kurz & infor­ma­tiv: Medi­zi­ni­sche Kurzmeldungen

25.06.2015 | Medizin

Weni­ger Schmerz­emp­fin­dung, weni­ger Empa­thie

Den neu­ro­na­len Mecha­nis­mus, wie Schmerz­emp­fin­dung und Empa­thie zusam­men­hän­gen, konn­ten For­scher der Uni­ver­si­tät Wien/​Fakultät für Psy­cho­lo­gie um Univ. Prof. Claus Lamm erst­mals zei­gen. In einer Pla­cebo-Stu­die waren Pro­ban­den, die mein­ten, Schmerz­mit­tel erhal­ten zu haben, weni­ger empa­thisch, wenn sie bei ande­ren Schmer­zen beob­ach­te­ten. Die eigene Schmerz­er­fah­rung ist für das Gehirn offen­bar die Grund­lage, um Empa­thie zu emp­fin­den. Die Pro­ban­den und die beob­ach­tete Per­son erhiel­ten jeweils kurze Elek­tro­schock-Impulse, ent­we­der mit oder ohne Schmerz-Kon­trolle. Dabei wur­den jedoch keine Schmerz­mit­tel, son­dern nur Pla­ce­bos ver­ab­reicht. Auch sie set­zen aber durch die Aus­schüt­tung von kör­per­ei­ge­nen Opi­aten die Schmerz­ak­ti­vi­tät des Gehirns herab. Schon bis­her war bekannt, dass bei eige­nem und frem­dem Schmerz die glei­chen Areale im Gehirn akti­viert wer­den. Lamm dazu: „Nun ken­nen wir mit grö­ße­rer Sicher­heit den kau­sa­len Mecha­nis­mus und haben stär­kere Belege dafür, dass teil­weise die glei­che neu­ro­nale Funk­tion betrof­fen ist.“
APA/​Journal of Neuroscience

Mikro­ben schüt­zen Mikroglia

Deut­sche For­scher haben her­aus­ge­fun­den, dass die Funk­tion von Mikro­glia durch Abbau­pro­dukte von Darm­bak­te­rien gesteu­ert wird. So besa­ßen Mäuse, die in einer keim­freien Umge­bung gehal­ten wur­den, eine ver­küm­merte und unreife Mikro­glia. Die Zel­len reagier­ten kaum auf Ent­zün­dungs­reize im Gehirn. Auch nach einer vier­wö­chi­gen Anti­bio­tika-The­ra­pie wie­sen die Mäuse eine gestörte Immun­ant­wort auf. Kamen sie jedoch mit gesun­den Art­ge­nos­sen in Kon­takt, eta­blierte sich bald eine Darm­flora. „Je grö­ßer die Viel­falt der Darm­bak­te­rien war, desto bes­ser ent­wi­ckel­ten sich auch die Mikro­glia“, so Stu­di­en­lei­ter Marco Prinz von der Uni­ver­si­täts­kli­nik Freiburg/​Breisgau. Die For­scher konn­ten nach­wei­sen, dass kurz­ket­tige Fett­säu­ren als Boten­stoff zwi­schen Darm­flora und Mikro­glia die­nen.
APA/​Nature Neuroscience

USA: erst­mals Schä­del­de­cke trans­plan­tiert

US-ame­ri­ka­ni­schen Ärz­ten ist nach eige­nen Anga­ben eine bis­her ein­ma­lige Trans­plan­ta­tion von Schä­del­de­cke und Kopf­haut gelun­gen. Mehr als 50 Ärzte waren an der 15-stün­di­gen Ope­ra­tion eines 55-jäh­ri­gen Pati­en­ten im Hous­ton Metho­dist Hos­pi­tal (Texas) betei­ligt. 2006 war bei dem Mann ein Lei­o­myo­sar­kom an der Kopf­haut fest­ge­stellt wor­den; obwohl eine Strah­len­the­ra­pie erfolg­reich war, ver­heilte die Wunde an der Schä­del­de­cke nicht.
APA

Elek­tri­sche Sti­mu­la­tion bei GERD

Eine neue Ope­ra­ti­ons­me­thode zur Behand­lung der gas­tro­öso­pha­gea­len Reflu­x­er­kran­kung (GERD) kommt an der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Chir­ur­gie am AKH Wien zum Ein­satz. Durch elek­tri­sche Impulse wird der untere Öso­pha­gussphink­ter sti­mu­liert, was den Reflux ver­hin­dert. „Bei den ers­ten Pati­en­ten wurde nun die­ses Sti­mu­la­ti­ons­sys­tem lapa­ro­sko­pisch implan­tiert“, so Univ. Prof. Sebas­tian Schopp­mann von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Chir­ur­gie am AKH Wien. Welt­weit wurde die­ser Ein­griff rund 100 Mal durch­ge­führt – mit viel­ver­spre­chen­den Ergebnissen.

Ober­ös­ter­rei­cher erhält erste füh­lende Beinprothese

Welt­weit erst­mals wurde in Ober­ös­ter­reich einem 54-jäh­ri­gen Mann eine füh­lende Bein­pro­these ange­passt. Durch die neu­ro­nale Ver­bin­dung fühlt der Pati­ent an der künst­li­chen Sohle und erkennt die Beschaf­fen­heit des Bodens sowie Hin­der­nisse bes­ser. Die Druck­punkte auf der künst­li­chen Fuß­sohle sind jenen eines natür­li­chen Fußes nach­emp­fun­den und über­tra­gen die Infor­ma­tio­nen bis zum Stumpf des ampu­tier­ten Bei­nes. Der selek­tive Ner­ven­trans­fer (Tar­ge­ted Sen­sory Rein­ner­va­tion) wurde an der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Plas­ti­sche, Rekon­struk­tive und Ästhe­ti­sche Chir­ur­gie in Inns­bruck durch­ge­führt. Die gedan­ken­ge­steu­erte und füh­lende Arm­pro­these hat die US-ame­ri­ka­ni­sche Arz­nei­mit­tel­be­hörde FDA (Food and Drug Admi­nis­tra­tion) bereits 2014 zuge­las­sen.
APA

Depres­sio­nen durch Mob­bing in der Kind­heit?

Einer bri­ti­schen Umfrage zufolge könnte Depres­sio­nen bei mehr als 30 Pro­zent der jugend­li­chen Erwach­se­nen eine Spät­folge von Mob­bing in der Kind­heit sein. Unter ins­ge­samt 14.500 Ein­woh­nern, die in Bris­tol seit den 1990ern zu ihrer Gesund­heit befragt wur­den, waren 4.000 Jugend­li­che. Sie wur­den mit 13 Jah­ren und ein wei­te­res Mal mit 18 Jah­ren auf Hin­weise zu Depres­sio­nen befragt. Von 683 Kin­dern, die mit 13 Jah­ren ange­ge­ben hat­ten, min­des­tens ein­mal wöchent­lich gemobbt wor­den zu sein, hat­ten fast 15 Pro­zent als 18-Jäh­rige Depres­sio­nen. Das waren drei­mal so viele Jugend­li­che wie bei 18-Jäh­ri­gen, die nie gemobbt wur­den. Als Mob­bing-Opfer gal­ten Kin­der, die von Gleich­alt­ri­gen aus­ge­schlos­sen, ver­leum­det, bestoh­len, bedroht, erpresst oder gar geschla­gen wur­den. Kamen andere Fak­to­ren wie Ver­hal­tens­stö­run­gen oder fami­liäre Pro­bleme hinzu, war der Zusam­men­hang zwi­schen Mob­bing und Depres­sio­nen weni­ger aus­ge­prägt. Den­noch gab es immer noch dop­pelt so viel Betrof­fene wie bei den übri­gen Befrag­ten.
APA/​BMJ Journal

Tbc-Erre­ger über­lis­tet Immun­sys­tem

Tuber­ku­lose-Bak­te­rien set­zen das Mole­kül cGAS gezielt in Makro­pha­gen frei, um Inter­fe­rone zu pro­du­zie­ren, die Immun­ant­wort zu redu­zie­ren und so zu einer Ver­schlech­te­rung des Krank­heits­bil­des bei­tra­gen. Das haben For­scher um Andrea Ablas­ser von der ETH Lau­sanne kürz­lich her­aus­ge­fun­den. Eine zweite Abwehr­stra­te­gie, die über andere Boten­stoffe funk­tio­niert und auch das Myco­bac­te­rium tuber­cu­lo­sis angreift, bleibt dabei erhal­ten. In wei­te­ren Expe­ri­men­ten ist es den For­schern gelun­gen, das Myco­bac­te­rium tuber­cu­lo­sis so zu ver­än­dern, dass es die Inter­fe­ron-Pro­duk­tion über cGAS nicht aus­lö­sen kann. Die Makro­pha­gen akti­vie­ren dann nur die andere wirk­same Abwehr­stra­te­gie.
APA/​Cell Host & Microbe

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 12 /​25.06.2015