kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.09.2015 | Medizin


HIV: Frau zwölf Jahre nach Behandlungsende symptomfrei

Zwölf Jahre nach dem Ende ihrer Behandlung zeigt eine HIV-infizierte Französin keine Symptome mehr. Die 18-Jährige gelte laut dem Pariser Pasteur-Institut zwar nicht als geheilt; es ist aber der erste weltweit bekannte Fall eines HIV-infizierten Kindes, bei dem eine Langzeit-Remission festgestellt wurde. Die Familie des Mädchens hatte die HIV-Behandlung im Alter von sechs Jahren eingestellt. Ein Jahr später sei eine „nicht nachweisbare Virenlast“ festgestellt worden. Die Ärzte entschieden daher, die Behandlung nicht fortzusetzen und das Kind stattdessen zu beobachten. Den Wissenschaftern zufolge könnte der Fall zeigen, dass eine sofortige Behandlung nach einer HIV-Infektion essentiell ist. Das Kind wurde entweder intrauterin oder bei der Geburt infiziert. Die Forscher mahnen allerdings, dass Ärzte Patienten vorerst nicht zur Einstellung der Behandlung raten sollten.
APA

Wirksame Vakzine gegen RS-Virus

Erstmals haben zwei internationale Forschergruppen eine wirksame Impfung mit zwei lebenden, genveränderten Viren gegen das RS-Virus („Respiratory Syncytial Virus“) vorgestellt. Das Team um Geraldine Taylor vom Pirbright Institute in Surrey testete den Impfstoff an Kälbern, die natürliche Wirte des RS-Virus sind. Es zeigte sich eine starke Immunreaktion gegen das Virus; die Infektion wurde ebenso wie die Schäden an der Lunge verringert. Aufgrund dieser Ergebnisse testete ein Forscherteam von der Oxford University verschiedene Kombinationen von Erst- und Auffrischungsimpfungen an 42 gesunden Freiwilligen. Die Impfungen lösten nur wenige Nebenwirkungen aus; die Zahl von Antikörpern und Immunzellen nahm zu, was auf eine schützende Wirkung hindeutet.
APA/Science Translational Medicine

China: täglich 4.000 Tote durch Luftverschmutzung

In China verursacht die hohe Luftverschmutzung täglich rund 4.000 Todesfälle, wie Wissenschafter von Berkeley Earth anhand der Luftmessungen von April bis August 2014 herausfanden. Insgesamt sind laut US-amerikanischen Forschern 17 Prozent aller Todesfälle darauf zurückzuführen. 38 Prozent der chinesischen Bevölkerung atmen – geht es nach US-Standards – „ungesunde“ Luft. Der gefährlichste Schadstoff sei in China der Feinstaub PM2,5 mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer.
APA


Protein zeigt Gehirnblutung an

Die Konzentration des Proteins S100B im Blut kann Gehirnblutungen anzeigen. Das haben Experten des SMZ-Ost in Wien und des Meidlinger Unfallkrankenhauses bei einer Beobachtungsstudie herausgefunden; analysiert wurden die Daten von 782 Personen über 65 und Erwachsenen unter Antikoagulation (niedrig dosierte Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel) nach kleineren Unfällen. Das Kalzium-bindende Protein S100B wird von Astrozyten im Gehirn in das Blut abgegeben, wenn es zu einer Verletzung des Gehirns kommt. Bei 50 der 782 Patienten (6,4 Prozent) wurde per CT eine Gehirnblutung festgestellt. Bei Werten unter 0,105 Mikrogramm im Blut konnte eine Gehirnblutung mit 99,6-prozentiger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
APA/Journal of Neurosurgery


Rheumatoide Arthritis: Myostatin als neues Therapieziel

Dass Myostatin direkt die Ausreifung von Osteoklasten steuert und damit ein neues Therapieziel bei rheumatoider Arthritis sein kann, hat ein deutsch-österreichisches Autorenteam kürzlich festgestellt. Wissenschafter vom Institut für Experimentelle Muskel- und Skelettmedizin der MedUni Münster und von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien untersuchten die Rolle von Myostatin bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und bei Mäusen im Tiermodell. Dabei stellte sich heraus, dass in der Gelenksflüssigkeit von Patienten und Mäusen eine erhöhte Konzentration von Myostatin vorliegt. Dies treibt offenbar das Ausreifen von Osteoklasten an, was Knochenschäden verstärken dürfte. „Entfernt man das Myostatin-Gen bei Mäusen, führt das zu Muskelhypertrophie. Studien an Tiermodellen unterstützen das Konzept, dass Myostatin ein negativer Regulator für Muskelwachstum und -regeneration ist“, so die Wissenschafter. Umgekehrt führte ein Mangel an Myostatin im Tiermodell zur Besserung der Gelenksentzündung.
APA/Nature Medicine

Schreie alarmieren Amygdala

Warum Schreie im Gegensatz zum normalen Sprechen Menschen in sofortige Alarmbereitschaft versetzen, haben Forscher der Universität Genf herausgefunden. Demnach besetzen Schreie eine eigene akustische Nische und haben Frequenzen zwischen 30 und 150 Hertz (Hz), wo weder Sprache noch Gesang verortet sind; Sprechen ist bei etwa fünf Hertz verortet. Die schnellen Frequenzen von Schreien produzieren „raue“ Klänge. Testpersonen ordneten Töne im Versuch umso unangenehmer und „schrecklicher“ ein, je rauer sie waren. Mittels funktioneller MRT wurde gezeigt, dass normale Töne in erster Linie im Hörzentrum verarbeitet werden, die „rauen“ Laute in der Amygdala, dem „Angstzentrum“. Die Testpersonen konnten Geräusche zwischen 30 und 150 Hz viel schneller orten als andere. „Das zeigt, dass Schreie es ermöglichen, sehr viel schneller und besser auf Gefahren zu reagieren“, so Mit-Autor David Poeppel von der New York University. Klänge von Alarmsystemen, die auf Gefahr hinweisen, haben den Forschern zufolge den gleichen Frequenzbereich wie Schreie.
APA/Current Biology

Nach Operationen: Musik gegen Schmerzen

Musik kann nach Operationen helfen, die Schmerzen und die Angst der Patienten zu lindern und den Bedarf an Schmerzmitteln zu reduzieren. Die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus verkürzt sich dadurch aber nicht. Das haben britische Forscher um Catherine Meads von der Brunel University in Uxbridge bei der Analyse von 72 Studien mit insgesamt fast 7.000 Menschen herausgefunden. Die Wahl der Musikstücke und der Zeitpunkt der Beschallung machten kaum einen Unterschied; in der Regel wurden beruhigende Musikstücke gewählt. Die Wirkung zeigte sich sogar bei bewusstlosen Patienten.
APA/The Lancet

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2015