Hausapotheken: Was passiert, wenn nichts passiert?

15.08.2015 | Politik


Bis Ende 2015 sollte die Politik eine dauerhafte Lösung für die Hausapotheken erarbeitet haben. Bislang gibt es sie jedenfalls nicht. Die Bundeskurie niedergelassene Ärzte der ÖÄK will die politische Meinungsbildung nun mit einer Broschüre unterstützen.
Von Marion Huber

Die Problematik „Landmedizin und Hausapotheken“ ist bekannt – ebenso die Fakten: In den kommenden zehn Jahren werden mehr als 50 Prozent der derzeit rund 1.800 niedergelassenen Ärzte in Pension gehen. Das ist nicht alles: Auch die Zahl der ärztlichen Hausapotheken sinkt stetig. Schon heute gibt es nur noch 850, rund 100 weniger als noch im Jahr 2000. Was das für die medizinische Versorgung am Land bedeutet? Dieses Szenario will die Bundeskurie niedergelassene Ärzte der ÖÄK auch der Politik näherbringen und hat deshalb eine Broschüre zur Information an politische Entscheidungsträger gerichtet: „Sterben der ärztlichen Hausapotheken gefährdet Gesundheitsversorgung auf dem Land“.

Auch dass immer mehr öffentliche Apotheken öffnen – 2013 hat es bereits 200 mehr Apotheken als im Jahr 2000 gegeben – verbessert die medikamentöse Versorgung nur bedingt. Stichwort: lange, beschwerliche Wege etc. Selbst die noch existierenden 850 ärztlichen Hausapotheken können den Bedarf der ländlichen Bevölkerung nur noch schwer abdecken – würde deren Zahl aus gesetzlichen Gründen noch weniger, wäre eine Verschlechterung der Versorgung die Folge. „Jede weitere Schließung würde die Gesundheitsversorgung in der betroffenen Region gefährden“, warnt die Bundeskurie niedergelassene Ärzte in der aktuellen Broschüre. So wurden etwa im Burgenland seit 2006 schon vier Hausapotheken stillgelegt – weitere drei sind heute aufgrund des Apothekengesetzes akut gefährdet. Auch in Tirol ist die Lage nicht besser: Dort wurden seit 2006 drei Hausapotheken stillgelegt; ganze zehn weitere sind durch das Apothekengesetz bedroht. In Salzburg mussten in Gemeinden Hausapotheken stillgelegt werden; weitere wie etwa jene in Leogang, Strobl oder Mauterndorf sind in akuter Gefahr. Man könnte die Liste auch in Vorarlberg und Kärnten beliebig fortsetzen; in keinem einzigen Bundesland gibt es Grund zur Freude. Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich – auch die flächenmäßig größeren Bundesländer stellen keine Ausnahmen dar.

Dabei wollte die Regierung mit dem Entschließungsantrag betreffend „Sicherstellung und Ausbau der Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum“ von 2013 dem Nationalrat bis spätestens Ende 2015 entsprechende Regierungsvorlagen zur Beschlussfassung vorlegen. Noch gibt es diese nicht – dabei drängt die Zeit. Denn die Österreichische Ärztekammer und die Österreichische Apothekerkammer konnten auch in langen, intensiven Verhandlungen keinen Kompromiss finden. Für die Ärztekammer ist klar: Keine einzige ärztliche Hausapotheke soll den gesetzlichen Regelungen zum Opfer fallen (siehe auch ÖÄZ 6 vom 25. März 2015). Es bedürfte nur geringfügiger Änderungen im Apothekengesetz, um die verbliebenen ärztlichen Hausapotheken zu erhalten… Oder möchte man die Versorgung der ländlichen Bevölkerung weiter aufs Spiel setzen?


Interview – Gert Wiegele: „Standorte sichern“

Dass Zahl und Standort der Hausapotheken zum Stichtag 1.1.2015 gesichert werden müssen, fordert Gert Wiegele, Leiter d es Referats für Landmedizin und Hausapotheken in der ÖÄK, im Gespräch mit Marion Huber.

Die Bundeskurie niedergelassene Ärzte der ÖÄK hat eine Informations-Broschüre zu Hausapotheken herausgegeben. Mit welchem Ziel?
Die Broschüre soll die politische Meinungsbildung fördern. Sie stellt einerseits den Status quo dar. Andererseits wird das weitere Szenario aufgezeigt, was passiert, wenn keine Änderung des Apotheken-Gesetz erfolgt: dass wir immer mehr Hausapotheken verlieren werden.

Was ist aus dem im Entschließungsantrag von 2013 geforderten nachhaltigen Modell zur Sicherung der Hausapotheken geworden? Wie weit ist man?
Leider hat der Entschließungsantrag bislang keine faktische Konsequenz. Die Verhandlungen mit der Apothekerkammer haben kein Ergebnis gebracht. Und auch die Gesundheitspolitik hat bis dato keine Aktivitäten in diese Richtung gezeigt.

Was fordern Sie von den Entscheidungsträgern in der Politik? Was muss passieren?
Wir fordern zumindest eine Absicherung von Zahl und Standort der Hausapotheken zum Stichtag 1.1.2015. Nur so können wir die medizinische Versorgung vor allem der ländlichen Bevölkerung langfristig sichern.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2015