Pati­en­ten­si­cher­heit: Ver­mei­dung von Ver­wechs­lun­gen: Pati­en­ten­fo­tos auf Röntgenbild

10.11.2014 | Service

Ver­mei­dun­gen von Ver­wechs­lun­gen: Pati­en­ten­fo­tos auf Röntgenbild

Durch die Ver­wen­dung von aktu­el­len Pati­en­ten­fo­tos als Ergän­zung zu ande­ren Iden­ti­fi­ka­to­ren kann ein erheb­li­cher Anteil von Zuord­nungs­feh­lern bei Rx-Auf­nah­men durch die betei­lig­ten Radio­lo­gen erkannt wer­den. Mit den Details dazu befasst sich ein von der Schwei­zer Stif­tung für Pati­en­ten­si­cher­heit erstell­ter und kürz­lich ver­öf­fent­lich­ter Bei­trag der Reihe „Paper of the Month“.

Trid­an­da­pani et al. unter­such­ten in ihrer expe­ri­men­tel­len Stu­die, ob durch die Ergän­zung von Pati­en­ten­fo­tos auf den Rx-Auf­nah­men die Häu­fig­keit von Zuord­nungs­feh­lern redu­ziert wer­den kann. In die Stu­die wur­den 30 Pati­en­ten von zwei US-ame­ri­ka­ni­schen Inten­siv­sta­tio­nen auf­ge­nom­men. Für diese lagen jeweils Rönt­gen­auf­nah­men von min­des­tens zwei Zeit­punk­ten vor (ins­ge­samt 166 Rx-Auf­nah­men) sowie auch aktu­elle Por­trait-Fotos, die im Spi­tal im Ver­lauf der Unter­su­chung gemacht wor­den waren: soge­nannte „point of care pho­to­graphs“. Anschlie­ßend wur­den nach einem Zufalls­ver­fah­ren immer zwei Rx-Auf­nah­men eines Pati­en­ten von zwei Zeit­punk­ten gepaart. Es wur­den vor­sätz­lich feh­ler­hafte Paa­run­gen erzeugt, in denen zwei Rx-Auf­nah­men ver­schie­de­ner Pati­en­ten zusam­men­ge­fügt wur­den, eben­falls eine ältere und eine neuere.

Eine Gruppe von zufäl­lig aus­ge­wähl­ten, erfah­re­nen Radio­lo­gen unter­schied­li­cher Sub-Spe­zia­li­tä­ten betei­ligte sich an der Stu­die (n=90). Ihre Auf­gabe war es, jeweils zehn zufäl­lig aus­ge­wählte Rx-Paare zu eva­lu­ie­ren. Sie soll­ten bei­spiels­weise ange­ben, ob sich der Zustand des Pati­en­ten ver­bes­sert hat. Dabei war sicher­ge­stellt, dass von zehn Auf­nahme-Paa­ren maximal eine Paa­rung feh­ler­haft war. Den Radio­lo­gen wurde zufäl­lig eine Zeh­ner-Serie von Rx-Paa­run­gen mit oder ohne Pati­en­ten- Fotos gezeigt. Es wurde nicht expli­zit danach gefragt, ob die zwei Auf­nah­men vom glei­chen Pati­en­ten stam­men. Viel­mehr waren die Kli­ni­ker auf­ge­for­dert, alle Auf­fäl­lig­kei­ten zu kom­men­tie­ren. Ein anwe­sen­der Assis­tent regis­trierte die von den Kli­ni­kern ver­ba­li­sier­ten, aber nicht doku­men­tier­ten Hin­weise auf „fal­sche Paa­run­gen“ oder Zuord­nun­gen. Von fal­schen Paa­ren – also Rx-Auf­nah­men von zwei ver­schie­de­nen Pati­en­ten, die fälsch­li­cher­weise einem Pati­en­ten zuge­ord­net waren -, die keine Pati­en­ten­fo­tos ent­hiel­ten, wur­den 31 Pro­zent kor­rekt erkannt. Von den fal­schen Paa­ren, auf denen Fotos der bei­den ver­schie­de­nen Pati­en­ten zu sehen waren, wur­den 77 Pro­zent kor­rekt und auto­nom erkannt. Das Odds ratio beträgt 7.3 (p=0.006). Die feh­ler­haf­ten Paare mit Pati­en­ten­fo­tos wur­den von allen Radio­lo­gen – unab­hän­gig von der Sub­dis­zi­plin – bes­ser erkannt. Es gab keine Unter­schiede in der Begut­ach­tungs­dauer der Rx-Auf­nah­men mit vs. ohne Pati­en­ten­fo­tos. 80 Pro­zent der Radio­lo­gen gaben an, dass die Fotos sie nicht bei der Eva­lua­tion ablen­ken wür­den. Hin­ge­gen sag­ten 44 Pro­zent, dass die Pati­en­ten­fo­tos hilf­reich für die Inter­pre­ta­tion der Auf­nah­men waren.

Die Stu­die zeigt, dass durch die Ver­wen­dung von aktu­el­len Pati­en­ten­fo­tos als Ergän­zung zu ande­ren Iden­ti­fi­ka­to­ren ein erheb­li­cher Anteil von Zuord­nungs­feh­lern bei Rx-Auf­nah­men durch die betei­lig­ten Radio­lo­gen erkannt wird. Fotos von Pati­en­ten sind die ein­zi­gen intrin­si­schen Iden­ti­fi­ka­to­ren, die extern sicht­bar und über­prüf­bar sind (im Gegen­satz zu Namen, Fin­ger­ab­drü­cken oder Iris-Scans). Außer­dem han­delt es sich um eine rela­tiv ein­fa­che und kos­ten­güns­tige Maß­nahme, noch dazu wenn die Fotos bei moder­nen Gerä­ten direkt auto­ma­tisch im Zuge des Rx pro­du­ziert wer­den. Aller­dings ist noch unklar, ob mit zuneh­men­der Gewöh­nung an die Ver­wen­dung von Fotos Dis­kre­pan­zen zwi­schen Pati­en­ten eher igno­riert wer­den. Die Nut­zung von Fotos als ergän­zen­der und leicht prüf­ba­rer Iden­ti­fi­ka­tor kann gerade in Hoch-Risiko-Situa­tio­nen zusätz­li­che Sicher­heit gene­rie­ren und sollte daher ver­stärkt zum Ein­satz kommen.

Quelle: Schwei­zer Stif­tung für Patientensicherheit/​Prof. Dr. David Schwappack; Aca­de­mic Radio­logy 2014; Vol. 21, Nr. 8, 1038–1047

Wei­tere Bei­träge aus der Reihe „Paper of the Month“ gibt es unter www.cirsmedical.at

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 21 /​10.11.2014