Medi­ka­men­ten­fäl­schun­gen: Ein gro­ßes Geschäft

10.09.2015 | Politik


Nur eine von 20 im Inter­net ver­trie­be­nen Arz­neien ist lega­len Ursprungs. Mit den Ope­ra­tio­nen „Pan­gea“ wird der Arz­nei­mit­tel­kri­mi­na­li­tät schon seit 2008 welt­weit der Kampf ange­sagt. Heuer wur­den bereits 20,7 Mil­lio­nen Stück gefälschte Arz­neien sicher­ge­stellt. Zum Ver­gleich: 2010 waren es noch 2,3 Mil­lio­nen Stück.
Von Roman Steinbauer

Eine Medi­ka­men­ten­fäl­schung ist defi­niert als nicht „rechts­kon­for­mes“ Pro­dukt, das nicht das beinhal­tet, was es soll. Der Anteil an Mani­pu­la­tio­nen und Fäl­schun­gen von Wirk­stof­fen beträgt laut WHO sechs bis zehn Pro­zent des gesam­ten Phar­ma­mark­tes. Auf­schluss über die – auch in Öster­reich – aus­ufern­den Arz­nei­fäl­schun­gen gibt die jüngste Ana­lyse, die kürz­lich vom Innen­mi­nis­te­rium ver­öf­fent­licht wurde. An der unter dem Titel „Pan­gea VIII“ heuer Mitte Juni durch­ge­führ­ten Akti­ons­wo­che gegen Arz­nei­mit­tel­kri­mi­na­li­tät waren von öster­rei­chi­scher Seite das Bun­des­kri­mi­nal­amt, die Agen­tur für Gesund­heit und Ernäh­rungs­si­cher­heit (AGES) sowie die hei­mi­schen Zoll­be­hör­den betei­ligt. „Pan­gea“ wurde inter­na­tio­nal u.a. von der Inter­pol, der Euro­pol und der Welt­zoll­or­ga­ni­sa­tion (WZO) im Jahr 2008 ins Leben gerufen.

Waren es zu Beginn ledig­lich acht Län­der, die sich daran betei­ligt haben, sind es mitt­ler­weile 113. Ziel ist es, die Bevöl­ke­rung auf Risi­ken beim Arz­nei­mit­tel­kauf von ille­ga­len Anbie­tern im Inter­net ver­stärkt zu sen­si­bi­li­sie­ren. Die Sicher­stel­lung von irre­gu­lä­ren Prä­pa­ra­ten, das Aus­for­schen der Her­stel­ler und Händ­ler die­ser gefälsch­ten Ware sowie die Still­le­gung deren Home­pages gehört außer­dem zum anvi­sier­ten Ziel der Behör­den. Bei den 2015 durch­ge­führ­ten stich­pro­ben­ar­ti­gen Kon­trol­len von 2.000 Brie­fen und Pake­ten im Post­ver­tei­ler­zen­trum Wien-Inzers­dorf durch die öster­rei­chi­schen Zoll­be­hör­den wur­den 1.500 gefälschte Potenz­mit­tel beschlag­nahmt. Zu einem bedenk­li­chen Ergeb­nis führ­ten außer­dem die 2.051 durch­ge­führ­ten Kon­trol­len von Rei­sen­den am Flug­ha­fen Wien-Schwe­chat. Dabei wurde der Besitz von 500 gefälsch­ten Arz­neien fest­ge­stellt; dar­un­ter ein Teil Anti­bio­tika. Die Palette betrug nicht weni­ger als 220 Medi­ka­mente – vor allem Sub­stan­zen aus dem Life­style-Bereich und Potenz­mit­tel. Auf inter­na­tio­na­ler Ebene stieg heuer die Zahl der dar­auf­hin abge­schal­te­ten Web­shops auf 2414 (Jahr 2009: 153 Platt­for­men). Wur­den im Jahr 2010 noch 2,3 Mil­lio­nen gefälschte Medi­ka­mente sicher­ge­stellt, waren es heuer bereits 20,7 Mil­lio­nen Stück. Unter Betrugs­ver­dacht konn­ten welt­weit 153 Per­so­nen fest­ge­nom­men werden.

Labors im Untergrund

Unter­grund­la­bore in Indien, Paki­stan, China aber auch in ande­ren fern­öst­li­chen Län­dern stel­len meist die Aus­gangs­ba­sis der gefälsch­ten Her­stel­lung von Ori­gi­nal­sub­stan­zen oder Gene­rika dar. „Wir hat­ten es auch schon mit einer auf­ge­las­se­nen Bäcke­rei im Wald­vier­tel zu tun“, erklärt dazu Franz Schwar­zen­ba­cher, Chef­inspek­tor im Bun­des­kri­mi­nal­amt und Lei­ter des Refe­rats für Arz­nei­mit­tel­fäl­schun­gen. In ers­ter Linie geht es um den Han­del von Potenz­mit­teln, Psy­cho­phar­maka und Onko­lo­gika; aber auch um Schlank­heits­mit­tel. „Bei Doping­sub­stan­zen liegt die Fäl­schungs­quote gar bei 99 Pro­zent“, so Schwar­zen­ba­cher. Wei­tere betrof­fene Pro­dukt­grup­pen sind ganz gene­rell soge­nannte „Sledge-Ham­mer“ zum Mus­kel­auf­bau, aber auch Ana­bo­lika und Hor­mon­prä­pa­rate. Das Volu­men der Fäl­schun­gen ist den Aus­sa­gen des Kri­mi­na­lis­ten zufolge „stark steigend“.

Der Anteil an gefälsch­ten Arz­neien, die via Inter­net ange­bo­ten wer­den, liegt bei rund 95 Pro­zent. Unter­des­sen wer­den zuneh­mend auch in der lega­len Ver­triebs­kette gefälschte Medi­ka­mente wie etwa Tru­vada (HIV-Prä­ven­tion) aus dem Ver­kehr gezo­gen. Impor­tierte Waren, die aus Spi­tä­lern in Ita­lien gestoh­len wur­den, beschäf­ti­gen die Fahn­der ebenso; hier erhär­tete sich außer­dem der Ver­dacht, dass umge­packt wurde. Jeder wei­tere Trans­port­weg schafft über die Zwi­schen­la­ge­rung Zeit­fens­ter und Raum für Umeti­ket­tie­run­gen und Mani­pu­la­tio­nen von Gebinden.

Die Auf­merk­sam­keit und Acht­sam­keit des Kon­su­men­ten beim Kauf von Arz­neien über das Inter­net för­dert das Bun­des­kri­mi­nal­amt u.a. mit Info-Kar­ten, die beson­ders den Kauf von rezept­pflich­ti­gen Sub­stan­zen im Online-Han­del unter­bin­den sol­len. Posi­tiv ins Tref­fen führt Schwar­zen­ba­cher die Ent­wick­lung der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit. „Der Infor­ma­ti­ons­aus­tausch funk­tio­niert selbst mit den Schwei­zer Kol­le­gen als Nicht-EU-Land ver­läss­lich und sehr gut“, betont er. Auf der siche­ren Seite sei der Kon­su­ment der­zeit immer noch beim Erwerb der Arz­neien über die Apo­theke, erklärt Schwar­zen­ba­cher. Doch die ins­ge­samt mas­siv zuneh­mende Kri­mi­na­li­tät im Arz­nei­be­reich und die Motive dafür lie­gen sei­ner Ansicht nach auf der Hand: „Nicht nur die Gewinn­span­nen sind weit höher als bei ande­ren dunk­len Geschäf­ten, son­dern der rie­sige Fäl­schungs­be­reich an sich zieht die Kri­mi­na­li­tät an.“

Unter­schied­li­che staat­li­che Regelungen

Wäh­rend in Öster­reich der Ver­trieb von Phar­maka gene­rell nur für rezept­freie Medi­ka­mente erlaubt ist, ist in Deutsch­land bereits vor fünf Jah­ren eine groß­zü­gi­gere Rege­lung in Kraft getre­ten. Mehr als 3.000 zuge­las­sene Apo­the­ken ver­fü­gen im Nach­bar­land über die Erlaub­nis, rezept­pflich­tige Arz­neien über das Inter­net zu ver­sen­den. Rezept­freie oder rezept­pflich­tige Rege­lun­gen schaf­fen in Bezug zur Medi­ka­men­ten­si­cher­heit indes­sen kaum kla­rere Fron­ten; hier „ver­schwim­men“ die Kon­tu­ren weit­ge­hend. Fin­dige Anbie­ter nüt­zen längst Abwei­chun­gen in der Gesetz­ge­bung der unter­schied­li­chen Staa­ten in der EU. So kön­nen bei­spiels­weise Ärzte in Groß­bri­tan­nien und den Nie­der­lan­den Rezepte per „Fern­be­ra­tung“ (online oder per Tele­fon) erstel­len. Eine „Partner“-Versandapotheke ist rasch gefun­den. Die­ser obliegt die Ver­ant­wor­tung, das Online-Rezept zu prü­fen. Erfolgt der Ver­trieb über eine regu­läre, seriöse Ver­sand­apo­theke, sollte es kaum eine Mög­lich­keit für mani­pu­lierte Ware geben, da auf den haus­ei­ge­nen Bestand zuge­grif­fen wird.

Als zuneh­mend alar­mie­rend stuft der Lei­ter der medi­zi­ni­schen Begut­ach­tung der Öster­rei­chi­schen Agen­tur für Gesund­heit und Ernäh­rungs­si­cher­heit GmbH (AGES), Chris­toph Baum­gär­tel, die Ent­wick­lung auf die­sem Sek­tor ein. So hat die AGES seit 2011 rund 4.000 Pro­ben aus Arz­nei­mit­tel-Beschlag­nah­mun­gen des Zolls und der Ermitt­lungs­be­hör­den gezo­gen. Die Ergeb­nisse der Ana­ly­sen zei­gen eine über­pro­por­tio­nale Infil­trie­rung der Phar­ma­zeu­tika durch Fäl­schun­gen auf. Auch Baum­gär­tel bestä­tigt, dass nur eine von 20 im Inter­net ver­trie­be­nen Arz­neien lega­len Ursprungs ist.

Dass man beim Kauf von Arz­nei­mit­teln in Apo­the­ken gene­rell auf der siche­ren Seite ist, möchte Baum­gär­tel kei­nes­wegs unter­schrei­ben – ganz im Gegen­satz zur Ein­schät­zung von Schwar­zen­ba­cher, wonach der Kon­su­ment den in Apo­the­ken aus­ge­folg­ten Arz­neien ver­trauen könne. Baum­gär­tel: „Bei der Eta­blie­rung der aktu­el­len Ver­triebs­wege ist auch hier punk­tu­ell die gelun­gene Ein­schleu­sung von Fäl­schun­gen nicht mehr aus­zu­schlie­ßen. Bei gestoh­le­ner Ware aus Kran­ken­häu­sern, wie es in Ita­lien vor­ge­kom­men ist, ist davon aus­zu­ge­hen, dass diese mit­tels gefälsch­ter Papiere mög­li­cher­weise mani­pu­liert bei Par­al­lel­händ­lern letzt­end­lich wie­der auf­taucht.“ Diese Wege gehen dann oft über Ost­eu­ropa. „In der klas­si­schen Ver­triebs­kette Her­stel­ler – Groß­händ­ler – Apo­theke bezie­hungs­weise Spi­tä­ler wird der Par­al­lel­im­por­teur natür­lich ver­su­chen, sich auch zwi­schen dem Groß­händ­ler und der Apo­theke ein­zu­klin­ken. Dass dies nur erfolg­los ist, brau­chen wir uns nicht vor­zu­ma­chen“, führt Baum­gär­tel wei­ter aus. Um die Situa­tion in den Griff zu bekom­men, müsse man nicht nur bei den Arz­neien und der Lie­fer­kette anset­zen, son­dern auch bei der Jus­tiz. Baum­gär­tel dazu: „In die­ser kri­mi­nel­len Sparte sind höhere Mar­gen als beim Dro­gen­han­del drin – und der Straf­rah­men endet bei Arz­nei-Delik­ten irgendwo zwi­schen maximal drei und fünf Jah­ren. Das kann es nicht sein.“

Rüs­tungs­wett­lauf

Die Apo­the­ker­kam­mer hält die Skep­sis gegen­über dem Apo­the­ken­ver­trieb nicht im Gerings­ten für ange­bracht. „Es ist bis­her kein ein­zi­ger Fall nach­zu­wei­sen, dass es hier in Öster­reich einen Fall einer gefälsch­ten Arz­nei in der Apo­theke gab oder Lücken in unse­rer Struk­tur bestehen“, beru­higt Max Wel­lan, Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Apo­the­ker­kam­mer. Im Gegen­satz zum Inter­net­han­del stehe der Apo­the­ker dem Kun­den per­sön­lich gegen­über und sei per­sön­lich haft­bar. „Einen Ver­gleich mit dem Inter­net­han­del zu zie­hen, ist nicht ange­bracht. Die Kri­mi­na­li­tät rüs­tet per­ma­nent auf, aber wir auch. Wir kön­nen behaup­ten, durch gezielte Qua­li­täts­maß­nah­men nach wie vor die sichere Quelle für den Kon­su­men­ten zu sein und auch für Spi­tä­ler Hil­fe­stel­lun­gen zu geben“, setzt Wel­lan nach.

Von der freien Markt­wirt­schaft hält der stu­dierte Baum­gär­tel in die­sem Seg­ment der Medi­zin nichts. Dem unge­hin­der­ten Wett­be­werb bei Arz­neien erteilt er eine klare Absage. Zu bedenk­lich seien bei jeder zusätz­li­chen Schwach­stelle im Ver­trieb die mög­li­chen Ein­falls­tore für Pro­dukt­fäl­schun­gen. Vor allem die rasche Gefah­ren­ein­schät­zung einer Arz­nei­mit­tel­ma­ni­pu­la­tion sei schwie­rig. Die Fol­gen von ille­gal her­ge­stell­ten Medi­ka­men­ten kön­nen viel­fäl­tig sein: „Im bes­ten Fall sind sie ohne Wirk­stoff. Im nächst schlech­te­ren Fall ist die Dosie­rung zu nied­rig oder zu hoch oder der fal­sche Wirk­stoff ent­hal­ten. Noch gefähr­li­cher wird die Sache bei Ver­un­rei­ni­gun­gen“, kate­go­ri­siert Baum­gär­tel die anste­hen­den Gefah­ren. So gab es erst kürz­lich im indi­schen Bun­des­staat Chhat­tis­garh mehr als ein Dut­zend Todes­fälle auf­grund eines mit Rat­ten­gift ver­un­rei­nig­ten Medi­ka­ments. Ähn­li­che Vor­fälle gab es schon frü­her. So wur­den etwa 2008 in Sin­ga­pur bei 150 Per­so­nen Ver­gif­tun­gen durch ver­un­rei­nigte Arz­neien fest­ge­stellt; vier davon star­ben. Baum­gär­tel rät vor allem bei Rei­sen in afri­ka­ni­sche Län­der die not­wen­di­gen Medi­ka­mente mit­zu­neh­men – in die­sen Staa­ten eine nicht gefälschte Arz­nei zu erhal­ten ähnle einem „Glücks­griff“, wie er sagt. Ein unpro­fes­sio­nel­les und nicht stan­dar­di­sier­tes Syn­the­se­ver­fah­ren bei der Her­stel­lung stellt die Ursa­che für die Fol­gen beim Kon­su­men­ten dar. Schwer­punkte der Fäl­schungs­in­dus­trie sind laut Baum­gär­tel neben Potenz­pil­len vor allem die Diät- und Schlank­heits­pro­dukte (Dini­tro­phe­nol) sowie Anti­bio­tika; aber auch Onko­lo­gika. Das in der EU nicht zuge­las­sene und in Asien her­ge­stellte Potenz­mit­tel Kama­gra bahne sich über das Inter­net den Weg zum Ver­brau­cher. Der Reiz des Ver­bo­te­nen sorgt hier bei Pil­len mit den tren­di­gen Bezeich­nun­gen „Oral Jelly“ oder „Super Kama­gra“ für eine absurde wei­tere Nachfrage.


Spi­tä­ler: Die Tücken des Paralleleinkaufs

Mit Re-Import bezeich­net man den Umstand, dass auf dem hei­mi­schen Markt her­ge­stellte Medi­ka­mente in einem ande­ren Land auf den Markt gebracht und dort von Groß­händ­lern wie­der in das Ursprungs­land impor­tiert wer­den. Dies kann sich wie bei Par­al­lel­im­por­ten oft wirt­schaft­lich rech­nen, da die Her­stel­ler als Direkt­an­bie­ter die Preis­ge­stal­tung in den Erst­be­zugs­län­dern nicht nur nach den ört­li­chen Gesetz­ge­bun­gen, steu­er­li­chen Aspek­ten und dem Ver­sor­gungs­sys­tem aus­rich­ten, son­dern auch nach Kauf­kraft und Absatz­vo­lu­men. Ähn­lich wie in der Auto­in­dus­trie wer­den die Gewinn­mar­gen in eini­gen Län­dern hoch­ge­hal­ten, um in einem ande­ren Land mit einem erfor­der­li­chen Markt­an­teil den Fuß in der Tür hal­ten zu kön­nen. Diese Stra­te­gien wer­den bis zur Berech­nung demo­gra­phi­scher Ent­wick­lun­gen in diver­sen Staa­ten in die Pla­nung mit­ein­be­zo­gen. Damit ist zumeist eine Neu-Eti­ket­tie­rung der Arz­nei­ver­pa­ckun­gen verbunden.

Pio­nier – aber auch Opfer – des Par­al­lel­ein­kaufs über Groß­händ­ler war im April des Vor­jah­res die Stei­er­mär­ki­sche Kran­ken­an­stal­ten­ge­sell­schaft m.b.H (KAGes). Damals tauch­ten intern Arz­nei­mit­tel aus Char­gen mit Fäl­schun­gen von Ava­stin® auf. Wie der Ein­kaufs­lei­ter der KAGes, Edgar Starz, betont, waren damals nach ein­ge­hen­der Prü­fung keine Kon­se­quen­zen auszumachen.

Laut Starz wur­den in der Folge Arz­nei­mit­tel-Käufe über Par­al­lel­im­por­teure an den öffent­li­chen Kran­ken­an­stal­ten Öster­reichs sofort weit­ge­hend ein­ge­stellt. Den­noch ist er grund­sätz­lich von der Sinn­haf­tig­keit und dem öko­no­mi­schen Nut­zen der par­al­le­len Ein­kaufs­mög­lich­keit über­zeugt. „Aller­dings nur noch unter zwei Vor­aus­set­zun­gen, für die Groß­händ­ler gera­de­zu­ste­hen haben: Die Sicher­stel­lung, dass die Kran­ken­häu­ser die Her­kunfts­quelle bis zu den Groß­händ­lern nach­voll­zie­hen bezie­hungs­weise bestim­men kön­nen sowie in der Qua­li­täts­si­che­rung in die Tiefe gehen und die tech­ni­sche Mög­lich­keit gege­ben ist, jede Packung mit einer maschi­nel­len Inhalts­ana­lyse zu che­cken. Das ist zuneh­mend mach­bar. – Bis dahin gehen wir kein Rest­ri­siko mehr ein.“

Starz beklagt aller­dings die nun erfolgte nach­tei­lige Situa­tion der Rah­men­be­din­gung beim Ein­kauf und weist dar­auf hin, dass die­ser Ent­schluss auch län­ger­fris­tig für die Kran­ken­an­stal­ten bei der Beschaf­fung der Arz­neien zu enor­men Nach­tei­len führe. „Für die Ver­hand­lungs­ba­sis gegen­über den Her­stel­lern ist die­ser nun fest­ge­schrie­bene Pfad eine teil­weise Ent­waff­nung“, sagt er.

Die Fol­gen der jetzt gerin­ge­ren Ein­kaufs­al­ter­na­ti­ven seien sofort anhand der galop­pie­ren­den Preise von Phar­ma­zeu­tika ersicht­lich. So stie­gen die Kos­ten des Medi­ka­men­ten­ein­kaufs schon im Vor­jahr neu­er­lich zwi­schen fünf und sie­ben Pro­zent. Wür­den Par­al­lel­im­porte ein­ge­bun­den wer­den, könnte diese Preis­ent­wick­lung laut dem Chef­ein­käu­fer der KAGes sofort unter­halb der Infla­ti­ons­rate, die der­zeit zwi­schen 1,7 und 1,9 Pro­zent liegt, zum Still­stand gebracht wer­den. „Die Pharma-Unter­neh­men arbei­ten haupt­säch­lich mit dem star­ken Argu­ment, die Medi­zin-Uni­ver­si­tä­ten finan­zi­ell zu stüt­zen, was natür­lich auch Fakt ist. Um bei den Ein­kaufs­ver­hand­lun­gen dage­gen­hal­ten zu kön­nen, fehlt uns mit der Ent­schei­dung, andere Bezugs­quel­len aus­zu­schlie­ßen, somit ein wich­ti­ges Werk­zeug – selbst wenn wir sowieso vor­ge­habt hät­ten, die­ses oder jenes Medi­ka­ment aus ers­ter Quelle zu bezie­hen. Für uns ist es aber neben der Gewähr­leis­tung ein­wand­freier Pro­dukte für die Pati­en­ten auch rele­vant, den Kos­ten­druck und die ste­tige Teue­rung der Medi­ka­mente im Zaum zu hal­ten“, fügt Starz hinzu.

Das Ein­kaufs­vo­lu­men bei Arz­nei­mit­teln betrug im Jahr 2013 bei den Stei­er­mär­ki­schen Kran­ken­an­stal­ten 76 Mil­lio­nen Euro. Die Kos­ten­er­spar­nis über Zukäufe durch Par­al­lel­im­porte betrug in die­sem Zeit­raum zwi­schen drei und acht Pro­zent des Kauf­prei­ses pro Packung. „Dem Kal­kül der Indus­trie aus­ge­setzt zu sein, ist jeden­falls nicht der Ide­al­zu­stand. Wer­den die erwähn­ten Bedin­gun­gen und Vor­ga­ben erfüllt, kommt der Par­al­lel­ein­kauf wie­der“, ist Starz über­zeugt. Schon der mög­li­che all­ge­meine Ver­hand­lungs­druck gegen­über den Phar­ma­kon­zer­nen bei Par­al­lel­im­por­ten bringe bereits zwei Drit­tel der Kos­ten­er­spar­nis. Im obers­ten Preis­seg­ment der Phar­ma­zeu­tika ran­gie­ren Arz­neien wie etwa Sovaldi® von Gilead Sci­en­ces mit einem Stück­preis – je nach Ver­hand­lungs­ba­sis – zwi­schen 500 und 700 Euro.

Aller­dings agie­ren die Kran­ken­an­stal­ten nicht iso­liert; wert­volle Ver­hand­lungs­er­kennt­nisse wer­den ande­ren Lan­des­kran­ken­an­stal­ten mit­ge­teilt. Mehr­mals pro Jahr fin­det ein Ein­kaufs­lei­ter­tref­fen statt; der Aus­tausch und die Kom­mu­ni­ka­tion dies­be­züg­lich ver­lie­fen laut Starz sehr gut.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 17 /​10.09.2015