Steuer: Änderungen bei der Grunderwerbssteuer

15.07.2014 | Service

Der Verfassungsgerichtshof hat bekanntlich die Unterstellung der Einheitswerte bei unentgeltlichen Grundstücksübertragungen (Schenkungen, Erbschaften) deshalb als verfassungswidrig aufgehoben, weil diese Einheitswerte veraltet und höchst inaktuell sind und vor allem unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen die Folge sind, je nachdem, ob ein entgeltlicher Vorgang vorliegt – hier ist die Gegenleistung zu unterstellen – oder ein unentgeltlicher Vorgang, bei dem im Wesentlichen der dreifache Einheitswert zu unterstellen ist. Die Aufhebung ist mit 31.5.2014 in Kraft getreten, sodass eine Neuregelung ab 1.6.2014 unbedingt geboten war. Diese ist nun in der Novelle des Grunderwerbsteuergesetzes, BGBl. I 36/2014, veröffentlicht worden. Ziel dieser Novelle war die Schaffung einer praktikablen, verfassungskonformen und möglichst aufkommensneutralen Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage für unentgeltliche Grundstücksübertragungen sowie Begünstigung von Grundstücksübertragungen im Familienkreis unter Heranziehung von vorhandenen Werten.

Die wesentlichsten Änderungen sind wie folgt:
Eine Differenzierung bei der Grunderwerbsteuer soll nicht mehr wie bisher danach erfolgen, ob der Erwerb des Grundstücks entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, sondern danach, in welchen Bereichen der Erwerb stattfindet, das heißt ob im Familienverband oder außerhalb. Bei Übertragungen außerhalb des Familienverbandes ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen beziehungsweise falls eine Gegenleistung nicht feststellbar ist, vom gemeinen Wert (Verkehrswert) beziehungsweise vom gemeinen Wert auch dann, wenn die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstücks. Dieser Wert kann durch geeignete Maßnahmen wie zum Beispiel Sachverständigengutachten, nachgewiesen, aber auch zum Beispiel durch vergleichbare Verkäufe in der Umgebung glaubhaft gemacht werden.

Bei Erwerb innerhalb der Familie ist grundsätzlich immer die Steuer vom Dreifachen des Einheitswerts zu ermitteln, maximal jedoch von 30 Prozent des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird. Das gilt sowohl bei entgeltlichen Übertragungen (Kauf) eines Grundstücks unter Lebenden in den Familien, als auch bei unentgeltlichen (Schenkungen) und bei Übertragung durch Erbanfall, Vermächtnis oder Erfüllung eines Pflichtteilanspruchs. Familie ist unverändert die Ehegattin/der Ehegatte, die/der eingetragene Partnerin/Partner, ein Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder Schwiegerkind und neu hinzugekommen die Lebensgefährtin/der Lebensgefährte, sofern die Lebensgefährt/innen einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten. Die ursprünglich vorgesehene größere Erweiterung des Familienkreises wurde fallengelassen.

Maßgebend für die Berechnung der Grunderwerbsteuer ist der Einheitswert, der auf dem dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist.

Die Bestimmungen über die Ausnahme der betrieblichen Grundstücke, also über den Betriebsfreibetrag, bleiben insoferne unverändert, als von der Grunderwerbsteuer nur unentgeltliche Vorgänge und nicht – wie ursprünglich im Entwurf vorgesehen – auch entgeltliche erfasst sind, bis zu einem Wert des Grundstücks von 365.000 Euro. Neu ist aber, dass der Betriebsfreibetrag nur bei unentgeltlichen Erwerben (Schenkung, Erbschaft) im Familienverband gilt. Die übrigen Voraussetzungen bleiben unverändert (Übertragung an natürliche Personen, Vollendung des 55. Lebensjahres oder Erwerbsunfähigkeit bei Zuwendungen unter Lebenden).

Unentgeltlicher Erwerb heißt, dass eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der dreifache Einheitswert des Grundstücks oder 30 Prozent des gemeinen Wertes des Grundstücks, wenn dieser nachgewiesen wird. Letzteres kann dann eine Rolle spielen, wenn die teilweise Gegenleistung zwar über dem dreifachen Einheitswert liegt, der gemeine Wert aber so stark gestiegen ist, dass die 30 Prozent des gemeinen Werts nicht überschritten werden.

Neu aufgenommen in die Befreiungsbestimmungen wird der Erwerb von Grundstücken infolge eines behördlichen Eingriffs oder eines Rechtsgeschäfts zur Vermeidung eines unmittelbar drohenden behördlichen Eingriffs (Enteignung).

Unter bestimmten Voraussetzungen waren schon bisher die entgeltlichen Erwerbe zur gleichteiligen Anschaffung oder Erweiterung der Ehewohnung befreit; diese Befreiung wird auch auf entgeltliche Erwerbe ausgeweitet.

Die Steuersätze bleiben unverändert. Im nunmehr erweiterten Familienbereich (erweitert um die Lebensgefährten) beträgt die Steuer zwei Prozent, im Bereich außerhalb der Familie unverändert 3,5 Prozent.

Die Neuregelung gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.5.2014 verwirklicht werden oder für die die Steuerschuld nach diesem Zeitpunkt entsteht. Ist beispielsweise der Erwerbsvorgang vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig und wird diese nach dem 31.5.2014 verwirklicht, entsteht die Steuerschuld mit Eintritt der Bedingung, das heißt die neue Rechtslage ist anzuwenden. Bei Erbschaften entsteht die Steuerschuld mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Einantwortung.

Eine Besonderheit ergibt sich aber für Erwerbsvorgänge, die vor dem 1.6.2014 verwirklicht worden sind oder wenn der Erblasser vor dem 1.6.2014 verstorben ist, die Steuerschuld aber erst nach dem 31.5.2014 entstanden ist. Hier kann der Steuerschuldner schriftlich erklären, dass die Besteuerung nach den bisherigen Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes erfolgen soll.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Teil der Grundstücksübertragungen durchaus stärker belastet wird, das sind vor allem die unentgeltlichen außerhalb des Familienkreises, während der andere Teil, nämlich die entgeltlichen Übertragungen im Familienkreis, gegenüber der bisherigen Rechtslage begünstigt ist. Ebenso festzuhalten ist die Tatsache, dass bereits Diskussionen – vor allem zur Verfassungskonformität der Neuregelung – insbesondere der weiterhin gegebenen Unterstellung der Einheitswerte, geführt werden.

*) HR Dr. Herbert Emberger ist Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2014