EJD, FEMS & AEMH: Europäische Spitalsärzte tagten in Wien

25.05.2015 | Politik

Erstmals gemeinsam tagten die drei großen Organisationen EJD, FEMS und AEMH – sie vertreten rund eine Million Spitalsärzte in Europa – Anfang Mai in Wien. Zu den zentralen Themen – Einhaltung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie, Clinical Leadership sowie Verfügbarkeit von ärztlichen Arbeitskräften – wurde eine Resolution verabschiedet.
Von Agnes M. Mühlgassner

Rund 100 Fachärzte, leitende Ärzte und Jungärzte fanden sich Anfang Mai zur erstmals gemeinsam veranstalteten Tagung dieser drei großen Spitalsärzte-Organisationen in Wien ein. Den Beginn bildete dabei die AEMH-Conference 2015, die unter dem Motto „Clinical Leadership“ stand.

Für den Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte und Gastgeber der Veranstaltung, Harald Mayer, besteht kein Zweifel daran, dass sowohl die Qualität der stationären Versorgung als auch die Patientenzufriedenheit steigt – vorausgesetzt, dass „ein Arzt das Team führt und dementsprechend auch die Letztverantwortung für sämtliche Prozesse trägt“. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Spitäler mit einer hohen Anzahl an ärztlichen Führungskräften um 50 Prozent besser abschneiden als Krankenhäuser, die kollegial geführt werden, so Mayer weiter. Der stellvertretende Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte und Leiter des ÖÄK-Referates für Primarärzte, Rudolf Knapp, befasste sich in seinem Vortrag mit der Frage, was genau denn „Clinical Leadership“ eigentlich ist. Eine der zentralen Aussagen dabei: „Jeder im Team muss einen Sinn in seiner Arbeit sehen – von der Früh bis am Abend.“ Seine Kritik: Clinical Leadership komme in Österreich in der Ausbildung „kaum“ vor. Prim. Herbert Stekel, Leiter des Instituts für Labormedizin am AKH Linz, beschrieb in seinen Ausführungen den Weg, wie man ein guter klinischer Leiter wird. „Schon lange überfällig“ sei in Österreich die Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie, wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer in seiner Keynote betonte. Die „föderalistische Struktur“ der Republik sei einer raschen Umsetzung der Richtlinie „leider nicht besonders zuträglich“ gewesen. Jedenfalls herrsche in der Regierung die Meinung, dass die Opt-out-Regelung für die nächsten sechs, möglicherweise sieben Jahre gelte. „Aber nicht länger“, wie der Minister betonte. Und weiter: „2021 ist in allen Krankenhäusern in Österreich das Opt-out zu Ende.“ Unterstützung gibt es von Hundstorfer auch für die Forderung der ÖÄK nach einer maximalen durchgehenden Dienstdauer von 25 Stunden.

Das von EJD, FEMS und AEMH verabschiedete „Wiener Manifest“ hat drei inhaltliche Schwerpunkte:

1) Europäische Arbeitszeitrichtlinie
EJD, FEMS und AEMH fordern die Europäische Kommission auf, die „Vorschriften der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie zu Sicherheit und Gesundheitsschutz“ nicht durch finanzielle Überlegungen zu gefährden. Hier geht es u.a. darum, dass Bereitschaftszeiten (am Arbeitsplatz) in vollem Ausmaß als Arbeitszeiten einzustufen sind und die Ausgleichsruhezeit unmittelbar nach Ende einer verlängerten Arbeitszeit gewährt werden muss.

Des Weiteren sprechen sich die drei Organisationen gegen eine Ausweitung des Bezugszeitraums zur Ermittlung der wöchentlichen Arbeitszeitgrenzen aus. Außerdem weisen EJD, FEMS und AEMH die Europäische Kommission darauf hin, dass übermäßig lange Arbeitszeiten nicht nur die Gesundheit von Ärzten gefährden, sondern auch ein beträchtliches Risiko für Patienten darstellen.

2) „Clinical Leadership“

Dabei wird darauf hingewiesen, dass „die Einbeziehung von Ärzten in die Führung von Gesundheitseinrichtungen unerlässlich ist“. Untersuchungen hätten gezeigt, dass ärztliche Führung zur Verbesserung der klinischen Resultate, der Patientenzufriedenheit und auch der finanziellen Ergebnisse führe. Ebenso werde durch die ärztliche Führung von Gesundheitseinrichtungen sichergestellt, dass die Behandlung von Patienten nicht von wirtschaftlichen Kriterien beeinflusst werde, da das Hauptaugenmerk auf medizinische Bedürfnisse gelegt werde.

3) Arbeitskräfte
Darin wird betont, dass EJK, FEMS und AEMH hinter dem Grundsatz der uneingeschränkten Mobilität von ärztlichen Arbeitskräften stehen. Dennoch sollte jedes Land seinen Ärztebedarf durch eigene personelle Ressourcen decken. Entsprechend müssten sowohl für die Ausbildung als auch für die postpromotionelle Ausbildung ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die erforderliche Zahl von Ärzten zu erzielen.

AEMH, FEMS und EJD

AEMH: Association Européenne de Médecins des Hôpitaux; European Association of Senior Hospitals Physicians
Die Europäische Vereinigung der leitenden Krankenhausärzte vertritt die leitenden Krankenhausärzte auf europäischer Ebene.

FEMS: Fédération Européene des Médecins Salariés; European Federation of Salaried Doctors
Der Europäische Verband der angestellten Ärzte (FEMS) wurde 1964 gegründet. Mitglieder sind Vertreter der Gewerkschaften und Ärzteverbände aus EU-Staaten.

EJD: European Junior Doctors
Die European Junior Doctors Permanent Working Group vertritt rund 300.000 Jungärztinnen und Jungärzte in ganz Europa.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2015