohne­dies ein schwie­ri­ges Unterfangen.“

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 21 /​10.11.2015