kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

15.07.2015 | Medizin

Sprache aus Hirnströmen rekonstruiert

Direkt aus Gehirnströmen konnten Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) Laute, Wörter und ganze Sätze rekonstruieren. Dafür wurden in den USA Daten der Gehirnströme von sieben Patienten, die an Epilepsie leiden und auf deren Großhirnrinde während des Sprechens ein Elektrodennetz gelegt wurde, ausgewertet. Die Patienten waren zuvor gebeten worden, bestimmte Texte zu sprechen. Durch die dabei gemessenen Hirnströme wurden Datenbanken mit Prototypen von etwa 50 verschiedenen Lauten angelegt. Mithilfe von Algorithmen gelang es, allein anhand der Gehirnströme zu verstehen, was gesagt wurde. Werden Elektroden außen am Kopf angelegt, ist das bislang nicht möglich. Die Wissenschafter wollen ihre Analysen nun ausweiten, um Sprachprozesse besser zu verstehen und durch den sogenannten Brain-to-Text etwa für Locked-in-Patienten eine sprachliche Kommunikation zu ermöglichen.
APA

Übergewicht erhöht Risiko für Kolonkarzinom

Fünf Kilogramm mehr Körpergewicht erhöhen das Risiko für Dickdarmkrebs um sechs Prozent. Bei metastasierten Kolonkarzinomen dagegen erhöht das Körpergewicht die Lebenserwartung sogar. US-amerikanische Forscher der Duke University (North Carolina) haben Daten von 6.128 Patienten aus fünf Studien bei Kranken mit fortgeschrittenem Dickdarmkrebs analysiert. Die Betroffenen hatten den monoklonalen Antikörper Bevacizumab gegen metastasierte Kolonkarzinome erhalten. Jene mit einem BMI von unter 25 hatten mit durchschnittlich 21,1 Monaten die schlechteste Lebenserwartung. Die Lebenserwartung der übergewichtigen Patienten (BMI mit 25 bis 30) lag bei 23,5 Monaten; bei jenen mit Adipositas sogar bei zwei Jahren.
APA

Statistischer Nachweis: Zusammenhang zwischen Rauchen und Prostatakrebs

Nach einer Prostatektomie wegen eines Prostatakarzinoms haben Raucher und Ex-Raucher gegenüber Nichtrauchern ein doppelt so hohes Risiko, neuerlich an Prostatakrebs zu erkranken. Zu diesem Ergebnis kommt eine zusammenfassende Untersuchung von bereits vorhandenen Daten, die Univ. Prof. Sharokh F. Shariat von der Universitätsklinik für Urologie am AKH Wien in Zusammenarbeit mit Malte Rieken von der Universitätsklinik für Urologie des Universitätsspitals Basel erstellt hat. Für die Studie wurden die Daten von rund 7.200 Patienten mit einem Prostatakarzinom zwischen 2000 und 2011 untersucht. Bei der Untersuchung ging es um die Häufigkeit des Auftretens eines „biochemischen Rezidivs“. Spätestens zehn Jahren nach dem Rauchstopp schienen die negativen Einflüsse des Rauchens auf das Risiko eines biochemischen Prozesses wieder ausgeglichen zu sein.
APA/European Urology


Lungenkrebs: Screening nur bei starken Rauchern

Nur bei starken Rauchern in einem gewissen Alter sei ein Lungenkrebs-Screening sinnvoll, so lautet die Empfehlung der Europäischen Radiologengesellschaft (ESR) und der Europäischen Pneumologengesellschaft (ERS). Zielgruppe sind demnach nur Raucher, die mindestens 30 Pack-Years an Zigarettenkonsum aufweisen und zwischen 55 und 80 Jahre alt sind. Außerdem sollten die Untersuchungen nur in hoch qualifizierten Zentren und im Rahmen von dafür geschaffenen Programmen mit Qualitätskontrolle stattfinden. Eine US-amerikanische Studie hatte ergeben, dass die Lungenkrebs-Mortalität von schweren Rauchern durch eine jährliche Lungen-CT-Untersuchung innerhalb von sechs Jahren um 20 Prozent gesenkt werden kann. Die aus dem Jahr 2011 stammende Studie wurde wegen des sich abzeichnenden stark positiven Trends vorzeitig abgebrochen. Weltweit sterben jährlich 1,37 Millionen Menschen an Lungenkrebs; 2013 waren es in Österreich 2.537 Männer und 1.357 Frauen.
APA


Leberkarzinom: MR statt Biopsien

Durch ein MR mit Gadoxetatsäure Dinatrium als Kontrastmittel können Leber-Adenome nichtinvasiv eindeutig nach ihren Subtypen klassifiziert werden. Das Kontrastmittel zielt auf die Galletransporter OATP (Organic Anion-Transporting Polypeptide) und MRP (Multidrug Resistance-Related Protein) bei Adenom- und normalen Leberzellen ab. Die unterschiedlichen Verteilungsmuster auf der Oberfläche des Tumors lassen eine Klassifizierung zu.
APA/Radiology

Bordetella pertussis sondert Adhäsin-„Klebstoff“ ab

Der Keuchhusten-Erreger Bordetella pertussis produziert ein Gift, durch das sich die Bakterien gut an den Schleimhäuten der Atemwege anheften und vermehren können und so für die krampfartigen Hustenanfälle sorgt. Baseler Forscher konnten nun die Wirkweise dieses Klebers, des sogenannten Adhäsin FHA, nachweisen. Adhäsin wird durch Poren in der äußeren Bakterienhülle abgesondert. Das Membranprotein FhaC etwa lässt nur Adhäsin FHA durch. Entgegen einer früheren Annahme hat es die gleiche Architektur wie Proteine, die neue Membranproteine einbauen. Wenn Adhäsin an den Grenzposten andockt, löst sich ein Protein-„Pfropfen“, der die Pore verschließt und der Kleber gelangt nach außen. Das könnte ein Ansatz für neue Therapien sein: die Funktion des FhaC-Proteins mit gezielten Hemmstoffen zu stören. Laut den Baseler Forschern könnte damit das Anheften der Keime an die Wirtszellen verhindert werden.
APA/Nature Communication

Chlamydien-Vakzine im Mausmodell erfolgreich

Ein neues Konzept für eine mögliche Chlamydien-Vakzine hat ein internationales Wissenschafterteam mit Erstautor Georg Stary von der Universitätsklinik für Dermatologie (MedUni Wien/AKH) im Mausmodell getestet. Werden mit UV-Licht abgetötete Chlamydien, die an Nanopartikel mit dem immunmodulierenden Wirkstoff Resiquimod gebunden wurden, über die Schleimhaut verabreicht, wird eine doppelte Immunantwort erreicht. Durch die Verabreichung über die Schleimhaut werden Gedächtniszellen in Lymphknoten aktiviert. Zusätzlich werden auch jene Abwehrzellen generiert, die direkt in die Schleimhaut einwandern und dort ein Reservoir an gewebsspezifischen Gedächtniszellen bilden. Pro Jahr infizieren sich weltweit rund 100 Millionen Menschen mit Chlamydien.
APA/Science

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2015