Steuer: Ände­run­gen der Umsatzsteuerrichtlinien

25.03.2014 | Service

Ärzt­li­che Gut­ach­ten für Ansprü­che gegen­über Pri­vat­ver­si­che­run­gen sind auch wei­ter­hin umsatz­steu­er­frei.
Von Her­wig Lind­ner und Her­bert Emberger*

Die Umsatz­steu­er­richt­li­nien, u.a. die Rand­zahl 946, wur­den geän­dert (siehe dazu auch ÖÄZ 23–24 vom 15. Dezem­ber 2013). In Rand­zahl 946 wird fest­ge­stellt, dass ärzt­li­che Gut­ach­ten grund­sätz­lich umsatz­steu­er­frei sind bezie­hungs­weise dass nur die in Folge auf­ge­zähl­ten Gut­ach­ten umsatz­steu­er­pflich­tig sind. Das sind sol­che zur Fest­stel­lung der anthro­po­lo­gi­scherb­bio­lo­gi­schen Ver­wandt­schaft, über die phar­ma­ko­lo­gi­sche Wir­kung eines Medi­ka­ments beim Men­schen und die der­ma­to­lo­gi­sche Unter­su­chung von kos­me­ti­schen Stof­fen, psy­cho­lo­gi­sche Taug­lich­keits­tests, die sich auf die Berufs­fin­dung erstre­cken, ärzt­li­che Beschei­ni­gun­gen für Zwe­cke eines Anspru­ches nach dem Kriegs­op­fer­ver­sor­gungs­ge­setz und ärzt­li­che Gut­ach­ten in lau­fen­den Gerichts­ver­fah­ren. Diese auf­ge­zähl­ten Gut­ach­ten waren immer und blei­ben umsatz­steu­er­pflich­tig, gleich­gül­tig, wer der Auf­trag­ge­ber ist; das gilt auch für den Fall, dass eine Pri­vat­ver­si­che­rung Auf­trag­ge­ber ist.

Bei den schon bis­her umsatz­steu­er­pflich­ti­gen Gut­ach­ten in lau­fen­den Gerichts­ver­fah­ren ist es nun zu einer Erwei­te­rung inso­fern gekom­men, als auch sol­che Gut­ach­ten, die im Rah­men einer außer­ge­richt­li­chen Streit­bei­le­gung erstellt wer­den, ab 1.1.2014 umsatz­steu­er­pflich­tig wer­den. Kon­kret auf­ge­zählt waren schon bis­her – die Auf­zäh­lung ist unver­än­dert geblie­ben – fol­gende Gerichts­gut­ach­ten: Gut­ach­ten für zivi­lund straf­recht­li­che Haf­tungs­fra­gen, über ärzt­li­che Kunst­feh­ler, im Zusam­men­hang mit Invaliditäts‑, Berufs- oder Erwerbs­un­fä­hig­keits­pen­sio­nen sowie über Leis­tun­gen aus Unfall­ver­si­che­run­gen und Gut­ach­ten zur Fest­stel­lung des Gra­des einer Inva­li­di­tät, Berufs- oder Erwerbs­min­de­rung. Die genann­ten Gut­ach­ten – aller­dings nur, soweit sie in lau­fen­den Gerichts­ver­fah­ren erstellt wer­den – waren also schon bis­her umsatz­steu­er­pflich­tig. Nur bei die­sen genann­ten Gut­ach­ten fin­det eine Erwei­te­rung inso­fern statt, als auch sol­che, die im Rah­men einer außer­ge­richt­li­chen Streit­bei­le­gung erstellt wer­den, umsatz­steu­er­pflich­tig werden.

Diese Erwei­te­rung hat nun zahl­rei­che Unklar­hei­ten, vor allem in Bezug auf Gut­ach­ten zur Fest­stel­lung von Ver­si­che­rungs­an­sprü­chen gegen­über Pri­vat­ver­si­che­run­gen geführt. Die Auf­fas­sung der ÖÄK, dass alle diese Gut­ach­ten wei­ter­hin grund­sätz­lich umsatz­steu­er­frei blei­ben, hat sich sei­tens des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Finan­zen bestä­tigt. Das heißt: bei­spiels­weise fol­gende Gut­ach­ten für Pri­vat­ver­si­che­rungs­ver­fah­ren sind – ohne Anspruch auf Voll­stän­dig­keit auf­ge­zählt – wei­ter­hin umsatz­steu­er­frei, wobei es gleich­gül­tig ist, wer der Auf­trag­ge­ber ist (der Ver­si­cherte, die Ver­si­che­rung, ein Anwalt usw.):

  • Gut­ach­ten über den Leis­tungs­um­fang einer pri­va­ten Unfall­ver­si­che­rung, zum Bei­spiel betref­fend Inva­li­di­tät, Fest­stel­lung von Funk­ti­ons­min­de­run­gen, der Erwerbs­un­fä­hig­keit nach den AUVB. Das gilt auch für die im Rah­men der Anspruchs­be­hand­lung vor­ge­se­hene Befas­sung der Ärztekommission.
  • Haft­pflicht­ver­si­che­rungs­gut­ach­ten zur Fest­stel­lung der Leis­tungs­pflicht bei Behand­lungs­feh­lern oder zur Bemes­sung unfall­kau­sal wir­ken­der Schmer­zen, von Dauer- bezie­hungs­weise Spät­fol­gen, Dauer der Arbeits­un­fä­hig­keit, über den Pfle­ge­be­darf sowie auch
  • Gut­ach­ten für Pflegeversicherungen.
  • Gut­ach­ten über die Dauer einer Arbeits­un­fä­hig­keit im Rah­men pri­va­ter Betriebs­un­ter­bre­chungs­o­der Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­run­gen usw.

Zu begrün­den ist diese nach den Umsatz­steu­er­richt­li­nien wei­ter­hin gege­bene Umsatz­steu­er­frei­heit damit, dass es sich bei die­sen Ver­fah­ren um die pri­märe Gel­tend­ma­chung von Ansprü­chen gegen­über Pri­vat­ver­si­che­run­gen – also um keine außer­ge­richt­li­chen Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren – han­delt. Erst wenn bei die­ser Gel­tend­ma­chung kein Ein­ver­neh­men erzielt wird, kann der Ver­si­cherte die Gerichte anru­fen – eine Ein­rich­tung zur außer­ge­richt­li­chen Streit­bei­le­gung bei die­sen Pri­vat­ver­si­che­rungs­an­sprü­chen gibt es nach unse­ren Infor­ma­tio­nen von Vorn­her­ein nicht. Klagt der Ver­si­cherte man­gels Eini­gung, sind Gut­ach­ten, die dann für das Gerichts­ver­fah­ren zu erstel­len sind – wie schon aus­ge­führt – umsatzsteuerpflichtig.

Im Wesent­li­chen bedeu­tet die Ände­rung und Erwei­te­rung der Rand­zahl 946 auf Gut­ach­ten im Rah­men einer außer­ge­richt­li­chen Streit­bei­le­gung, dass nur Gut­ach­ten für (außer­ge­richt­li­che) Schlich­tungs­stel­len für ärzt­li­che Behand­lungs­feh­ler, zum Bei­spiel der Ärz­te­kam­mern, ab 1.1.2014 umsatz­steu­er­pflich­tig werden.

*) Dr. Her­wig Lind­ner, Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer für Stei­er­mark und Lei­ter des ÖÄK-Refe­rats für Steu­er­an­ge­le­gen­hei­ten,
HR Dr. Her­bert Ember­ger, Steu­er­kon­su­lent der ÖÄK

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2014